Regierungserklärung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich

11.11.2009, 10:09 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Regierungserklärung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich
am 11.11.2009 vor dem Sächsischen Landtag

Es gilt das gesprochene Wort.

Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Leitbild: Sachsen 2020

Im nächsten Jahrzehnt stellen wir die Weichen für den weiteren Erfolg des Freistaates Sachsen. Die Arbeit der Staatsregierung wird sich deshalb an einem Leitbild orientieren:
Sachsen will 2020 wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen; die Cluster Automobilindustrie, Halbleiterindustrie und Elektromobilität werden sich zu einem sächsischen Industriecluster vereinen, das europaweit einzigartig ist, weil es Forschung und Anwendung branchenübergreifend verzahnt;
Sachsen wird ein noch familienfreundlicheres Land sein;
40 Prozent eines Schuljahrgangs sollen die Hochschulreife erlangen;
demographische Lücken werden wir durch kluge und vernetzte Infrastruktur, wie z.B. durch Breitbandtechnologie, durch eine transparente und bürgerorientierte Verwaltung und durch eine Stärkung des Ehrenamtes schließen;
70.000 Beschäftigte im gesamten Öffentlichen Dienst sollen das Land effektiv und effizient gestalten und verwalten;
wir wissen auch, wie es geht: Arbeit, Bildung und Solidarität sind die Säulen dieses Erfolgs. Sie werden untermauert von der in der Koalition vereinbarten Staatsmodernisierung.

Wahl/Neue Regierung

Meine Damen und Herren,
Am 30. August haben die sächsischen Wähler der CDU den Auftrag erteilt, gemeinsam mit der FDP eine Koalition der Mitte zu bilden. Die Wähler haben damit ein Signal des Aufbruchs gesetzt.
Wenn diese Legislatur endet, wird die Union dann ein Vierteljahrhundert lang die Geschicke unseres Landes bestimmt haben. Wir sind dank dieser politischen Kontinuität ein sehr weites Stück vorangekommen. Wir werden diesen Weg fortsetzen.
Den Koalitionsvertrag haben CDU und FDP innerhalb von zwei Wochen ausgehandelt. Die Schnittmenge unserer Positionen ist groß.
Wir werden den Freistaat Sachsen in den kommenden fünf Jahren entschlossen, klug und vorausschauend regieren.
Wir werden die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Sachsen zu einer der modernsten Regionen Europas wird.

Wirtschaftskrise

Entschlossenheit, Klugheit und Voraussicht sind seit 1990 die Kennzeichen sächsischer Regierungspolitik - darauf kommt es jetzt mehr denn je an.
Sachsen, Deutschland, Europa und die Welt befinden sich in der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Anders als vor 80 Jahren haben die Staaten der Welt gemeinsam gehandelt.
Die Welt ist nicht in einen globalen Schockzustand geraten. Weltweit wurde mit Konjunktur- und Stabilisierungsprogrammen wirksam gegengesteuert. Auch der Freistaat Sachsen hat mit einem eigenen Mittelstandsstabilisierungsprogramm erfolgreich Krisenintervention betrieben.
Ich sage aber auch: So etwas darf sich nicht wiederholen. Wir brauchen in einer sich globalisierenden Wirtschaft weltweit gültige Regeln für die Finanzmärkte, wie sie der Koalitionsvertrag auf Bundesebene vorsieht.
Aber täuschen wir uns nicht: Märkte brechen immer noch weg. Die Aufträge der Unternehmen gehen in einem bisher nicht gekannten Maße zurück. Zugleich sehen wir aber auch Hoffnungszeichen.
Die Hauptbetroffenen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den sächsischen Unternehmen befanden sich im Juni 2009 rund 59.900 von ihnen in Kurzarbeit. Im April 2009 waren es noch 10.000 mehr!
Die Kurzarbeit ist wie ein Damoklesschwert. Die Unternehmen setzen alles daran, wieder Aufträge zu bekommen und wollen ihre qualifizierten Mitarbeiter sichern.

Erste Unternehmen sind bereits aus der Krise heraus. So erweitert etwa die Solarworld AG in Freiberg, sie stellt neue Mitarbeiter ein. Andere Unternehmen, wie zum Beispiel die StarragHeckert GmbH und die FUBA GmbH in Dresden haben Probleme und entlassen teilweise sogar ihre Mitarbeiter.
Bei meinen Unternehmensbesuchen im Land überwiegen derzeit die Hoffnungszeichen. Erst in den letzten Tagen schrieb mir ein Bürgermeister, dass in seiner Gemeinde viele ehemalige Mitarbeiter von Qimonda eine neue Beschäftigung in einer wachsenden Industrie gefunden hätten.

Meine Damen und Herren,
geht es den Bürgern und den Unternehmen nicht gut, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf den Staat. Die Einnahmen des Freistaates gehen ähnlich drastisch zurück wie die Umsätze der Unternehmen.
2010 brechen uns rund 1 Milliarde Euro weg. Auch die Kommunen werden mittelfristig deutlich weniger Geld in der Kasse haben. Zugleich steigen die Kosten im Sozialbereich.
Zudem sinken jedes Jahr die Zuweisungen aus dem Solidarpakt um rund 200 Millionen Euro. Und 2013 endet die Förderperiode der EU-Strukturfonds. Das Geld wird knapper.
Ich werde mich in Brüssel für eine Anschlussregelung für Sachsen einsetzen. Aber ich sage mit Blick auf die Kassenlage der nächsten Jahre ganz klar: Sparsamkeit ist und bleibt oberstes Gebot.

