Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Freistaates Sachsen 2021
22.03.2022, 14:11 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Kriminalität auf dem tiefsten Stand seit 10 Jahren – Aufklärung steigt.
»Die registrierte Kriminalität in Sachsen geht im Jahr 2021 um fast 10 Prozent
auf insgesamt 246.615 Straftaten zurück. Die Aufklärungsquote liegt bei knapp
60 Prozent der Fälle und ist somit die höchste seit 10 Jahren. Das ist eine
positive Entwicklung und ein Erfolg, der auch auf die engagierte Arbeit der
sächsischen Polizei zurückzuführen ist und Beleg dafür, dass wir unsere
Schwerpunkte bei der Kriminalitätsbekämpfung richtig gesetzt haben und
unsere Maßnahmen wirken. Sachsen bleibt ein sicheres Bundesland.«, erklärt
Staatsminister Prof. Dr. Roland Wöller und ergänzt: »Das liegt nicht nur an
Corona. Die Kriminalität in Sachsen sinkt insbesondere seit 2018. Aber auch
wenn Sachsen sicherer geworden ist, machen mir insbesondere die
steigenden Straftaten im digitalen Raum Sorge – in einer vermeintlichen
Anonymität, die Täter zu schützen scheint. Es gibt in unserem Freistaat aber
keine rechtsfreien Räume, auch nicht im digitalen Raum.«
Sonja Penzel, Präsidentin des Landeskriminalamtes, ergänzt: »Bezogen auf
die Kriminalitätsstruktur stellten wir zum Teil erhebliche Verschiebungen
innerhalb einzelner Deliktsbereiche und in den digitalen Raum fest. Während
Diebstahl insgesamt, insbesondere Wohnungseinbruchsdiebstähle,
Diebstähle von Kraftwagen, aber auch Fahrrad- und Ladendiebstähle
abnahmen, stiegen die Fallzahlen etwa bei dem Gebrauch unrichtiger
Gesundheitszeugnisse, Bedrohungen, sowie Rauschgiftdelikten an. Es ist
davon auszugehen, dass die festgestellten Verschiebungen vor allem im
Kontext mit Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie entstanden sind.
Zudem haben sich die Zahl der Straftaten im Zusammenhang mit dem
Tatmittel Internet sowie Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
erhöht. Hier gab es 2021 eine erhebliche Zunahme von Fällen im Bereich der
Kinderpornografie.«
Innenminister Wöller fügt weiter an: »Auch in diesem Jahr stehen wir weiterhin
vor großen Herausforderungen. Die Pandemie ist noch nicht besiegt und die
Auswirkungen des Ukraine Krieges sind noch nicht absehbar. Vor allem vor
dem Hintergrund der Corona-Pandemie sind die steigenden Fallzahlen im
Bereich Widerstand gegen bzw. Angriffe auf die Staatsgewalt
besorgniserregend. Es ist nicht hinnehmbar, dass Polizistinnen und Polizisten
bei der Ausübung ihrer Arbeit attackiert werden. Dagegen werden wir mit allen
uns zur Verfügung stehenden Mitteln vorgehen.«
Wohnungseinbrüche um fast ein Drittel zurückgegangen
Die Anzahl der Wohnungseinbruchdiebstähle in Sachsen ist im letzten Jahr
um 30 Prozent zurückgegangen und befindet sich auf dem niedrigsten Niveau
seit zehn Jahren. Im vergangenen Jahr sind in Sachsen
1.977 Wohnungseinbruchdiebstähle registriert worden; 2020 waren es noch
2.831. Der Anteil der versuchten, aber erfolglosen Wohnungseinbrüche lag wie
bereits im Vorjahr bei rund 43 Prozent. Diese Quote ist auch ein deutliches
Zeichen dafür, dass die präventiven Maßnahmen – einschließlich der
Förderprogramme von Bund und Freistaat – für mehr Einbruchschutz
zunehmend greifen. Die Aufklärungsquote ist 2021 erneut gestiegen - auf 30,9
Prozent und damit um knapp fünf Prozentpunkte.
Kfz-Diebstähle nahmen weiter ab
Allein im vergangenen Jahr gab es einen Rückgang um rund fünf Prozent auf
1.443 Fälle. Das sind 74 Kraftwagen-Diebstähle weniger als im Jahr 2020.
Mindestens jeder dritte Diebstahl (38 Prozent der Fälle) wurde durch die
Polizei aufgeklärt. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt das Ergebnis der
erfolgreichen Arbeit der sächsischen Polizei seit vielen Jahren und ein
kontinuierlicher Trend. So haben sich die Fallzahlen seit 2016 halbiert. Neben
der SoKo-Kfz haben auch die Gemeinsamen Fahndungsgruppen mit der
Bundespolizei, die Fahndungs- und Kompetenzzentren sowie die
Zusammenarbeit mit unseren Partnern in Polen und Tschechien positiv zu
dieser Entwicklung beigetragen.
