Arbeitsminister Dulig: »Durchsetzung des Mindestlohns gewinnt an Bedeutung«

11.10.2021, 11:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Studie zur Umsetzung des Mindestlohngesetzes in Sachsen

Die Einführung des allgemeinen flächendeckenden Mindestlohns zu Jahresbeginn 2015 war ein arbeitsmarktpolitischer Meilenstein. In Sachsen entfaltete er eine besondere Wirkung: Mit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes bekamen rund 13 Prozent aller Beschäftigten per Gesetz mehr Lohn. In keinem anderen Bundesland haben anteilig mehr Beschäftigte von der Mindestlohneinführung profitiert. Diese Besonderheiten waren Anlass für die nun vorliegende Studie einer sachsenspezifischen Analyse zu den Auswirkungen des Mindestlohns sowie zum Stand der Umsetzung der Mindestlohnregelungen und der praktischen Durchsetzung des Rechts.

»Der Mindestlohn trägt dazu bei, die Existenz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu sichern, Armut trotz Arbeit zu vermeiden und Lohngerechtigkeit in der Arbeitswelt zu stärken«, so Sachsens Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Dulig. »Fairer Mindestlohn ist für mich auch eine Sache des Respekts und der Wertschätzung von Arbeit und für die Beschäftigten. Die Erhöhung und Weiterentwicklung des Mindestlohns auf 12 Euro steht ganz oben auf der politischen Agenda. Deshalb gewinnt auch die praktische Durchsetzung an Bedeutung. Die Wertschätzung, die Beschäftigte erfahren, beeinflusst auch, welche Wertschätzung sie anderen entgegenbringen.«

Die Studie sollte gezielt ermitteln, wie der Mindestlohn in Sachsen umgesetzt wird, welche Wissenslücken es möglicherweise gibt und wie bei Defiziten noch besser unterstützt werden kann.

Dazu Minister Dulig weiter: »Der Mindestlohn wirkt, aber wir wollen die praktische Durchsetzung weiter verbessern. Im Vordergrund bei der Studie stand für uns die Frage nach einer besseren Unterstützung rechtstreuen Handelns. So zeigten sich zum Beispiel schlicht oft Erkenntnisdefizite in Bezug auf den Mindestlohn - spannenderweise bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ebenso wie bei Unternehmen. Das Zentrum für Fachkräftesicherung und Gute Arbeit Sachsen (ZEFAS) wird für Fragen rund um gute Arbeitsbedingungen – auch für Fragen zum Mindestlohn - zur Verfügung stehen.«

Studie: »Evaluation zu den Auswirkungen der Umsetzung des Mindestlohngesetzes im Freistaat Sachsen«

• Ausgewählte Studienergebnisse: Einhaltung des Mindestlohns

Eine massenhafte Umgehung des Mindestlohns im Freistaat hat die Studie nicht ergeben. Nach den vorliegenden Daten zu mindestlohnrelevanten Ordnungswidrigkeitsverfahren werden Mindestlohnregelungen in Sachsen in den allermeisten Unternehmen gesetzeskonform umgesetzt und eingehalten. Die Kontrollen sind Aufgabe des Zolls, dessen Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) für die Überwachung des Mindestlohns zuständig ist.
So sind in Sachsen im Jahr 2018 lediglich 1,5 Ordnungswidrigkeitsverfahren je 1.000 Betriebe wegen Nichtgewährung des Mindestlohnes und 0,8 Ordnungswidrigkeitsverfahren je 1.000 Betriebe aufgrund von Verstößen gegen die Melde-, Dokumentations-, Aufzeichnungs- und Bereitstellungspflichten von Unterlagen eingeleitet worden. Formen der Mindestlohnunterschreitung sind dabei z.B. Fehler bei der Arbeitszeitdokumentation im Rahmen des Arbeitszeitmanagements, die Nichtberücksichtigung von Vor- und Nacharbeiten bzw. Rüstzeiten oder die Verrechnung von Stundenlöhnen mit weiteren Leistungen wie Unterkünften, Verpflegung und Gutscheinen zu teilweise überhöhten Preisen.

Einflussfaktoren wie die vergleichsweise geringe und rückläufige betriebliche Mitbestimmung und Tarifbindung in Sachsen, die kleinteilige Unternehmensstruktur und ländlich geprägte Siedlungsstruktur sowie die Lage als Grenzregion zu Polen und Tschechien deuten auf eine höhere Gefahr der Mindestlohnunterschreitung im Vergleich zum Bundesdurchschnitt hin.

• Handlungsempfehlungen

Angesichts der oftmals unzureichenden Kenntnis von Arbeitnehmer/-innen und Arbeitgeber/-innen über die genaue Mindestlohnhöhe und über Mindestlohnregelungen kann Öffentlichkeitsarbeit Defizite beseitigen. Hier könnte gezielte, auch gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit von SMWA und Zoll ansetzen. Auch Multiplikatoren und die noch stärkere Einbeziehung der Sozialpartner wird empfohlen. Nicht zuletzt kann das in der Aufbauphase befindliche »Zentrum für Fachkräftesicherung und Gute Arbeit« (ZEFAS) wichtiger Ansprechpartner für Beschäftigte und Unternehmen in Sachsen werden.
Neben den Beratungs- und Informationsangeboten sind auch Kontrollen und eine damit zusammenhängende Ahndung von Mindestlohnverstößen eine wichtige Voraussetzung für die Einhaltung der Mindestlohnvorgaben.

Hintergrund

Im Jahr 2015 lag der gesetzliche Mindestlohn bei 8,50 Euro pro Stunde. Zurzeit beträgt er 9,60 Euro und steigt bis zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro. Die Anhebung des Mindestlohns beruht auf dem Beschluss der Mindestlohnkommission, in der Gewerkschaften und Arbeitgeber vertreten sind.

Die Studie »Evaluierung der Auswirkungen der Umsetzung des Mindestlohngesetzes im Freistaat Sachsen« wurde im Auftrag des Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) von der Ramboll Management Consulting GmbH erstellt.

Anhand der bestehenden Studienlandschaft ermittelt die Studie zunächst die Auswirkungen des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes.
Den Schwerpunkt der Studie stellt die darauf aufbauende Analyse der Umsetzung und Einhaltung der Mindestlohnregelungen im Freistaat Sachsen dar.
Daraus entwickelt die Studie praxisorientierte Handlungsempfehlungen und Verbesserungspotentiale für die weitere Begleitung und Umsetzung des Mindestlohnes.

LINK zur Studie
https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/38592

Anhang: Tabelle - Formen der Mindestlohnunterschreitung


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