Aufbau Ost

Machen wir uns beim Aufbau Ost nichts vor: Nach 40 Jahren sozialistischer Planwirtschaft ist der Anschluss an die führenden Regionen in Europa nicht schon in zwei Jahrzehnten zu bewerkstelligen. Denn die, mit denen wir uns vergleichen, treten ja auch nicht auf der Stelle.
Wir werden eine ganze Generation lang hart arbeiten müssen. Und wir sind dabei weiter angewiesen auf die Solidarität der starken Regionen in Deutschland und Europa.
In schweren Zeiten ist diese Solidarität besonders brüchig. Mancher meint, in Westdeutschland könnte man Straßen, Schulen und Universitäten ausbauen, wenn der Solidarpakt II nicht wäre.
Solange die Fahrtzeiten per Bahn von Dresden nach Berlin dem Stand von 1930 entsprechen - da hat Herr Kollege Zastrow völlig recht – besteht noch Nachholbedarf.
In Richtung derer, die hier dennoch Verhandlungsmasse sehen, sage ich: Wir stehen in der geschichtlichen Verantwortung, die Einheit Deutschlands zum Erfolg zu machen. Sachsen wird der Hüter des Solidarpaktes II sein.

Bewährungsprobe

Meine Damen und Herren,
Wirtschaftskrise, Haushaltslöcher, bröckelnde Solidarität: Wir alle, Sächsinnen und Sachsen, die Staatsregierung und der Landtag stehen vor einer großen Bewährungsprobe.
Wir werden sie bestehen. Weil wir mit vereinten Kräften anpacken. Weil wir ein Ziel vor Augen haben:
Wir sind attraktiv als Ziel für Investoren, als Kulturland, als Bildungs- und Wissenschaftsland. Wir wollen, dass die Menschen bleiben. Und wir wollen, dass noch mehr Menschen zu uns kommen und sich in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur einbringen.

Sachsen im Wettbewerb der Regionen

Sachsen steht im Wettbewerb in Europa und mit der Welt. Die Regionen ringen um Investitionen und kluge Köpfe.
Der Nahe und Ferne Osten zum Beispiel investiert erhebliche Summen in Bildung und Zukunftstechnologien.
Diese Länder werden sich vom Rohstofflieferanten zum Industrie- und Produktionsstandort entwickeln.

Sächsische Vorzüge

Auch wir wollen im Wettbewerb mit den Besten der Welt mithalten. Wir müssen uns dabei nicht verstecken.
In Sachsen werden die teuersten Uhren gefertigt, Sachsen ist die Heimat des ältesten Porzellans, unsere Sammlungen bergen einige der wertvollsten Kunstschätze Europas, wir sind von einzigartigen Naturschätzen umgeben. Sie funkeln wie Juwelen in einem Collier. Und das Kronjuwel sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dies alles schaffen und als Kulturleistung pflegen.
Diese Vorzüge machen Sachsen attraktiv: als Land, in dem Menschen gerne leben und arbeiten. Sachsen ist eine Marke von Wert!

Extremismus

Aber es gibt Menschen in unserem Land, die diese offene Gesellschaft nicht wollen und sogar bekämpfen. Das lassen wir uns nicht gefallen.
Gemeinsam mit der übergroßen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes treten wir Fremdenfeindlichkeit entschlossen entgegen.
Beispielgebend ist das couragierte Verhalten der Einwohner der Stadt Görlitz gegen die polenfeindlichen Plakate gewesen. Der Oberbürgermeister der Stadt Breslau, Rafal Dutkiewicz, hat den Einwohnern in einem Brief gedankt. Das ist eine große Geste, der ich mich ausdrücklich anschließe.
Rechtsradikale Schmierereien an Synagogen und Vereinshäusern sind keine „Dumme-Jungen-Streiche“. Sie verletzen die Grundwerte unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates. Wir werden beides entschlossen verteidigen.
Mit Markus Ulbig habe ich einen Staatsminister des Innern ernannt, der ein Mann der Tat ist und zeigt, wie man Netzwerke gegen Rechtsextremisten knüpft.

Internationale Zusammenarbeit

Der Brief des Oberbürgermeisters von Breslau an die Bürger der Stadt Görlitz hat mir auch gezeigt, wie intensiv unsere Nachbarn zu uns blicken, wie sie bewerten, was wir tun.
Wir sind deshalb auf eine gute Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn angewiesen.
Ich werde morgen ganz bewusst an der Versöhnungsmesse in Kreisau teilnehmen.
Dieser historisch bedeutende Ort steht heute als ein Symbol für die Zusammenarbeit zwischen Sachsen und Polen. Eine Schülerin berichtete mir vor kurzem von ihren Begegnungen in Kreisau mit polnischen Schülern.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede erfahren – das ist der Weg, auf dem Europa zusammenwächst.
Wir wollen mit unseren Partnern in Polen und Tschechien Sachsen-Niederschlesien-Böhmen zur prosperierenden Kernregion Europas entwickeln.
Die Dynamik ist groß. In den letzten zehn Jahren haben sich die Handelsströme zwischen unseren Ländern gut vervierfacht.
Fast ein Sechstel unseres gesamten Außenhandels wickeln wir mit unseren Nachbarn ab. Alle Seiten profitieren davon.
Kein anderes Land exportiert so viel nach Sachsen wie die Tschechische Republik. Polen ist unser Exportziel Nummer Zwei. Deshalb haben die Koalitionspartner CDU und FDP vereinbart, Verbindungsbüros unter Beteiligung der Wirtschaft in Tschechien und Polen zu schaffen.
Wir werden dafür arbeiten, Sachsen im weltweiten Wettbewerb der Regionen weiter zu profilieren. Die Aufgabe lautet: Wie kann es uns gelingen, unsere Stärken noch besser darzustellen? Denn ein „Weiter so wie bisher“ ist keine Antwort auf die Fragen der Zeit.

Rolle des Staates

In einer sich wandelnden Gesellschaft muss der Staat seine Rolle weiterentwickeln.
Die neue Staatsregierung unter meiner Leitung setzt auf eine intelligente Staatsmodernisierung. Das ist ein zentrales Projekt dieser Koalition. Die Federführung dafür liegt bei Justizminister Dr. Martens vom Koalitionspartner FDP.
Wir können diese Staatsmodernisierung beherzt angehen, weil uns mit der IT-Technologie ein Innovationstreiber zur Verfügung steht.
Computertechnik und Vernetzung über das Internet ermöglichen es der Verwaltung, näher am Bürger und leistungsfähiger zu sein als heute. Hier haben wir noch Potenzial.
Orientieren sollten wir uns an der Öffentlichkeitsarbeit der europäischen Institutionen, die mit IT-gestützten Konsultationsverfahren ein hohes Maß an Bürger- und Betroffenenmitsprache erreicht haben.
Staat und öffentliche Verwaltung müssen sich als Dienstleister verstehen. Nur Transparenz hilft den Menschen zu verstehen, was wir warum tun.

