"Steinschläger - Pechkocher - Herzensbrecher" | Foyerausstellung ab 15.10.2021

14.10.2021, 12:47 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

im smac - Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz

Am morgigen Freitag, 15.10.2021, eröffnet eine kleine Ausstellung zu einem großen archäologischen Projekt: den Ausgrabungen im Vorfeld des Lausitzer Tagebaugebietes Nochten / Reichwalde. Bereits seit über 25 Jahren ist das Landesamt für Archäologie Sachsen damit beauftragt, die Flächen, die für den Braunkohleabbau ausgewiesen sind, vorab zu untersuchen.
Die Ausstellung »Steinschläger – Pechkocher – Herzensbrecher« zeigt nun einen Querschnitt durch 14.000 Jahre Oberlausitz.

Eine Ausstellung des Landesamtes für Archäologie Sachsen vom 15.10.2021 bis 02.01.2022 im Foyer des smac.
Der Zutritt zur Ausstellung ist kostenfrei. Zurzeit gilt im smac die 3G-Regel mit Kontakterfassung.

UPs AND DOWNs DER BESIEDLUNG DER OBERLAUSITZ

Die Flächen der beiden Tagebauareale zeigen es deutlich: Menschen lassen sich dort nieder, wo sich ihre Lebensweise mit den vorhandenen Ressourcen decken. Die Oberlausitz hatte es in der Vorgeschichte mit ihren sandigen Böden schwer, Menschen für sich zu begeistern. Entsprechend ist die Siedlungsgeschichte der Region durch große Besiedlungslücken gekennzeichnet. Feuerstein, Eisen und Holz waren jedoch in solcher Fülle vorhanden, dass es immer wieder zu einem wahren Boom kam.

ÄLTESTER WALD EUROPAS

Holzfunde aus der Steinzeit sind ausgesprochen selten. Am Rande des Braunkohletagebaus bei Reichwalde konnte ein ganzer Kiefern- und Birkenwald freigelegt werden. Aufgrund des Temperaturanstiegs in der letzten Eiszeit ändert sich die steppenartige Landschaft zu einem lichten Waldgebiet mit vielen Seen. Vor 14.000 Jahren versinkt ein ganzer Wald in einem See, der mit der Zeit vertorft. Ca. 1.500 Bäume waren unter der Torfschicht erhalten geblieben und konnten mittels Dendrochronologie auf 14.100 bis 13.300 Jahre vor heute datiert werden.
Die Stämme sind die ältesten, als Holz erhaltene Zeugen eines Waldes in Europa. Die Ausstellung präsentiert Fragmente eines Baumstammes.

STEINSCHLÄGER

Die frühesten Nachweise menschlicher Präsenz stammen aus der jüngeren Alt- und der Mittleren Steinzeit. Jäger und Sammler streiften zwischen 12.000 und 5.500 v. Chr. durch die dichten Wälder. Beutetiere gab es im Überfluss und auch der begehrte Feuerstein, aus dem Steinwerkzeuge und –waffen gefertigt wurden, war reichlich vorhanden. Kleine Feuersteinklingen und -abschläge zeugen von dieser Zeit.

BAUERN TROTZ SCHLECHTER BÖDEN

Ein Phänomen der Oberlausitz sind zum einen die unfruchtbaren Böden, zum anderen aber auch die flächendeckende Besiedlung während der jüngeren Bronzezeit (1.350 – 750 v. Chr.) und der frühen Vorrömischen Eisenzeit (750 – 500 v. Chr.). Siedlerinnen und Siedler der sog. Lausitzer Kultur, deren Überreste man in Ostdeutschland, ganz Polen bis in die Slowakei zu dieser Zeit antrifft, haben sich trotz der schlechten Voraussetzungen hier niedergelassen. Typisch für die Kultur sind die äußerst ästhetischen Keramikgefäße, die sich in den Brandgräbern finden und von denen eine attraktive Auswahl in der Ausstellung gezeigt werden.
Auf den riesigen Tagebauflächen konnte eine vollständige Siedlungskammer aus dieser Zeit untersucht werden, d.h. ein komplettes Dorf, ein angeschlossenes Wirtschaftsareal sowie ein dazugehöriger Bestattungsplatz – in der Archäologie ein äußerst seltener Glücksfall.

EISENVERHÜTTUNG

Fast 1000 Jahre nach dem Niedergang der Lausitzer Kultur fanden erneut Aktivitäten – wenn nicht sogar eine vorindustrielle Produktion – statt. Raseneisenerz hieß das Zauberwort, das viele Saisonarbeiter in der Zeit zwischen 150 und 375 n.Chr. (jüngere Vorrömische Kaiserzeit) in die Oberlausitz lockte. Der Tagebau Nochten wies ganze Batterien von schwarzen Bodenverfärbungen auf, die von Rennfeueröfen herrühren. Die Verhüttung erbrachte Eisenmengen, die weit über den Eigenbedarf hinausgingen.

PECHKOCHER

Erst nach weiteren 1000 Jahren, im 14. Jahrhundert, kann man von einer kontinuierlichen Besiedlung der Oberlausitz sprechen. Schriftliche Quellen – aber auch der archäologische Befund – belegen, dass die Region im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit zu den wichtigsten Pechproduktionszentren in Deutschland gehörte. Pech wird aus harzreichem Holz und Holzkohle hergestellt. Die Rohstoffe waren also in reichlicher Menge vorhanden. Pech war ein Allzweckmittel und erfreute sich großer Nachfrage. Es wurde beispielsweise zum Abdichten von Fässern und Schiffen, zum Kleben, als Brennstoff und zum (Pech)Vögel fangen genutzt.

HERZENSBRECHER

Auch der Jagdpark des exzentrischen Fürsten Hermann von Pückler-Muskau (1785 – 1871) südlich von Weißwasser war Teil einer mehrjährigen Grabungskampagne. Hierbei wurden die Fundamente des Jagdschlosses und des »Chinesischen Turms« untersucht. Am Rande eines künstlichen Waldsees, den Fürst Pückler anlegen ließ, stand noch eine kleine Holzbank, die in das Jahr 1816/1817 datiert. Hatte der als Schwerenöter bekannte Fürst hier vielleicht seine legendären Rendezvous?

Mit besten Grüßen,
Jutta Boehme
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am smac

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