Kabinett beschließt Standortkonzeption der Staatsregierung

25.01.2011, 14:34 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Dresden (25. Januar 2011) - Das Sächsische Kabinett hat heute mit der Verabschiedung einer bis zum Jahr 2020 reichenden Standortkonzeption die Weichen für die zukünftige Behördenstruktur im Freistaat Sachsen gestellt. Sinkende Einwohnerzahlen, rückläufige Einnahmen und ein zunehmender Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen und gut ausgebildete Fachkräfte sind Herausforderungen, denen sich die Sächsische Staatsregierung schon frühzeitig stellt.

Deshalb haben sich die Regierungsparteien in ihrer Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, alle laufenden und künftigen Projekte der Verwaltungsmodernisierung im Rahmen einer umfassenden Staatsmodernisierung aufeinander abzustimmen. Die nun vorgestellte Konzeption zur Schaffung zukunftsfester Verwaltungsstrukturen ist dabei ein wichtiger Schritt. Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat die Ressorts beauftragt, bis 31. März einen detaillierten Zeit- und Kostenplan vorzulegen.

„Mit dem Beschluss der Standortkonzeption haben wir das Fundament für eine effiziente und moderne Behördenstruktur geschaffen“, erklärte Ministerpräsident Tillich. „Darauf aufbauend gestalten wir bis 2020 eine Verwaltung, die der demografischen Entwicklung, den neuen Kommunikationswünschen der Bürger und den finanziellen Möglichkeiten gleichermaßen Rechnung trägt. Der Staat wird schlanker und mobiler, bürger- und unternehmerfreundlicher. Gleichzeitig war für uns eine räumlich ausgewogene Struktur- und Regionalpolitik maßgeblich.“

Zentrale Zielstellungen des von der Staatsregierung beschlossenen Standortkonzepts sind mehr Service und Effizienz in der Verwaltung. Das sich verändernde Kommunikationsverhalten der Bürger, die Erwartungen der Wirtschaft, die demografischen Herausforderungen und die finanziellen Rahmenbedingungen sollen in Einklang gebracht werden. Auch die Möglichkeiten der neuen Technologien leisten dazu einen wichtigen Beitrag. Bis 2020 sollen so in Sachsen wesentliche Bereiche der Kommunikation zwischen Bürger oder Unternehmer und Amt ohne Behördengang zu erledigen sein. Diese Vision wird etwa durch den weiteren Ausbau der einheitlichen Behördenrufnummer „D115“ und die qualitative Weiterentwicklung des Serviceportals „Amt24“ bis hin zum Aufbau ganz neuer Kommunikationsformen wie möglicherweise Bürgerterminals in die Praxis umgesetzt. Dadurch ist eine Anpassung der Behördenstrukturen ohne spürbare Nachteile für die Bürger möglich.

Unter diesen Aspekten haben die Ressorts ihre Behörden auf Effizienz- und Synergiepotenziale untersucht. Die neue gemeinsame Standortkonzeption wurde anschließend durch den Kabinettsausschuss Staatsmodernisierung unter Federführung des Staatsministeriums der Justiz und für Europa erarbeitet. Staatsminister Jürgen Martens: „Wir wollen die Zukunft Sachsens heute aktiv gestalten, damit wir morgen nicht den Ereignissen hinterherlaufen müssen. Mit der Verabschiedung der Standortkonzeption ist es – wohl bisher bundesweit einmalig – gelungen, die speziellen Überlegungen der einzelnen Ministerien zu ihren Standorten und Strukturen mit den wirtschaftlichen und landesentwicklungspolitischen Zielvorstellungen zu verknüpfen. Damit haben wir gemeinsam eine langfristig tragfähige Gesamtperspektive für alle Regionen des Freistaates geschaffen und einen Rückzug von Justiz und Verwaltung aus dem ländlichen Bereich auch für die Zukunft vermieden.“

Neben den Kriterien der Bürger- und Wirtschaftsfreundlichkeit sowie der Anpassung an die finanziellen und demografischen Rahmenbedingungen standen regional- und strukturpolitische Überlegungen im Fokus des Standortkonzepts. Dabei galt es insbesondere,
– die bestmögliche Erreichbarkeit der betreffenden Behörden für den Bürger,
– eine regional ausgewogene Verteilung der Verwaltungsstandorte
– bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der zur Verfügung stehenden Immobilien
sicherzustellen.