Meine Damen und Herren,
der Staat ist doch kein Selbstzweck. Handlungsnotwendigkeiten in der Schulpolitik, im öffentlichen Personennahverkehr und in der öffentlichen Verwaltung zwingen uns, populäre und auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.
Wir meinen: Der Staat kann nur Rahmenbedingungen setzen und mithelfen, ein Klima zu schaffen, in dem Arbeit, Bildung und Solidarität gedeihen. Dafür arbeiten wir.

Aufgabenkritik

Wir werden alle Aufgaben, Ausgaben und Strukturen des Staates gründlich überprüfen.
Die Leitfrage lautet: Wie geben wir rund eine Milliarde Euro weniger aus – und unterstützen trotzdem die wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Kräfte im Freistaat?
Diese Frage stellt sich Politik und Verwaltung in allen Ressorts, aber auch hier im Landtag für die Regierungskoalitionen wie die Opposition.

Strukturen

Die Koalition wird alle Strukturen des Staates auf den Prüfstand stellen. Zum Beispiel haben wir vereinbart, die drei Landesdirektionen zusammenzufassen und weiterzuentwickeln.
Eine der wichtigsten Aufgaben des Innenministers wird es sein, die neue Behörde organisatorisch noch besser aufzustellen und von verzichtbaren Aufgaben zu befreien.
Der Auftrag, Verwaltungsstrukturen kritisch zu überprüfen, gilt für alle Ressorts.

Förderpolitik

Unser kritischer Blick gilt auch der Förderpolitik.
Die Zeit des Füllhorns ist vorbei. Wir werden uns manche großzügige Förderrichtlinie nicht mehr leisten können. Bei anderen Richtlinien ist der Förderzweck überholt oder erreicht.
Die Koalition hat deshalb vereinbart, die Förderangebote übersichtlicher zu gestalten und auf den aktuellen Bedarf hin auszurichten. Leiten werden uns die Kriterien: Mittelstandsfreundlichkeit, Entbürokratisierung und der weiterhin verantwortliche Umgang mit Steuermitteln. Mit Hilfe eines Fördermittel-Controllings werden wir das Ausgabeverhalten verbessern und so einen kontinuierlichen Mittelabfluss gewährleisten.
Entscheidend ist, was das Geld des Steuerzahlers bewirkt.

Personalausstattung

Wir werden uns auch die Personalausstattung anschauen.
Der Freistaat Sachsen hat in vielen Bereichen mehr Personal als vergleichbare Flächenländer in Westdeutschland. Es gilt, bis 2020 auf das Durchschnittsniveau der westdeutschen Länder zu kommen.
Zugleich müssen wir junge, qualifizierte Menschen für den öffentlichen Dienst gewinnen. Einsparungen an anderer Stelle eröffnen Einstellungskorridore dort, wo wir den öffentlichen Dienst weiter am nötigsten brauchen. Deshalb streben die Koalitionspartner eine Flexibilisierung in der Personalwirtschaft und die Budgetierung der Personalkosten an.

Haushalt/Nachhaltigkeit

All diese Maßnahmen sind notwendig. Denn trotz solider Haushalts- und Finanzpolitik können wir im Freistaat Sachsen nur über rund vier Prozent der Haushaltsmittel frei verfügen. Wir müssen uns außerordentlich anstrengen, um Gestaltungsspielraum zurück zu gewinnen. Wir beschränken uns auf der Ausgabenseite auf das, was notwendig ist, um die Attraktivität unseres Landes zu erhalten und zu steigern.
Wir wollen die Zins- und Schuldenlast weiter verringern. Es bleibt bei der Nettoneuverschuldung Null.
Im Interesse der Nachhaltigkeit müssen wir das Schuldenverbot und den Generationenfonds in unserer Verfassung festschreiben. Es darf nicht sein, dass in Sachsen Politik zu Lasten künftiger Generationen gemacht wird.

Steuerpolitik des Bundes

Mit Blick auf Berlin sage ich deshalb: Der Bund darf uns nicht durch seine Steuersenkungen in einen Verschuldungskurs zwingen!
Sachsen muss sich sein Markenzeichen eines ausgeglichenen und generationengerechten Haushaltes bewahren können.
Steuern müssen niedrig, einfach und gerecht sein. Ja, es gibt doch niemanden, der das langfristig nicht will! Aber wir wehren uns gegen neue Belastungen für den Freistaat Sachsen!

Richtlinien sächsischer Haushaltspolitik

Mein Maßstab für die sächsische Haushaltspolitik ist Stabilität, Verantwortung für künftige Generationen und Ausgaben, die sich an den Einnahmen orientieren.
Finanzminister Prof. Unland hat meine volle Unterstützung, die sächsische Haushaltspolitik konsequent an diesen Richtlinien zu orientieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie: Übernehmen auch Sie in einer haushaltspolitisch schwierigen Zeit Verantwortung für das Wohl aller Sachsen und der künftigen Generationen!
Nur so kann sich der Staat wieder auf seine Kernaufgaben beschränken: Die Freiheit der Bürger schützen und alle gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren, die zum Gemeinwohl beitragen können.

Wirtschaft stärken

Unser Ziel ist es, die Wachstumskräfte und Flexibilität der sächsischen Wirtschaft weiter zu stärken. Geht es der Wirtschaft gut, geht es auch den Menschen im Freistaat gut.
Besonders haben wir dabei unseren innovativen Mittelstand im Blick.
Es ist das Netzwerk von kleinen und mittleren Unternehmen, das unser Land so erfolgreich macht.
In diesen Firmen arbeiten Hunderttausende Menschen mit Leidenschaft und Fleiß für das Wohl ihres Unternehmens. Mich beeindruckt das immer wieder aufs Neue, wenn ich sächsische Betriebe besuche.

