Ministerpräsident Milbradt übergibt neun Persönlichkeiten den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland

17.12.2004, 15:04 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Am Montag, 20. Dezember, wird Ministerpräsident Georg Milbradt drei Personen mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse am Bande des Verdienstordens auszeichnen. Sechs Personen erhalten das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens. Diese Bürger werden auf Empfehlung des sächsischen Ministerpräsidenten von Bundespräsident Horst Köhler wegen ihrer besonderen Verdienste für die Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die Verleihung findet um 14 Uhr im Raum 139 („Bienenkorb-Saal“) der Sächsischen Staatskanzlei statt. Nachfolgend sind die Ordenskandidaten sowie die wesentlichen Gründe der jeweiligen Ehrung aufgeführt.

Das Verdienstkreuz 1. Klasse am Bande des Verdienstordens erhalten:

Clemens Rosner, Leipzig
Praepositus Pfarrer Clemens Rosner hat sich Zeit seines Wirkens als katholischer Priester in der ehemaligen DDR und bis heute durch herausragendes seelsorgerisches Engagement hervorragende Verdienste um Menschen erworben. Während seines Theologiestudiums in der DDR stand er bedrängten Christen in den systembedingten Nöten des Glaubens und des Lebens als bekennender Christ bei. Nach seiner beruflichen Tätigkeit als Pfarrer wirkt er weiterhin als Seelsorger in Leipzig und im Leipziger Raum. Im Jahre 1955 wechselte er von der BRD in die DDR, um in einem atheistisch ausgerichteten Staat Menschen, die bewusst den christlichen Glauben ausüben und entsprechend ein Leben ausgerichtet an christlichen Werten, Überzeugungen und kirchlichen Lehrmeinungen führen wollen, beizustehen. In seiner Zeit als Studentenpfarrer kämpfte er für den Erhalt der Pauliner (Universitäts-) kirche in Leipzig. Er sorgte durch die Bewahrung und Verbreitung entsprechender Belege dafür, dass diese Dinge nicht in Vergessenheit gerieten. Studenten, die auf Grund Ihrer Einstellung mit dem Regime in Konflikt gerieten, beriet er und versuchte, sie durch geistlichen Beistand von ihrer psychischen Belastung zu befreien. Er lebte den Studenten ein Leben nach eigener Gewissensentscheidung vor und forderte sie insbesondere zu Offenheit auf. Diese Offenheit praktizierte er selbst, indem er über den Umgang mit der Staatssicherheit berichtete und Ratschläge gab, wie die Studenten ihrerseits damit umgehen sollten bzw. sich deren Machenschaften entziehen konnten. Auch nach der Rückkehr in die Aufgaben
eines Gemeindepfarrers beschränkte er sich nicht auf die Aufgaben der reinen Seelsorge. Herr Praeporitus Pfarrer Clemens Rosner hat bis heute als Priester ein Engagement für die Menschen in der Diktatur und danach gezeigt, dass bei weitem das Maß an Selbstlosigkeit übersteigt, das von einer Person, die sich zum Priesteramt entschließt, erwartet werden darf.