Anstieg bei Cybercrime
Die Zunahme der Straftaten mit dem Tatmittel Internet und/oder IT-Geräte um
22,2 Prozent (2021: 13.156 Fälle, 2020: 10.770 Fälle) ist insbesondere auf den
Onlinehandel zurückzuführen, der durch die Corona-Pandemie enorm
zugenommen hat. Bei fast der Hälfte aller Fälle handelte es sich um Straftaten
des Waren-/Warenkreditbetruges.
Im März 2021 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Bekämpfung
sexualisierter Gewalt gegen Kinder beschlossen. Durch eine deutliche
Verschärfung des Strafrechts, effektivere Strafverfolgungsmöglichkeiten sowie Stärkungen der Prävention und der Qualifikation in der Justiz werden Kinder
so besser vor Missbrauchstaten geschützt. Die Fallzahlen in diesem
Deliktsbereich sind in 2021 erheblich angestiegen. Wurden 2020 insgesamt
792 Fälle der Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung von
kinderpornografischen Schriften registriert, waren es im Jahr 2021 bereits
1.803 Straftaten. Diese Entwicklung ist sehr besorgniserregend.
Gewaltkriminalität geht zurück
Die Anzahl der Gewaltdelikte ging im Jahr 2021 um ca. acht Prozent auf 6.939
Fälle zurück (2020: 7.569 Fälle). Die Aufklärungsquote lag wie im
Vorjahreszeitraum bei rund 81 Prozent. Besonders bei den gefährlichen und
schweren Körperverletzungsdelikten gingen hier die Fallzahlen (5.297)
gegenüber dem Vorjahr (2020: 5.755) deutlich zurück. Das dürfte auch auf die
Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie zurückzuführen sein, weil
es keine Volksfeste und anderen Events mit vielen, teil alkoholisierten,
Besucherinnen und Besuchern gab.
Häusliche Gewalt leicht rückläufig
Die Anzahl der Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt, also
sexuelle, physische und/oder psychische Gewalt in der häuslichen
Gemeinschaft, sind im Jahr 2021 auf 9.020 Fälle gesunken. Im Jahr zuvor
waren es 9.235 Fälle. Dabei bildeten Fälle im Bereich der Körperverletzungen
(5.532) und Straftaten gegen die persönliche Freiheit (2.138) den
Schwerpunkt. In den meisten Fällen häuslicher Gewalt waren ehemalige
Partner (2.766), Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften (1.753) und
Ehepartner (1.453) die Täter.
Anzahl der Rauschgiftdelikte angestiegen
Die Anzahl der Rauschgiftdelikte stieg 2021 um knapp zwei Prozent
gegenüber dem Vorjahr. 2021 wurden 14.400 Delikte registriert
(2020: 14.149). Während die Zahlen bei Crystal, welche zuvor seit 2014 stetig
rückgängig waren, in 2020 und 2021 wieder anstiegen (in 2021 um vier
Prozent), blieb in 2021 die Anzahl der Delikte im Zusammenhang mit
Cannabisprodukten wie Marihuana oder Haschisch nahezu konstant. Die
Zunahme der Fallzahlen resultiert aus verstärkten Kontrollen der Polizei
Sachsen auch im Zusammenhang mit den Corona-Schutzmaßnahmen sowie
aus mehr Feststellungen der Zollbehörden am Leipziger Flughafen.
Grenzkriminalität mit leichtem Rückgang
In den Gemeinden entlang der sächsischen Außengrenze zu Tschechien und
Polen wurden im vergangenen Jahr 15.356 Straftaten (ohne
ausländerrechtliche Verstöße) registriert. Ein Jahr zuvor waren es16.632 Fälle. Besonders häufig wurden an der Grenze Diebstähle
(33 Prozent), Sachbeschädigungen (zwölf Prozent), Betrugsdelikte
(neun Prozent) und Körperverletzungen (neun Prozent) begangen. Entlang
der 582 Kilometer Außengrenze gibt es 46 sächsische Gemeinden mit
Grenzbezug, davon liegen 39 an der tschechischen Grenze. Hier ging die
Kriminalität um drei Prozent zurück. Sieben Gemeinden liegen an der
polnischen Außengrenze. In diesen sank die Kriminalität in 2021 um mehr als
elf Prozent, was unter anderem auf den Einsatz von Videosicherheitstechnik,
die Einrichtung der Sonderkommission »Argus« in der Polizeidirektion Görlitz
sowie erhöhte Kontrollaktivitäten und die gute Zusammenarbeit mit den
tschechischen und polnischen Behörden zurückzuführen ist.
Zahl der Straftaten durch Zuwanderer* erneut zurückgegangen
Zuwanderer verübten im vergangenen Jahr sieben Prozent weniger Straftaten.