Und ich weiß von diesen Besuchen: Mittelständische Unternehmen können flexibler reagieren, und sie setzen oft viel entschiedener auf Innovationen. In den jetzigen Krisenzeiten ist das unser wichtigster Standortvorteil.
Was können wir tun, damit neue, gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen?
Gestern fand in der Staatskanzlei das vierte Treffen mit Vertretern von Wirtschaft, Verbänden und Vereinigungen seit Anbeginn der Wirtschaftskrise statt. Ich habe mir ein eigenes Bild vermitteln lassen, wie es um die sächsische Wirtschaft bestellt ist.
Ich habe dort große Zustimmung für die Maßnahmen geerntet, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben:
Durch revolvierende Fonds werden wir die Unternehmer im Mittelstand bei ihren Investitionen unterstützen;
Wir werden Innovationsgutscheine an kleine und mittelständische Unternehmen ausgeben.
Wir führen das Programm zur Förderung von Innovationsassistenten fort. Damit können sächsische Unternehmen Fachkräfte für ihre Forschungsabteilungen einstellen.
Um die Innovationskräfte unserer Unternehmen zu stärken, brauchen wir zusätzlich eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung.
Die Weichen dafür sind gestellt: Ich konnte dieses sächsische Anliegen im Berliner Koalitionsvertrag verankern. Ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass hier rasch Nägel mit Köpfen gemacht werden.
Aber Geld ist nicht alles, Wissen ist genauso wichtig.
Wir werden deshalb den Technologietransfer von sächsischen Hochschulen zur Serienproduktion in der Wirtschaft verbessern.
Die Wissenschaftsministerin hat jetzt auch die Zuständigkeit für die Technologiepolitik und Technologieförderung.
Künftig gibt es Forschung und Technologie aus einer Hand. Der Weg vom Labor zur Produktionshalle wird kürzer.

Hochschulen

Wir wollen auch die Potenziale unserer sächsischen Hochschulen besser ausschöpfen.
Ich habe deshalb mit Sabine von Schorlemer eine Frau berufen, die den Wissenschaftsbetrieb kennt und weiß, wie man die Leistungsfähigkeit unserer Hochschulen weiter steigern kann.
Innovation braucht aber nicht nur Investitionen, sondern vor allem kluge Köpfe. Erfinder, Tüftler, Ingenieure, Wissenschaftler, die die Produkte und Dienstleistungen der Zukunft bis zur Marktreife entwickeln.
In Sachsen haben wir viele Zukunftsbranchen am Ort, um einen weiteren Qualitätssprung in der Breite und in der Tiefe zu erzielen.

Fachkräfte

In allen sächsischen Zukunftsbranchen gilt: Hochtechnologie braucht Hochqualifizierte, braucht Fachleute, bei denen Wissen und Können, Erfahrung und Lernbereitschaft zusammenkommen.
In der sächsischen Industrie erleben wir allerdings schon heute, dass die Unternehmen häufig nicht mehr die Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt bekommen, die sie brauchen.
Innerhalb von nur fünf Jahren haben sich die Absolventenzahlen an den allgemeinbildenden Schulen in Sachsen fast halbiert.
Deshalb möchte ich jeden Unternehmer – die Handwerker und die Mittelständler, die Verantwortlichen in den großen Unternehmen und die Selbständigen – dazu aufrufen: Bilden Sie mindestens einen Jugendlichen aus! Ohne die Praxiselite kann unser Land nicht prosperieren.

Ingenieurausbildung

Sachsen ist die Ingenieurschmiede Deutschlands. Das soll auch so bleiben. Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der Ingenieurabsolventen an sächsischen Hochschulen.
Zugleich hören wir aus der Wirtschaft Klagen über die Qualität der Ausbildung.
Ich rufe deshalb die Unternehmen und Verbände auf: Arbeiten Sie eng mit unseren sächsischen Hochschulen zusammen! Nehmen Sie Einfluss auf die Ausrichtung der Ausbildung.
Durch eine langfristig angelegte Personalpolitik können Unternehmen und Kammern von den Hochschulen profitieren. Sie sind gut beraten, schon heute auf die Absolventen von morgen zuzugehen.
Man sollte nicht erst an der Tür der Hochschule warten, bis die Absolventen herauskommen. Also schon vorher in die Hochschulen gehen, sich vorstellen, Praktikumsplätze anbieten.
Außerdem setzen wir weiterhin auf die Rückwanderung aus Westdeutschland. Sachsen ist dabei Hingehland zu werden!
Wir wollen zudem eine gesteuerte Zuwanderung ausländischer Fachkräfte, insbesondere aus unseren Nachbarländern Polen und Tschechien.

Netzwerk der Industriecluster

Die Stärke sächsischer Ingenieure fordert gerade dazu heraus, ein Ziel für 2020 zu formulieren.
Für die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Industriecluster ist es entscheidend, dass Hersteller und Zulieferer mit innovativen Lösungen die Kunden überzeugen.
Zukünftig wird es darauf ankommen, kleine, leichte Autos mit Elektromotor zu bauen. Sächsische Wissenschaftler arbeiten daran, die Technologien dafür zu entwickeln – Akkus, Ladestecker, und Leichtbaukarosserien zum Beispiel.
Intelligente Antriebs- und Stromnetze, dezentrale Lösungen für Speicherung gepaart mit neuen Werkstoffen verheißen künftige Erfolge in der Wirtschaft.
Derzeit engagieren sich auf diesem Gebiet in Sachsen große Konzerne. Evonik, Daimler und Porsche zeigen: Das Innovationsklima in Sachsen stimmt.
Eine der Zukunftsaufgaben der Staatsregierung wird es sein, den sächsischen Ingenieuren und Unternehmern dabei behilflich zu sein, die Cluster zu vernetzen und damit brachenübergreifende Innovationen zu befördern.