Nikolaus Krause, Dresden
Pfarrer Nikolaus Krause hat sich durch außerordentliche Zivilcourage in der DDR und durch ein außerordentliches Maß an seelsorgerischer und gemeindlicher Arbeit Verdienste erworben. Als Student der evangelischen Theologie an der Universität Leipzig gehörte Nikolaus Krause zum Kreis der engagiert gegen die geplante Sprengung der Pauliner (Universitäts)kirche und des sich anschließenden Augusteum kämpfenden Personen. Er übernahm die Aufgabe, eine Liste von 108 Unterschriften von Theologiestudenten gegen die Sprengung am 28. März 1968 in das Rathaus zu überbringen und seine Person mit Anschrift als Kontaktadresse zu benennen. Dafür wurde er zu einer Haftstrafe von 22 Monaten verurteilt. Als evangelischer Pfarrer war und ist er bis heute ein Seelsorger. Er kümmerte sich nicht nur um die geistlich-religiöse Betreuung der Gläubigen. Ohne Ansehen der Person stand er in der DDR mit Rat und Tat politisch Bedrängten bei, wohl wissend, dass er bei seiner Vergangenheit ständig ins Visier der Staatssicherheit der DDR geriet. In der Gemeinde vermittelte er über die Predigt hinaus zu vielen Fragen der Gesellschaft freiheitlich demokratische Alternativen auf der Grundlage christlicher Überzeugung, die bewusst im Gegensatz zur atheistischen Staatsdoktrin standen. Vielen wird auch seine praktische Lebenshilfe zur Zeit der Wende- und Nachwendezeit unvergessen bleiben, als zahlreiche Menschen große Probleme bei der Neuorientierung hatten und daran zu zerbrechen drohten. Im Alter von 56 Jahren entschloss sich Pfarrer Krause zu einer völlig neuen seelsorgerischen Aufgabe: Er wurde Krankenhausseelsorger im Dresdner Uniklinikum. Zusammen mit seinem katholischen Amtsbruder gelang ihm die Einrichtung eines Ökumenischen Seelsorgenzentrums. Außerdem hat er auf dem Dresdner Universitätsgelände eine Kirche wiederaufgebaut, zum Wohl jener Menschen, die als Kranke nach geistlichem Beistand fragen.

Dr. h.c. Friedrich (Fritz) Brickwedde, Osnabrück
Herr Dr. h. c. Brickwedde hat einen unschätzbaren Beitrag zur Herstellung der inneren deutschen Einheit sowie zur Entstehung eines besonderen Bewusstseins für Geschichte, Denkmal-, Umwelt-, Landschaftsschutz und -pflege bei den Menschen beigetragen. Er hat den Menschen in Ostdeutschland von Anfang an durch das massive Engagement der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ein Selbstwertgefühl vermittelt, das als Folge der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche in großen Teilen verloren gegangen war. Dass darüber hinaus westdeutsche Interessen zu Gunsten des schnellen Ausgleichs ostdeutscher systembedingter Defizite zurück gestellt wurden, wirkte auf die Menschen in Ostdeutschland ermutigend. Herr Dr. h.c. Brickwedde ist seit der Gründung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt im Jahre 1990 deren Generalsekretär. Zu Beginn an setzte er einen eindeutigen Förderakzent der Stiftung zu Gunsten der ostdeutschen Länder. Dies erleichterte in erheblichem Maße, in den ostdeutschen Ländern die Belange des Umweltschutzes beim Aufbau neuer Strukturen zu berücksichtigen. Trotz seines schon mehr als tagesfüllenden hauptberuflichen Arbeitspensums arbeitet er aktiv im Stiftungsrat der Stiftung Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal (Sachsen), im Kuratorium der Franckeschen Stiftungen Halle a. d. Saale, im Kuratorium des Festivals „Sandstein und Musik“, in der Fördergesellschaft für das Dessau-Wörlitzer Gartenreich und nicht zuletzt als Vorsitzender des Osnabrücker Förderkreises zur Unterstützung des Wiederaufbaus der Frauenkirche Dresden e. V. mit. Darüber hinaus ist ihm die Verbreitung des Stiftungsgedankens als bedeutender Teil des bürgerschaftlichen Engagements sehr wichtig. So erklärt sich auch seine Mitarbeit im Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen mit. Sein Engagement für die Umwelt drückt sich in seiner Mitwirkung im Kuratorium des Frauenhofer-Instituts für atmosphärische Umweltforschung Garmisch-Patenkirchen aus. Stets wird er hinsichtlich seines ehrenamtlichen Engagement aber auch der Wurzeln seiner Heimat gerecht, indem er in heimischen Vereinigungen mitwirkt.

