Polizei, Justiz und Wissenschaft im Freistaat gemeinsam gegen Cyberkriminalität

03.08.2017, 14:13 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Sächsische Strafverfolgungsbehörden und Hochschule Mittweida vereinbaren enge Zusammenarbeit bei Forschung, Lehre, Aus- und Fortbildung von IT-Spezialisten

Gemeinsame Medieninformation des Sächsischen Staatsministeriums des Innern, des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und der Hochschule Mittweida (University of Applied Sciences)

Innenminister Markus Ulbig, Justizminister Sebastian Gemkow und der Rektor der Hochschule Mittweida, Prof. Ludwig Hilmer, haben heute in Dresden eine enge Zusammenarbeit im Bereich der Cyberkriminalität beschlossen.

Mit der Unterzeichnung einer entsprechenden Vereinbarung werden die drei Partner ihre Kooperation insbesondere in den Bereichen „Forschung und Entwicklung“, „praxisbezogene Anwendungen“ sowie „Lehre, Aus- und Fortbildung“ zur Verfolgung von Straftaten im Internet oder unter Nutzung informationstechnischer Systeme (Cybercrime) intensivieren. Damit reagieren Sachsens Polizei und Justiz auf den kontinuierlichen Anstieg von Straftaten sowie auf die zunehmende Professionalisierung bei der Internetkriminalität.

Ein wesentlicher Bestandteil der künftigen Zusammenarbeit ist die Konzipierung und Erprobung praxisbezogener Anwendungen, insbesondere die Neu- bzw. Weiterentwicklung IT-gestützter Ermittlungsmethoden.

Der Schwerpunkt der Kooperation zwischen der Sächsischen Polizei und der Hochschule Mittweida liegt vor allem in den Bereichen Lehre sowie der Aus- und Fortbildung. So wurden gegenseitige Hospitationen und Vorträge, die regelmäßige Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und die fachspezifische Fortbildung von Polizeibediensteten vereinbart. Zudem werden den Studierenden Praktikumsplätze im Rahmen einzelner konkreter Ermittlungsverfahren zur Verfügung gestellt. Die Kooperation soll gleichzeitig das Interesse an der Hochschule für den Polizeidienst wecken, um künftig ausreichend qualifizierte Bewerber für den Einsatz als Experten im Computer- und Internetkriminalitätsdienst zu gewinnen.

Dazu erklärt Sachsens Innenminister Markus Ulbig:
„Die heute vereinbarte Kooperation ist ein weiterer wichtiger Meilenstein zur erfolgreichen Bekämpfung und Strafverfolgung der Cyberkriminalität in Sachsen. Es ist wichtig, dass die Strafverfolgungsbehörden sowohl mit der technischen Entwicklung als auch mit der wachsenden Professionalisierung der Straftäter im Internet Schritt halten. Hierfür ist neben einer guten Ausrüstung auch die entsprechende Qualifizierung des Personals in den Strafverfolgungsbehörden eine wichtige Voraussetzung.

Bereits 2014 haben wir beim Sächsischen Landeskriminalamt das sogenannte „Cybercrime-Compentence-Center“ eingerichtet, wo bereits 71 Experten arbeiten. Ein Jahr später haben wir im sächsischen Polizeidienst die Sonderlaufbahn „Cybercops“ eingeführt, bei der wir polizeiliches Wissen mit IT-Know-how kombinieren. Bisher sind in Sachsen zehn dieser „Cybercops“ im Dienst. Im Oktober dieses Jahres werden 15 weitere Kollegen ihre Ausbildung als Computer- und Internetexperten bei der Polizei beenden und hinzukommen. Zeitgleich werden erneut zehn junge Frauen und Männer in den Vorbereitungsdienst für diesen Schwerpunkt eingestellt.“

Im Bereich der sächsischen Justiz sollen die gemeinsame Entwicklung und Anwendung IT-gestützter Ermittlungsmethoden sowie die kontinuierliche Aus- und Fortbildung von Richtern und ermittelnden Staatsanwälten die Bekämpfung von Internetkriminalität noch effektiver machen. So könnten beispielsweise digitalforensische Untersuchungsmethoden es ermöglichen, in gerichtsverwertbarer Weise große Datenmengen gezielt auszuwerten und damit Taten und Täter sicher zu identifizieren.