EU-Industriepolitik

Meine Damen und Herren,
Schlüsseltechnologien wie die Nano- und Mikroelektronik bekommen in Amerika und Asien massive staatliche Unterstützung.
Sachsen mahnt deshalb schon seit Jahren eine europäische Industriepolitik an. Ich selbst war bei EU-Kommissar Verheugen. Es gibt deshalb ein Weißbuch. Der ehemalige Wirtschaftsminister zu Guttenberg hatte sich nach anfänglichem Zögern diese Forderung zu eigen gemacht. Jetzt finden sich entsprechende Formulierungen im Berliner Koalitionsvertrag.
Wir dürfen in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Wir müssen aus eigenem Interesse Druck machen; wir reden zu viel über Opel und zuwenig über die strategische Zukunft Deutschlands.
Ich sage Ihnen heute zu: Wir werden an dem Thema dranbleiben und uns dafür einsetzen, dass eine neue europäische Industriepolitik für Schlüsseltechnologien Realität wird.

Bildung

Vor allem aber sind Bildung und Ausbildung die entscheidenden Faktoren für die Entwicklung unseres Landes.
Deswegen werden wir mit dem „Bildungsplan 1 bis 10“ die frühkindliche Bildung besser mit dem Grundschulbereich verzahnen.
In den Sekundarschulen setzen wir weiter einen Schwerpunkt auf naturwissenschaftliche Fächer, auf Mathematik und Informatik.
Deshalb haben wir verabredet, die Mittelschule zur Oberschule aufzuwerten.
Unser Schulsystem soll noch durchlässiger werden. Wir wollen Oberschüler in der 5. und 6. Klasse noch besser, noch individueller fördern. Für leistungsstarke Schüler soll der Wechsel von der Oberschule aufs Gymnasium nach der 6. Klasse möglich bleiben.
Wir werden insbesondere Oberschülern Auslandsaufenthalte ermöglichen, um ihre interkulturelle und sprachliche Kompetenz zusätzlich zu fördern.
Sachsen hat die besten Schüler Deutschlands. Das muss auch so bleiben. Die besten Schüler sollen die besten Lehrer haben.
Deshalb geben wir Referendaren mit guten Leistungen in den benötigten Fächerkombinationen und Schularten eine Einstellungsgarantie. Wir wollen auch deutlich mehr Referendariatsplätze anbieten. Damit sichern wir langfristig den Lehrerbedarf ab.
Wir wollen den Gestaltungsspielraum der Schulen erweitern, indem wir ihnen mehr Eigenverantwortung geben.
Wir haben im Koalitionsvertrag ein Modellprojekt „Selbständige Schule“ verabredet. Wir setzen dabei auf die Zusammenarbeit mit den Kommunen.

Bildung als vorbeugende Sozialpolitik

Es gilt nach wie vor: Jeder hat Talent, der eine mehr praktisch, der andere mehr theoretisch. Für jeden gilt unser Versprechen, dass wir Aufstieg durch Bildung ermöglichen wollen. Bildung ist die beste vorbeugende Sozialpolitik.
Das aber ist nicht allein ein Anliegen der Politik oder eine Aufgabe der Lehrer. Hier ist die ganze Gesellschaft gefragt.
Das fängt bei den Eltern an. Sie zuerst müssen ihren Kindern vermitteln, wie wichtig eine gute Bildung für das ganze Leben ist.
Ich lerne immer wieder Jugendliche kennen, die das erkannt haben, Sieger von Schulolympiaden oder junge Leute, die eine Schülerfirma gegründet haben.
Diesen Spitzenleistungen geht meist ein Impuls von außen voraus: Ein Mathematiklehrer, der die Begabung erkennt. Ein Unternehmen, das Schülerfirmen fördert.
Ich habe aber auch schon mit Jugendlichen gesprochen, die nach der Schule von Hartz IV leben wollen. Sie haben schlicht vergessen, was der Volksmund sagt: „Vor dem Lohn kommt die Mühe“.
Hier kommt die Schule an ihre Grenzen. Und unsere Gesellschaft gerät in eine gefährliche Situation: ohne Leistungswillen keine Zukunft.
Wir werden in dieser Legislaturperiode alles in unserer Kraft stehende tun, dieser Entwicklung neue Impulse und Akzente entgegenzusetzen.
Wir setzen deshalb nicht nur auf Schulsozial- und Jugendarbeit, auf „Produktives Lernen“ und Lerncamps.
Durch verstärkte Elternarbeit wollen wir das Umfeld unserer Kinder positiv verändern. Wir werden die Schulen noch besser mit außerschulischen Partnern vernetzen. Gute Schule ist eine Schule, die mit ihrem Umfeld kooperiert.

Schulabbrecher

Ein besonderes Anliegen ist es, die Zahl der Schulabbrecher zu verringern.
Wir sind in Sachsen in der inakzeptablen Situation, dass etwa jeder zwölfte Jugendliche die Schule ohne einen Abschluss verlässt.
Wir können und dürfen uns mit dieser Bildungsarmut nicht abfinden!
Kultusminister Prof. Wöller wird deshalb zusammen mit den Kollegen Morlok und Clauß ein Konzept erarbeiten, wie wir diesen jungen Menschen helfen können, ihre Schwierigkeiten beim Lernen zu überwinden.

Sozialpolitik

Wer auf der linken Seite dieses Hohen Hauses jetzt glaubt, wir betrachten Sozialpolitik als Anhängsel der Wirtschaftspolitik, liegt falsch.
Marktwirtschaftliche Effizienz und sozialer Ausgleich müssen in Balance sein. Die Soziale Marktwirtschaft kann nur funktionieren, wenn die Lasten und Erträge der gesellschaftlichen Arbeit fair verteilt sind.
Mir ist aufgefallen: Erfolgreiche Unternehmen übernehmen große soziale Verantwortung. Denn sie haben erkannt, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt eine Bedingung für den wirtschaftlichen Erfolg ist. Da unterstützt ein Unternehmen das Jugendforum in Hoyerswerda, ein anderes in Chemnitz finanziert eine Filmwerkstatt an einer Schule, in Leipzig wird die Arbeit eines Sportvereins unterstützt.