Das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens erhalten die folgenden sechs Personen:

Hans Grohmann, Demitz-Thumitz (Torgau)
Seit 1955 ist Hans Grohmann im Kirchenvorstand der katholischen Pfarrgemeinde Demitz-Thumitz tätig. Zunächst begann er als katholischer Heimatvertriebener, andere katholische Heimatvertriebene zu versammeln, um eine Gemeinschaft zu bilden. Dies führte 1955 zur kirchenrechtlichen Konstituierung der katholischen Pfarrgemeinde und zum Bau der Kirche. Er übernahm die Abwicklung aller Vorgänge, die notwendig waren, damit auch in einem zunehmend atheistischen Umfeld der Bau vollendet werden konnte. Darüber hinaus organisierte er das kirchliche Gemeindeleben. Als Lehrer in der DDR bekannte sich Herr Grohmann nicht nur offen zu seiner christlichen Überzeugung, er vermittelte diese weiter. Er wollte Menschen eine geistige Heimat und das entsprechende Rüstzeug geben. Auch politisch setzte er in der DDR seit 1946 Zeichen seiner Überzeugung und ließ sich weder vereinnahmen noch verbiegen. Da Katholische Diasporagemeinden in der DDR finanziell knapp ausgestattet waren, übernahm er ehrenamtlich die in den siebziger Jahren freigewordene Küsterstelle. Genauso selbstverständlich ist er als Betreuer in der Vormundschaft tätig.

Manfred Knoblauch, Sohland/Spree
Seit 50 Jahren ist Manfred Knoblauch ehrenamtlich für den Ski-Club Sohland 1928 e. V. tätig. Unter seinem Vorsitz hat sich der Verein trotz schwieriger Bedingungen in der DDR zu einem Leistungszentrum entwickelt. Seit 1990 ist der Club eines der Förderzentren für den Nachwuchs. Nicht nur sportliche Erfolge hat Herr Knoblauch erzielt, auch unter den bekannt schwierigen materiellen Verhältnissen der DDR gelang ihm der Bau von Sport- und Trainingseinrichtungen. Bei der Betreuung des Nachwuchses war ihm neben dem Training eine sinnvolle und Ausgleich schaffende Freizeitgestaltung wichtig. Er sah im Ski-Club darüber hinaus auch eine Gelegenheit, ihn mit gesellschaftlichen Veranstaltungen mit den Menschen in Sohland zu verknüpfen. Er ist damit Bestandteil des Gemeindelebens und spielt inzwischen auch in der touristischen Konzeption der Region eine Rolle.

Nikolaus Drexler, Hohnstein
Seit 1970 ist Nikolaus Drexler Mitglied im Gemeinderat und im Kirchenrat der katholischen Pfarrgemeinde in Bad Schandau-Königstein. Während einiger Wahlperioden war er Vorsitzender des Pfarrgemeinderates. Als aktives Mitglied im Pfarrgemeinderat übernahm er eine erhebliche Anzahl an Arbeiten. Durch die Organisation von Veranstaltungen an Werk-, Sonn- und Feiertagen gelang es ihm, ein lebendiges Gemeindeleben zu erhalten, ein WIR-Gefühl zu erzeugen, dass zu einer großen Solidarität und Hilfsbereitschaft der Gemeindemitglieder untereinander führte. Besonders liegen Herrn Drexler die Senioren und Behinderten am Herzen. Die Einbeziehung dieses Personenkreises in das Gemeindeleben war unter den gerade für behinderte Menschen ungünstigen Bedingungen in der ehemaligen DDR eine hervorragende Leistung. Nach der Wende wurde er zum Landrat gewählt. An seinem Engagement für die Kirchengemeinde hielt er fest. Nach Beendigung der Amtszeit setzte sich Herr Drexler besonders für den Aufbau bürgerschaftlicher sozialer Netzwerke ein. Er war Gründungsmitglied des Lions-Clubs Sebnitz. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender gelang es ihm, ein namhaftes Spendenaufkommen zu erreichen. Damit konnte er von der Flut besonders hart betroffenen Menschen wirksam helfen. Auch außerhalb solcher Katastrophen verstehen es die Clubmitglieder, unter seiner Führung immer wieder beachtliche Spendenbeträge für gemeinnützige Zwecke aufzubringen.