Die Standortkonzeption beinhaltet folgende zentrale Entscheidungen:

Justiz
Die Justiz bleibt auch in den ländlichen Regionen bürgernah und setzt mit der Aufwertung des Landgerichts Görlitz ein Zeichen für den grenznahen Bereich. Das Landgericht Bautzen und die dazugehörige Staatsanwaltschaft sowie fünf Amtsgerichte bleiben als Justizstandort erhalten, werden aber zu Zweigstellen bzw. Außenkammern anderer Gerichte. Geschlossen werden die Außenkammer des Landgerichtes Zwickau in Plauen sowie die Zweigstellen des Amtsgerichts Grimma in Wurzen und der Staatsanwaltschaften Bautzen und Görlitz in Hoyerswerda bzw. Zittau. Das Amtsgericht Annaberg wird nach Marienberg verlegt. Damit wird eine zukunftsfeste und einheitliche Gerichtsstruktur geschaffen. Weitere Entscheidungen ergingen zu den Standorten von Justizvollzugseinrichtungen. So sollen die Justizvollzugsanstalten Zeithain und Zwickau perspektivisch durch eine neue Justizvollzugsanstalt Südwestsachsen ersetzt werden. Entgegen anderslautender Befürchtungen bleibt die JVA Torgau erhalten.

Finanzen
Die Finanzverwaltung bleibt im gesamten Freistaat präsent. In jedem Landkreis gibt es zukünftig ein Finanzamt, in den kreisfreien Städten jeweils zwei, ein weiterer Standort nimmt zentralisierte Aufgaben war.

Finanzminister Georg Unland: „Ein gut erreichbarer und attraktiver Standort bietet Vorteile für Bürger und Unternehmer. Die Finanzverwaltung wird auch unabhängig von den Standorten in Zukunft moderne Dienstleistungen anbieten und für den Bürger ansprechbar sein.“

Die Entscheidungen für die zukünftigen Standorte der Finanzämter wurden nach einem umfangreichen Kriterienkatalog getroffen. Wichtig war dabei die zentrale Lage des künftigen Standortes im Landkreis, damit das Finanzamt für Besucher und Bedienstete gut erreichbar ist. Im Ergebnis der Umstrukturierung sollen Finanzämter entstehen, die durch ihre Größe alle fachlichen Aufgaben erfüllen können und in angemessenen Immobilien untergebracht sind.

In einem ersten Schritt zur Verwaltungsmodernisierung wurden zu Anfang des Jahres das Landesamt für Finanzen und die Oberfinanzdirektion zum Landesamt für Steuern und Finanzen zusammen gelegt. Von den bisher drei Standorten des Landesamtes wird Dresden zum Hauptsitz, bleibt Chemnitz erhalten, während der Standort Leipzig bis 2020 sozialverträglich aufgelöst wird.

Die Sächsische Aufbaubank – Förderbank (SAB) soll ihren Sitz nach Leipzig verlegen. Das stärkt die Stadt Leipzig als Finanzplatz dauerhaft, indem hier gezielt Einrichtungen des Finanz- und Börsensektors (z. B. auch die Strombörse EEX) konzentriert werden.

Polizei
Die neue Struktur der Polizei entspricht nach wie vor dem hohen Sicherheitsbedürfnis der Bürger. Im ganzen Land sorgen Standorte der Polizei für Präsenz und die notwendige Einsatzbereitschaft.
Die Anzahl der Polizeidirektionen wird von sieben auf fünf reduziert. Dabei werden die Direktionen Oberes Elbtal-Osterzgebirge und Dresden sowie Westsachsen und Leipzig zusammengeführt. Unter Beachtung des Prinzips der Einräumigkeit der Verwaltung werden zudem die örtlichen Zuständigkeiten der neuen Polizeidirektionen angepasst. Von den bisher 72 Polizeirevieren (51 Führungsreviere sowie 21 nachgeordnete Reviere) werden 41 erhalten bleiben; an den übrigen Standorten werden neben Bürgerpolizisten Kräfte der fortbestehenden Reviere (z. B. Kriminaldienst) ihren Dienst verrichten.