Meine Damen und Herren,
was passiert hier? Die Unternehmen und mit ihnen die Menschen engagieren sich für ein soziales Wachstum, für ein Wachstum innerhalb der Gesellschaft, das die Demokratie lebenswert macht. Der Staat bleibt dem Gedanken der Subsidiarität verpflichtet und hilft dort, wo private Initiative nichts mehr bewirken kann.

Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosen brauchen diese staatliche Unterstützung. Arbeitslosigkeit ist für jeden einzelnen eine bittere Erfahrung und, volkswirtschaftlich betrachtet, eine Katastrophe.
Wer unverschuldet seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie nicht verdienen kann, erwartet zu Recht unsere Solidarität.
Da geht es nicht nur um Transferleistungen. Es ist auch ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, die Arbeitslosen so schnell wie möglich wieder in Arbeit zu bringen. Arbeitslosigkeit darf nur eine Übergangsphase sein.

Arbeitsmarktpolitik

Wir wollen stärker als bisher die Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt fördern.
Wir wollen Mut machen und zum Beispiel Existenzgründungen unterstützen. Herr Prof. Zimmermann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die viel kritisierten Ich-AGs einen positiven Nebeneffekt hatten.
Wenn sie mit der Ich-AG gescheitert sind, hat doch der Mut zur Selbständigkeit und die Eigeninitiative die ehemals Arbeitslosen für den ersten Arbeitsmarkt empfohlen. Viele haben den Übergang erfolgreich bewältigt.
Arbeitsminister Morlok wird deshalb gemeinsam mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit sehr genau alle arbeitsmarktpolitischen Instrumente überprüfen.
Wir fordern von der Bundesregierung mehr Spielraum in der regionalen Arbeitsmarktpolitik. Wir sind bereit, als Pilotregion passgenaue Lösungen für Arbeitslose in Pilotprojekten zu erproben.
Ich bin sicher: So werden wir in Zukunft mehr Menschen wieder in Arbeit bringen, von der sie und ihre Familien gut in Sachsen leben können.
Mit diesem Ansatz kann klassische Sozialpolitik, kann ein starker Sozialstaat helfen, Chancengerechtigkeit zu sichern: Indem er bedürftige Bürger unterstützt.
Aber: Wer sich in der sozialen Hängematte ausruhen will, muss genauso hinterfragt werden, wie derjenige, der höhere Leistungen vom Staat möchte, obwohl es ihm gut geht.
Und ich sage in Richtung der Opposition: Seien wir ehrlich zu den Menschen, um die es geht.
Transfers sind für ihre Empfänger wichtig, aber sie sind weder Indikator noch Ersatz für soziale Wärme. Der Sozialstaat kann für sich genommen alleine keine solidarischen Beziehungen stiften. Umsetzen müssen es die Menschen in diesem Land – die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer.

Familienfreundlichkeit

Diese Koalition hat sich vorgenommen, unser Land noch familienfreundlicher zu machen. Familien mit Kindern sollen in Sachsen wirtschaftlich und sozial gute Lebensbedingungen haben. Wir werden deshalb die Errichtung von Betriebskindergärten unterstützen,
flexiblere Betreuungsangebote fördern,
das Landeserziehungsgeld weiterentwickeln,
unseren präventiven Kinderschutz weiterentwickeln,
gegenüber dem Bund auf die baldige Verabschiedung eines Kinderschutzgesetzes dringen, die Familienbildung ausbauen und uns gegenüber dem Bund für ein Familiensplitting einsetzen.
Aber ob wir mit unserer Familienpolitik erfolgreich sind, hängt auch von anderen gesellschaftlichen Akteuren ab. Von den Arbeitgebern, den Vermietern, den Nachbarn, den kommunalen Stadtplanern, dem Engagement von Erziehern und Lehrern.
Wir alle müssen etwas für die Attraktivität unserer Städte und Dörfer tun. Nur dann entsteht ein Klima, in dem Kinder gut aufwachsen und ihre Eltern dabei Unterstützung finden.
Das ist kein Selbstzweck. Ein familienfreundliches Land ist gut für uns alle. Denn hier kümmert man sich umeinander.

Bürgerschaftliches Engagement

Meine Regierung wird deshalb auch die Zivilgesellschaft stärken und bürgerschaftliches Engagement ermöglichen.
Wir bauen die Initiative „Komm in den Sportverein“ weiter aus. Sie ist schon jetzt ein großer Erfolg.
In der Altenpflege wollen wir stärker ehrenamtlich Engagierte einbeziehen. Wir geben damit zugleich eine Antwort auf die demografischen Herausforderungen.
Vor einem halben Jahr wurde die kommunale Initiative Sozialservice GmbH Rochlitz mit dem sächsischen Generationenpreis ausgezeichnet. Unter dem Titel „ Alt und Jung in besten Händen“ wurde die Idee des Mehrgenerationenhauses neu erdacht. Die ganze Stadt denkt sich als ein „Haus der Generationen“. Das ist ein innovativer Denkansatz, der Nachahmer finden sollte.
Einen weiteren lobenswerten Ansatz verfolgt die Stadt Grimma. Dort hat sich eine Agentur aus der Bürgerschaft heraus entwickelt. Sie vermittelt sozial engagierte Menschen an diejenigen, die etwa Bedarfe für ihre Vereins- und Jugendarbeit anmelden.
Viele solcher oder ähnliche Projekte finden wir im Freistaat Sachsen. Sie verdienen unseren Respekt und unsere Unterstützung.
Das kommunale oder staatliche Geld für solche Projekte ist gut angelegt. Das bürgerschaftliche Engagement hat einen gesellschaftlichen Multiplikatoreffekt.
Deshalb wollen wir für noch mehr öffentliche Anerkennung solcher Engagements sorgen.