Es wurden insgesamt 14.594 Fälle (ohne ausländerrechtliche Delikte) erfasst
(2020: 15.631 Fälle). Hierbei bildeten Ladendiebstähle (2.177),
Körperverletzungen (2.360) und Beförderungserschleichungen (1.733) den
Schwerpunkt. Der Gesamtanteil der Zuwanderer an allen erfassten
Tatverdächtigen lag 2021, wie im Jahr 2020, weiter unter zehn Prozent. Rund
43 Prozent aller durch Zuwanderer begangenen Straftaten wurden durch
mehrfach/intensiv tatverdächtige Zuwanderer (MITA) verübt. Im vergangenen
Jahr haben 1.212 MITA insgesamt 6.230 Straftaten begangen. Besonders
häufig wurden Staatsangehörige aus Syrien, Afghanistan, Georgien, Libyen
und Tunesien als MITA ermittelt. Hervorzuheben ist, dass sich aufgrund der
täterorientierten Bearbeitung im vergangenen Jahr 256 MITA in Haft befanden
und 199 zur Verhaftung ausgeschrieben waren. Trotz der zeitweisen
Aussetzung der Abschiebungen konnten im vergangenen Jahr 58 MITA
abgeschoben werden.
Tatverdächtige insgesamt
Die sächsische Polizei ermittelte im vergangenen Jahr 83.327 Tatverdächtige
(ohne ausländerrechtliche Verstöße), das waren ca. sieben Prozent weniger
als im Vorjahr. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger (17.502) lag, wie im
Jahr zuvor, bei rund 21 Prozent. 7.071 der nichtdeutschen Tatverdächtigen
waren Zuwanderer.
Politisch motivierte Kriminalität (PMK) auf neuem Höchststand
Die politisch motivierten Straftaten haben 2021 einen neuen Höchststand mit
4.796 Fällen erreicht und sind gegenüber dem Vorjahr um ca. 18 Prozent
gestiegen.
Ursächlich dafür sind insbesondere Straftaten im thematischen
Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und der Bundestagswahl, die überwiegend keinen klaren Phänomenbezug aufweisen. Allein 1.366 Fälle der
politisch motivierten Kriminalität standen im Zusammenhang mit der CoronaPandemie. Anlässlich der Bundestagswahl wurden 713 Fälle registriert.
Von den politisch motivierten Straftaten entfielen 1.878 Straftaten auf den
Phänomenbereich -rechts- und machen somit weiterhin einen Großteil der
Gesamtfälle aus. 1.113 Straftaten waren dem Phänomenbereich -linkszuzuordnen.
Im Phänomenbereich -nicht zuzuordnen- wurde ein erheblicher Anstieg der
Fallzahlen registriert. Mit 1.752 Fälle haben sich die Zahlen mehr als
verdoppelt. Besorgniserregend ist in diesem Bereich die hohe Anzahl von
1.251 Fällen an Konfrontationsdelikten gegen den Staat und seine
Einrichtungen. Derartige Delikte haben sich gegenüber dem Vorjahr
verdreifacht. Die Hauptgründe für diesen Anstieg sind Straftaten im
Zusammenhang mit der Coronapandemie (1.139 Fälle) und anlässlich der
Bundestagswahl (221 Fälle).
Die Aufklärungsquote der politisch motivierten Straftaten lag bei mehr als 36
Prozent. (2020: 42,2 Prozent).
Politisch motivierte Gewaltdelikte sind im vergangenen Jahr um zwei Prozent
angestiegen (2021: 374 Fälle, 2020: 366 Fälle). Insgesamt konnten in diesem
Bereich etwa zwei Drittel aller Taten aufgeklärt werden.
Kampf gegen Hasskriminalität
Die Zuspitzung gesellschaftlicher Konflikte zeigt sich auch bei der Entwicklung
der Hasskriminalität. Die Fallzahlen sind mit insgesamt 664 Fällen gegenüber
dem Vorjahr noch einmal angestiegen (2020: 578 Fälle). Der überwiegende
Teil ist der PMK -rechts- zuzuordnen. Ein deutlicher Anstieg war 2021 mit
213 Fällen bei politisch motivierten Hasspostings im Internet zu verzeichnen
(2020: 176 Fälle).
Innenminister Wöller: »Die steigende Anzahl ist insbesondere auf unsere
Anstrengungen bei der Bekämpfung von Hass im Netz zurückzuführen. Wir
haben das Thema ‚Hass im Netz‘ als Schwerpunkt erkannt und gehen mit
gezielten Maßnahmen gemeinsam mit der Justiz dagegen vor. Die Zentrale
Meldestelle für Hasskriminalität haben wir in die neu eingerichtete Zentralstelle
zur Bekämpfung von politisch motivierten Straftaten im Internet beim
Landeskriminalamt integriert, um demokratie- bzw. sicherheitsgefährdende
Aktivitäten und Strukturen frühzeitig aufzuhellen und Gefahren effektiv
abzuwehren.«
Kriminalität gegen Amts- und Mandatsträger zeitweise hoch
Die Fallzahlen politisch motivierter Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger
sind im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr noch einmal deutlich gestiegen
(2021: 285 Fälle, 2020: 168 Fälle). Die Ursachen dafür werden insbesondere
in den Protesten gegen Corona-Schutzmaßnahmen gesehen.
- Zuwanderer sind Asylbewerber, geduldete Ausländer, Kontingentsflüchtlinge, unerlaubt aufhältige Personen, international/national Schutzberechtigte und Asylberechtigte.