Staatsminister Markus Ulbig: “Erfolgreiche Polizeiarbeit bedeutet Sicherheit für die Bürger. Die sächsische Polizei hat mittlerweile einen Leistungsstand erreicht, der mit dem der westdeutschen Bundesländer vergleichbar ist. Sachsen soll weiterhin eines der sichersten Länder in Deutschland bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Polizei mit dem gesellschaftlichen Wandel Schritt halten. Auf Höhe der Zeit zu bleiben heißt auch, Bestehendes und scheinbar Bewährtes zu hinterfragen. Das heute vorgelegte Organisationsmodell bildet die Grundlage für langfristige Planungssicherheit und eine deutliche Präsenz der Polizei in Sachsen. Die Anzahl der Streifenbeamten wird beibehalten. Die Bürgerpolizisten bleiben als unmittelbare Ansprechpartner vor Ort erhalten. Ihre Anzahl wird leicht erhöht. Führung, Stab und Verwaltung werden um ca. 30 Prozent reduziert. Damit stärken wir die sichtbare Präsenz der Polizei auf der Straße.“

Rechnungshof
Es wird vorgeschlagen, den Sitz des Sächsischen Rechnungshofes nach Döbeln zu verlegen.

Landesdirektionen
Die drei Landesdirektionen werden zu einer Landesdirektion Sachsen mit Sitz des Präsidenten in Chemnitz sowie zwei Standorten in Dresden und Leipzig zusammengefasst. Im Koalitionsvertrag hatten sich die sächsischen Regierungsparteien auf eine Zusammenfassung der Landesdirektionen verständigt. Dieser Schritt wird nun vollzogen. Unabhängig davon wird der Prozess der Aufgabenkritik und Struktur- und Prozessoptimierung fortgeführt.

Verkehr
Die Straßenbauverwaltung wird in Form einer effizienteren Struktur neu aufgestellt. Aus dem derzeitigen Autobahnamt in Dresden sowie den sachsenweit fünf Straßenbauämtern (Bautzen, Chemnitz, Leipzig, Meißen-Dresden, Plauen) mit ihren drei Zweigstellen (Döbeln, Dresden, Bad Schlema) wird das Landesamt für Straßenbau und Verkehr gegründet. Dieses wird regional ausgewogen neben der Zentrale in Dresden über fünf Niederlassungen in der Fläche verfügen (Bautzen, Leipzig, Meißen, Plauen, Zschopau). Diese neue, optimierte Struktur stellt sicher, dass eine landesweit ausgewogene und standortnahe Betreuung der Straßennetze garantiert ist.

Umwelt und Landwirtschaft
Teilbereiche des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) und der Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft (BfUL) aus dem Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft werden auf Nossen konzentriert. Dort entsteht der zentrale Laborstandort für Sachsen als das „Grüne Zentrum Nossen“.

Kultus und Sport
Das Sächsische Bildungsinstitut und die Regionalstelle Dresden der Sächsischen Bildungsagentur werden räumlich zusammen geführt und sind künftig in einem Haus der Bildung in Freital ansässig.

Weitere Standortentscheidungen
Die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt wird in Tharandt, Schloss Grillenburg, angesiedelt. Das Landesamt für Archäologie hat im Sinne einer weiteren Stärkung von Chemnitz als zentralem Standort der sächsischen Archäologie künftig seinen Sitz in Chemnitz. Damit können zugleich Synergien mit dem im ehemaligen Kaufhaus Schocken einzurichtenden „Haus der Archäologie“ genutzt werden.

Weitere Details können den Anlagen entnommen werden.


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