Innere Sicherheit

Meine Damen und Herren,
eine Region ist nur dann attraktiv, wenn die Bürger sicher leben, arbeiten und sich engagieren können.
Wir werden im Haushalt die Voraussetzungen dafür schaffen, 300 neue Polizisten einzustellen.
Wir werden nicht aufhören, dafür zu sorgen, dass die sächsische Polizei stets den Erfordernissen gemäß ausgestattet ist.
Wir werden das Polizeigesetz zeitgemäß novellieren, um der Polizei noch wirksamere Mittel zur Vorbeugung und Bekämpfung von Verbrechen an die Hand zu geben.
Wir werden die Sicherheit im grenznahen Raum weiter gewährleisten. Dafür werden wir dort mit zusätzlichen Einsatzkräften präsent sein.
Wir bauen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der tschechischen und polnischen Polizei und Justiz weiter aus.
Und wir nehmen die sich häufenden gewaltsamen Angriffe auf unsere Polizistinnen und Polizisten nicht hin. Wir setzen uns beim Bund dafür ein, dass solche Angriffe zukünftig härter bestraft werden können. Denn wer Polizisten angreift, greift unsere Gesellschaft an.

Ländlicher Raum

Sachsen soll als Ganzes eine der modernsten Regionen Europas sein, mit einem starken Zusammenhalt von Stadt und Land. Deshalb bleibt der ländliche Raum im Fokus der Staatsregierung.
Wir werden Anreize dafür bieten, dass zukunftsfeste und starke kommunale Einheiten entstehen. Der Innenminister hat von mir den Auftrag, ein entsprechendes Konzept zu entwickeln. Politik und örtliche Verwaltung müssen sich vernetzen. Überholte Strukturen müssen aufgehoben werden.
Handwerk und gewerblicher Mittelstand sind das Rückgrat für die ländlichen Regionen. Wir werden deshalb alles tun, um die Land- und Forstwirtschaft, die Ernährungswirtschaft und den Tourismus zu stärken – die wichtigsten Wirtschaftsbranchen im ländlichen Raum.
Immer wichtiger werden auch im ländlichen Raum wissensgetriebene Unternehmen. Wir geben den Kommunen Hilfe beim flächendeckenden Anschluss ans Breitbandinternet.
Auch Städte und Dörfer abseits der Ballungszentren müssen sich in die globalen Wissensnetze einklinken können.

Partnerschaft mit der kommunalen Familie

Unser natürlicher Partner im ländlichen Raum sind die Kommunen - unsere Landkreise und Gemeinden.
Nur wenn Staatsregierung und kommunale Familie an einem Strang ziehen, kann es gelingen, dass Sachsen 2020 eine der modernsten Regionen Europas ist.
Wir stehen weiterhin zur gerechten Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen. Sie ist Ausdruck und Garant der bewährten finanzpolitischen Gemeinschaft von Land und Kommunen – in guten wie in schlechten Zeiten.
Diese Gemeinschaft funktioniert. So haben wir mit dem letzten Änderungsgesetz zum FAG Vorsorge betrieben, insgesamt in Höhe von 372 Millionen Euro.
Und diese Vorsorge steht ab 2011 zur Verfügung, um den Kommunen zu helfen. Aber auch nicht mehr!
Ich nehme deshalb das Angebot des Präsidenten des Sächsischen Landkreistages gerne an, der gemeinsam mit der Staatsregierung eine Strategie entwickeln möchte, wie wir in Zeiten knapper Mittel die Aufgabenerfüllung sicherstellen.
Wir streben die Einführung eines Flächenfaktors im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs an und werden das FAG entsprechend anpassen.
Um die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, wollen wir als Zielstellung einen hohen Anteil ungebundener Mittel, die Investitionsfähigkeit soll auf einem hohen Niveau gehalten werden, Regionalbudgets sollen auf andere Bereiche ausgeweitet werden.

Natur und Umwelt

Die Politik im Ländlichen Raum unter Mitwirkung der kommunalen Familie sichert zu einem großen Teil unsere Lebensbedingungen vor Ort. Ökologie und naturbelassene Lebensräume verschönern unsere Landschaft.
Der Reichtum unserer Natur kann sich sehen lassen.
Die sächsische Landschaft, die Tier- und Pflanzenwelt unserer Heimat ist beeindruckend vielfältig. Dieses Erbe ist viele Tausend Jahre alt, viel älter als die Schmuckstücke im Grünen Gewölbe in Dresden.
Diese Schätze der Natur sind uns anvertraut. Es ist unsere Aufgabe, die Schöpfung zu bewahren, damit auch unsere Kinder etwas davon haben.
Der Schutz der Natur ist in Sachsen nicht nur eine verfassungsmäßige Pflichtaufgabe. Wichtig ist mir: Viele ehrenamtliche Naturschützer sind mit viel Enthusiasmus dabei. Der Naturschutz kommt aus der Mitte der Gesellschaft.
So schaffen Freistaat und Ehrenamtliche viel für den Schutz der Umwelt in Sachsen.
Denn wir bewahren damit ein Stück Naturerbe – und gewinnen zugleich ein Stück Zukunft.
Über den Klimawechsel müssen wir nicht diskutieren. Wir handeln. In Sachsen soll noch mehr erneuerbare Energie erzeugt und die heimische Braunkohle noch effizienter verstromt werden, um den CO2-Ausstoss zu senken.
Staatsminister Kupfer und Staatsminister Morlok werden gemeinsam den sächsischen Aktionsplan Klima und Energie zu einem Energieprogramm weiterentwickeln. Es wird sich an den Zielen Energiesicherheit, Grundlastfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Bezahlbarkeit orientieren. Der Anteil der Erneuerbaren Energie am Strommix soll auf ein Viertel steigen.

