Terminhinweis: OLG verhandelt erneut in Musterfeststellungsklageverfahren über Zinsanpassungsklauseln
28.04.2022, 13:13 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
5 MK 1/21
Verbraucherzentrale Sachsen e.V. ./. Kreissparkasse Bautzen
Termin: 04.05.2022, 13:00 Uhr, Saal 2.5
5 MK 2/21
Verbraucherzentrale Sachsen e.V. ./. Sparkasse Mittelsachsen
Termin: 04.05.2022, 14:30 Uhr, Saal 2.5
Am Mittwoch, dem 4. Mai 2022, verhandelt der 5. Zivilsenat erneut über Musterfeststellungsklagen*, die der Verbraucherzentrale Sachsen e.V. eingereicht hat.
Die Beklagten sind die Kreissparkasse Bautzen und die Sparkasse Mittelsachsen.
Der Verbraucherzentrale Sachsen e.V. begehrt die Feststellung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Zinsberechnung bei von der Beklagten ausgereichten Prämiensparverträgen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagten bisher die Zinsen aus den Sparverträgen falsch berechnet hätte. Den Sparverträgen sei eine variable Verzinsung der Spareinlage immanent. Die Anfangszinssätze hingen von dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab. Bei Vertragsschluss wurde keine ausdrückliche Zinsanpassungsklausel vereinbart. Zusätzlich zu diesem variablen Zins verpflichteten sich die Beklagten zur Zahlung einer auf die Jahressparleistung bezogenen, verzinslichen "S-Prämie". Diese beginnt nach dem 3. Sparjahr und steigt mit zunehmender Vertragslaufzeit an.
Daraus sollen sich für die jeweiligen Sparer abhängig von der Laufzeit des Vertrages und der Höhe der eingezahlten Beiträge Ansprüche auf die Kapitalisierung erheblicher Zinsbeträge ergeben. Der Kläger meint, es sei keine wirksame Zinsänderungsklausel in den Vertrag einbezogen worden. Der Beklagten stehe damit auch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zur Seite. Die so entstehende Regelungslücke sei durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Er legt seiner Berechnung der Zinsforderung die Zinsreihe der Deutschen Bundesbank für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer mittleren Restlaufzeit von 10 Jahren auf der Basis des gleitenden Durchschnitts zugrunde.
Am 21. März 2022 hatten bereits 157 Verbraucher ihre Ansprüche gegen die Kreissparkasse Bautzen und am 1. April 2022 256 Verbraucher ihre Ansprüche gegen die Sparkasse Mittelsachsen über das Klageregister angemeldet.
Über fünf parallel gelagerte Fälle hatte das Oberlandesgericht Dresden bereits im Jahr 2020 und 2021 entschieden und die Zinsanpassungsklauseln als unwirksam angesehen (Medieninformation Nr.17 vom 22. April 2020, Medieninformation Nr. 23/2020 vom 17. Juni 2020, Medieninformation Nr. 33/2020 vom 10. September 2020 und Medieninformation Nr. 16/2021 vom 31. März 2021 https://www.justiz.sachsen.de/olg/content/2434.htm und https://www.justiz.sachsen.de/olg/content/2499.htm ).
Der Bundesgerichtshof hat in drei Fällen, mit den Urteilen vom 6.Oktober 2021 (XI ZR 234/20) und vom 24. November 2021(XI ZR 310/20 und XI ZR 461/20), die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel bestätigt und die Verfahren an das Oberlandesgericht Dresden zurückverwiesen, um die infolge der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel in den Sparverträgen entstandene Regelungslücke durch die Bestimmung eines Referenzzinssatzes zu füllen. Hier werden derzeit Sachverständigengutachten eingeholt, die zur Bestimmung des Referenzzinssatzes benötigt werden.
Aufgrund der aktuellen Coronavirus-Pandemie musste auch hier die Anzahl der verfügbaren Sitzplätze zur Wahrung eines Sicherheitsabstandes von 1,50 m zwischen den Zuschauern stark reduziert werden.
Die sitzungspolizeiliche Verfügung des Vorsitzenden trägt dieser besonderen Situation Rechnung. Die Vergabe der Besucherplätze - sowohl für Medienvertreter als auch für sonstige Zuschauer - erfolgt nach der Reihenfolge ihres Eintreffens. Es dürfen nur so viele Besucher in den Saal gelassen werden, wie Sitzplätze zur Verfügung stehen. Zudem ist auch im Sitzungssaal ist eine FFP 2- Maske oder ein medizinischer Mund-Nase-Schutz zu tragen.
Interessierte Zuschauer werden angesichts der Coronavirus-Pandemie und der eingeschränkten Platzkapazität gebeten, die Notwendigkeit eines Besuches der Verhandlung sorgsam abzuwägen.
Über die Ergebnisse der mündlichen Verhandlungen wird zur Unterrichtung der Öffentlichkeit in einer Medieninformation, die über die Homepage des Oberlandesgerichts https://www.justiz.sachsen.de/olg/ einsehbar ist, berichtet werden.
° Die Musterfeststellungsklage (Musterklage) ist eine zivilrechtliche Verbandsklage, die mit dem Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage mit Wirkung zum 1. November 2018 in das deutsche Recht eingeführt wurde. Die Musterfeststellungsklage soll geschädigten Verbrauchern die Möglichkeit bieten, ohne großen (finanziellen) Aufwand ihre Ansprüche durchzusetzen.
Die ausschließliche erstinstanzliche Zuständigkeit liegt bei den Oberlandesgerichten.
Mit der Musterfeststellungsklage können nur gemäß § 606 Abs. 1 ZPO n.F. qualifizierte Einrichtungen (Verbraucherverbände) die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zwischen Verbrauchern und einem Unternehmer begehren. Den Rechtsstreit zur Höhe des individuellen Anspruchs müssen die einzelnen Verbraucher später selbst führen.