Christa Leinert, Rosswein
Im Jahre 1970 ist Christa Leinert in der Stadt Rosswein als Erzieherin tätig. Neben dieser Tätigkeit entfaltete sie einen ausgeprägten Einfallsreichtum, um insbesondere in der durch materielle Knappheit gekennzeichneten Zeit der DDR für Kinder über die Norm hinausgehende Maßnahmen wie Ausflüge, Kinderfeste, Spielsachen zu organisieren. Nach der Wende gelang es Frau Leinert, Gewerbetreibende für das Sponsoring der Kindergartenarbeit zu begeistern, so dass über die Möglichkeiten der Zuschüsse der öffentlichen Hand hinaus die Ausstattung der Kindergärten stetig verbessert werden kann. Dank ihrer Initiative und der Fähigkeit, Vereine für die Idee eines Stadtfestes zu gewinnen, ist seit der Wende ein bis heute in der Region beachtetes Fest der Bürgerinnen und Bürger entstanden. Mit ihren Aktivitäten hat sie einen unschätzbaren Beitrag geleistet, dass sich die Menschen in ihrer Stadt wohl fühlen und sich mit ihrem Lebensraum identifizieren.

Johannes Schulze, Sayda
Seit 1964 erfreut Johannes Schulze als Vorsitzender des Dorfclubs Friedewald die Menschen nicht nur mit einem vielfältigen Veranstaltungsangebot sondern steht ihnen mit Rat und Tat bei. In der DDR ließ er sich trotz mancher Obstruktionsversuche politisch nicht vereinnahmen. Herr Schulze genoss dadurch das Vertrauen der Menschen, die ihn nach der Wende als parteilosen Kandidaten in den Gemeinderat wählten und nach der Eingemeindung bis heute zum Ortschaftsratsvorsitzenden wählten. Er bevormundete die Menschen nicht sondern bezog sie in seine Arbeit ein. So lernten junge Menschen frühzeitig Verantwortung zu tragen, als Johannes Schulze ihnen die Trägerschaft für das auf seine Initiative hin errichtete Jugendhaus übergab. Teile seines Veranstaltungsangebotes richteten sich gleichermaßen an junge wie auch ältere Menschen, da sein Ziel der Erhalt einer lebendigen Gemeinschaft von Jung und Alt in Friedewald ist. Als die Volkssolidarität weg brach, sorgte er dafür, dass die Betreuungs- und sonstigen Angebote erhalten blieben.

Jutta Barthel, Mutzschen
Von 1957 bis heute ist sie unermüdlich um die Bewahrung und Aufzeichnung sowie Präsentation der Geschichte der Stadt Mutzschen bemüht. Sie begann mit der Heimatstube und kann heute stolz auf das Stadtmuseum Mutzschen als Frucht ihrer ehrenamtlichen Arbeit blicken. Sie begeisterte viele Menschen für das Museum, was sich in Form von Spenden und aktiver Mithilfe bei der Einrichtung niederschlug. In unzähligen Museums- und Stadtführungen informiert sie anschaulich und interessant über Seltenheiten und Unerwartetes. Sie verfügt über eine reiche Sammlung zur Stadtgeschichte, die sie dem Stadtarchiv zur Verfügung stellt. Auf ihre Initiative geht die Gründung des sehr aktiven Heimatvereins zurück. Darüber hinaus wirkt Frau Barthel in überregionalen Gremien wie z. B. im Sächsischen Museumsbund mit. Sie hat das historische und kulturelle Gedächtnis der Stadt Mutzschen bewahrt. Die Vergangenheit wird dank ihres Wirkens nicht nur zugänglich sondern auch in nachhaltiger Weise erlebbar. Die Menschen identifizieren sich dadurch mit ihrer Heimat und sind emotional stärker mit Ihrem Lebensumfeld verbunden.


Kontakt

Sächsische Staatskanzlei

Regierungssprecher Ralph Schreiber
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