Verkehr

Meine Damen und Herren,
ein reibungsloser Güterverkehr, kombiniert mit einer ausgefeilten Logistik ist das Schmiermittel für eine prosperierende Ökonomie.
Gerade Regionen fernab der Bundesautobahnen, wie der Raum Torgau, das Erzgebirge und die Sächsische Schweiz brauchen eine bessere Anbindung an das Fernstraßennetz. Städte und Ortschaften müssen durch den Bau leistungsfähiger Ortsumgehungen entlastet werden.
Deshalb haben wir einen weiteren Ausbau des bestehenden Straßennetzes vereinbart.
Wir müssen uns weiterhin überlegen, ob wir unsere Stärken in der Geographie und Logistik weiter ausbauen wollen. Sachsen ist Exportweltmeister im Osten, wir sind Transitland und haben mit dem Hub Leipzig den Kern eines Logistikkreuzes, das uns über den Luftweg mit der ganzen Welt verbindet.
Ich sehe das Thema TEN 22 in diesen größeren Zusammenhängen. Wir müssen die Verkehre Osteuropas, die uns durchqueren, hier bündeln und den Güterströmen eine ökologisch sinnvolle und ressourcenschonende Verteilung per Luft, Straße und Schiene anbieten.

Gesundheit

Meine Damen und Herren,
zu einer attraktiven Region gehört, dass in allen Gebieten die ärztliche Versorgung sichergestellt wird. Frau Clauß hat als Gesundheitsministerin bereits Initiativen gestartet, um Abhilfe gegen den Ärztemangel zu schaffen.
Wir werden künftig insbesondere die Standortnachteile des ländlichen Raumes angehen, gemeinsam mit allen Akteuren.
Auch die kommunale Seite muss dabei ihren Beitrag leisten. Zum Beispiel, indem sich die Landkreise am „Carus Consilium Sachsen“ beteiligen.
Ambulanter und stationärer Bereich sollen besser verzahnt und aus einer Hand gesteuert werden. Mit dem gleichen Mitteleinsatz kann so die medizinische Versorgung besser werden.
Und sie soll bezahlbar bleiben.
Wir werden daher aufmerksam und kritisch die Arbeit der Regierungskommission zur Reform des Risikostrukturausgleichs begleiten.
Eine Benachteiligung der ostdeutschen Länder muss verhindert werden.
So, wie die Reform gedacht ist, würde der Kassenbeitrag für die ostdeutschen Patienten stark steigen.
Das ist angesichts der immer noch deutlich niedrigeren Einkommen in Ostdeutschland sozialpolitisch bedenklich!
Ich nehme deshalb unsere Kanzlerin beim Wort, die angekündigt hat, dass – ich zitiere – „einem anderen nichts weggenommen wird und der Sozialausgleich im System auch noch funktionieren muss.“ Zitat Ende.
Wir werden daran festhalten, dass es an dieser Stelle keine Entsolidarisierung geben darf. Wir wollen in diesem Sinne für eine starke ostdeutsche Vertretung in der Reformkommission sorgen.

Kultur

Meine Damen und Herren,
eine Kraft, die unser Land unverwechselbar prägt, ist die Kultur. Unsere Identität wie die Außenwahrnehmung Sachsens sind wesentlich durch die Kultur, durch höchste künstlerische Leistungen in Geschichte und Gegenwart geprägt.
Wie attraktiv Sachsen auch in kultureller Hinsicht ist, zeigt, dass mit Christian Thielemann der begehrteste deutsche Dirigent dem Ruf der Staatskapelle nach Dresden gefolgt ist.
Das älteste Orchester Europas wird damit seiner Tradition ein weiteres großartiges Kapitel hinzufügen.
2010 wird ein glanzvolles Jahr für die sächsische Kultur: Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden feiern ihr 450. Jubiläum, das Albertinum wird wiedereröffnet, die Türkische Cammer ebenso – und das sächsische Porzellan feiert in Meißen seinen 300. Geburtstag.
Sachsens Kultur wird einmal mehr im Schaufenster der Welt stehen!
Dieses kulturelle Erbe verpflichtet uns. Wir wollen es bewahren und weiterentwickeln.
Wir setzen deshalb die Kulturfinanzierung auf hohem Niveau fort. Es gibt ein klares Bekenntnis der Koalition zum Kulturraumgesetz.

Umbrüche/Megatrends

Meine Damen und Herren,
Uns erwarten in diesem Jahrzehnt Umbrüche, die uns Ähnliches abverlangen werden wie der Umbruch 1989.
Der technische Fortschritt bleibt nicht stehen.
Die Globalisierung geht trotz Weltwirtschaftskrise weiter.
Der Klimawandel ist Fakt.
Der demographische Wandel verändert unser Land, obwohl wir erfreulicherweise von Jahr zu Jahr mehr Geburten verzeichnen.
Und die Lage der öffentlichen Haushalte wird nicht besser, sondern schlechter.
Wir fangen hier aber nicht bei Null an: Wir bauen auf den guten Ansätzen der letzten Jahre auf.

Schluss

Meine Damen und Herren,
wir stehen alle miteinander vor einer großen Bewährungsprobe. Unsere Leistungsfähigkeit, Kreativität und Solidarität sind gefragt.
Wir können uns bewähren, wenn wir uns auf unsere eigenen Kräfte verlassen, wenn wir kreativ mit den finanziellen Engpässen umgehen und darauf vertrauen, dass ein Mehr an Freiheit unser Land zu einer noch besseren Heimat macht.

Es gilt, Phantasie zu entwickeln, in Alternativen zu denken, ausgetretene Pfade zu verlassen.
Wir alle wissen, dass wir nur dann Erfolg haben werden, wenn jeder Bürger, der etwas zum Gemeinwohl beitragen kann, sich einbringt, mit Herz, Kopf und Hand.
Wir haben im Herbst 1989 erlebt, wie viel sich zum Besseren verändert, wenn die Bürger ihr Leben selbst in die Hand nehmen.
Wenn sie die Freiheit nutzen, um Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen.
Ich bitte alle Bürger, krempeln wir weiter die Ärmel hoch, packen wir gemeinsam an, vertrauen wir einander!
Dann werden Kräfte frei, die vielen von uns Erfolg in Eigenverantwortung ermöglichen. Kräfte, mit denen wir all das erreichen, was wir uns vornehmen.
Kräfte, die unsere Möglichkeiten stärken, Solidarität zu üben.

Vielen Dank!


Kontakt

Sächsische Staatsregierung

Regierungssprecher Ralph Schreiber
Telefon: +49 351 564 10300
Telefax: +49 351 564 10309
E-Mail: presse@sk.sachsen.de
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