Die sächsische Justiz wird zudem ihre Kooperationspartner fortlaufend über neue Entwicklungen in der Internetkriminalität und der Digitalisierung sowie über die anknüpfenden Ermittlungs- und Beweisanforderungen im Strafprozess informieren. Es werden sich sächsische Staatsanwaltschaften projektbezogen an Forschung und Entwicklung beteiligen, z. B. durch die Anwendung aktueller Forschungsergebnisse. Im Ergebnis werden die sächsischen Strafverfolger damit zukünftig auf neueste wissenschaftliche Ermittlungsmethoden der digitalen Forensik zurückgreifen können.

Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow:

„Es ist unentbehrlich, neben den rechtlichen Möglichkeiten der Strafverfolger auch die Ermittlungsmethoden fortlaufend an technische Neuerungen anzupassen und das Personal entsprechend zu qualifizieren. Die Bündelung gemeinsamer Kompetenzen und der Ausbau der Zusammenarbeit mit der Hochschule Mittweida sind wichtig für die noch effektivere Bekämpfung und Verfolgung von Internetkriminalität.“

Die IT-Forensiker an der Hochschule Mittweida sind im Bereich IT-Sicherheit/Cybercrime bereits seit einigen Jahren Partner von verschiedenen Landes- und Bundesbehörden. Auch bereits bei der sächsischen Polizei und der Staatsanwaltschaften im Freistaat. Die Zusammenarbeit betrifft sowohl die Weiterbildung als auch die Ermittlungsunterstützung.

Prof. Ludwig Hilmer, Rektor der Hochschule Mittweida:

„Wir gehen einen großen Schritt in die richtige Richtung. Forschung an der Hochschule und Anwendung in den Behörden können Hand in Hand gehen. Das ist eine Antwort auf die große Dynamik, der wir bei der Entwicklung neuer Technologien und deren Einsatz für die Planung und Durchführung von Cyberverbrechen gegenüberstehen.“

Für die künftige Aus- und Fortbildung werden zunächst gemeinsam Konzepte entwickelt und Lehrkräfte ausgetauscht. Die einzelnen Kooperationspartner profitieren so von erweiterten Fach- und Methodenkenntnissen, die in den unterschiedlichen Maßnahmen vermittelt werden. Zudem können Studierende der Forensik-Studiengänge leichter Praktika und Abschlussarbeiten an den Behörden des Freistaates absolvieren.

„Mit dieser Vereinbarung betreten wir Neuland: Es soll gut ausgebildeten Fachkräften der Weg in die Behörden ermöglicht werden. Wir schaffen einen zusätzlichen Pool an Fachkräften für die Bekämpfung von Cybercrime. Durch die Praktika in den Behörden lernen die Studierenden früh und besser den Alltag sowie dessen Herausforderungen kennen“, so der Rektor der Hochschule.

Hintergrund:

Die Bandbreite der mittels Internet begangenen Delikte ist groß und reicht von der Beleidigung über Betrugsdelikte bis hin zum Waffen- und Drogenkauf im sogenannten „Darknet“.

In den vergangenen Jahren ist ein Anstieg der Straftaten mit dem Tatmittel Internet auch in Sachsen erkennbar (2012: 7.631 Fälle; 2015: 9.971 und 2016: 10.269 Fälle).

Bei Cybercrime ist von einem sehr hohen Dunkelfeld auszugehen. Grund dafür ist das Anzeigeverhalten, beispielsweise wenn Unternehmen einen Imageschaden befürchten.

2016 gab es rund 1.400 Hacker-Angriffe auf die zentralen Einrichtungen des Sächsischen Verwaltungsnetzes (SVN). In 50.000 Fällen wurde Schadsoftware aus dem unverschlüsselten Web-Verkehr entfernt.

Bei den im SVN 2016 insgesamt rund 106 Millionen eingegangenen E-Mails, wurden über 75.000 Schadprogramme gefunden und entfernt (+183 Prozent gegenüber 2015).

Die Hochschule Mittweida ist mit rund 7.000 Studierenden (Wintersemester 2016/17) die größte der fünf sächsischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte ist die angewandte Informatik mit den Forschungsgebieten IT-Forensik und IT-Sicherheit.

Die Hochschule führt beispielsweise Forensik-Schulungen für das BKA, den Bund deutscher Kriminalbeamter, die sächsischen und thüringischen Landeskriminalämter sowie die Staatsanwaltschaften des Freistaats Sachsen durch.

Zudem werden neue Studiengängen wie der bundesweit einmalige Bachelorstudiengang „Allgemeine und Digitale Forensik“, dem berufsbegleitenden Fernstudiengang „IT-Forensik/Cybercrime“ und der im kommenden Wintersemester startenden Masterstudiengang „Cybercrime/Cybersecurity“ angeboten.


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