»Beim Fotografieren bin ich nur Auge« Gespräch mit Fotograf Rudi Meisel am 25.8. in der SLUB Dresden

17.08.2022, 16:04 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

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Aus der Serie „Autorast 1971“ © Deutsche Fotothek/ Rudi Meisel

Aus der Serie „Autorast 1971“ © Deutsche Fotothek/ Rudi Meisel

Am 25. August 2022 ist Rudi Meisel (*1949), wichtiger Vertreter bildjournalistischer Fotografie in Deutschland, zu Gast in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Bis 16. Oktober 2022 ist seine frühe Arbeit »Autorast 1971« in der Bib-Lounge zu sehen. Sie verdeutlicht bereits, wie sich in seinem fotografischen Schaffen präzise Beobachtung gesellschaftlicher Befindlichkeiten mit einer stets empathischen Herangehensweise verbindet.

Schon während seines Studiums arbeitete Rudi Meisel bildjournalistisch für Magazine wie Spiegel, Time oder Stern. Seit 1978 bereiste er regelmäßig als Bildjournalist die DDR, woraus zusammen mit der Journalistin Marlies Menge bis 1989 zahlreiche Reportagen für das ZEITmagazin entstanden. Langjährige Kooperationen verbinden ihn mit dem Grafikdesigner Otl Aicher und dem britischen Architekten Norman Foster. Sein besonderes Interesse gilt dem Ruhrgebiet und der Beobachtung des Straßenalltags in Ost und West.

Die Veranstaltung im Klemperer-Saal (Zellescher Weg 18, 01069 Dresden) und im Livestream beginnt um 19 Uhr, der Eintritt ist frei. Mit Photonews-Redakteurin Anna Gripp spricht Rudi Meisel über seine fotografische Praxis, sein dezidiertes Interesse an den Menschen, Themenschwerpunkte wie das Ruhrgebiet und die DDR sowie über das »Archiv der Fotografen« als Ort der Bewahrung und Aktivierung fotografischer Bestände. Das Werk Rudi Meisels wurde kürzlich in das »Archiv der Fotografen« der Deutschen Fotothek an der SLUB aufgenommen. Die Ausstellung kann vor dem Gespräch besichtigt werden. Die Bib-Lounge ist bis 19 Uhr geöffnet.

Rauchen, Lesen, Schlafen: Geschichten vom Rasten

Sommerzeit ist Reisezeit und reisen heißt immer auch unterwegs sein und rasten. Rund 50 Jahre ist es her, dass Rudi Meisel auf Rastplätzen an der A 3 südlich von Köln fotografierte, damals noch als Student an der Folkwangschule in Essen beim berühmten Otto Steinert. Doch in »Autorast 1971« ist bereits zu entdecken, was Rudi Meisel als Fotografen bis heute ausmacht: ein Ansatz, der ihn ganz nah an die Menschen herantreten lässt. Offen-interessiert, wahrt er doch beobachtende Distanz und hält fest, was sich im Rückblick nicht nur zu einer Situationsbeschreibung, sondern vielmehr zu einer zeitspezifischen Gesellschaftsstudie verdichtet.

Mit einem Weitwinkelobjektiv, »fast übergriffig nah«, wie er selbst sagt, gibt Meisel Einblick in das, was Paare, Familien oder Einzelreisende in Unterbrechung ihrer Fahrt tun. Rast bedeutet damals wie heute essen, rauchen, lesen, entspannen und schlafen. Die Mikrogeschichten entstehen über die Definition des Bildausschnitts, über das, was darin in durchdachter Komposition auch formal zusammengeführt wird. So ist der an sich banale Durchgangsort in den Schwarzweißaufnahmen Schauplatz zeitlos anmutender menschlicher Bedürfnisse.

Fotograf Rudi Meisel: »Mich interessieren Menschen. Meine Annäherung ist wortlos, ich beobachte genau und suche meine Bilder mit den Augen, bis dahin weiß ich oft nicht, welche Sprache gesprochen wird. Beim Fotografieren bin ich nur Auge, bewege mich ruhig und bin immer als Fotograf zu erkennen, also mit einer Kamera in der Hand oder umgehängt. Niemals aus der Hüfte zu ,schießen‘ ist für mich eine Frage der Haltung, ich zeige offen, dass ich fotografieren will und trickse nicht rum. Selten erbitte ich eine Mail-Adresse, um ein Bild zu schicken.«

Die Kuratorin der Ausstellung und des Archivs der Fotografen, Agnes Matthias: »Die Serie ,Autorast 1971‘ passt thematisch perfekt zur Bib-Lounge als einem Ort der Pause. Durch Perspektive und Ausschnitt hat Rudi Meisel in jedem Bild eine eigene kleine Geschichte angelegt. Und beim Betrachten merken wir: Die Leute von 1971 sind uns in ihrem Verhalten überraschend ähnlich. Und dazu trägt ganz sicher Rudi Meisels einfühlsamer, den Menschen vor seiner Kamera immer freundlich gestimmter Blick bei.«

FOTOTHEK.spotlight #2 – »Beim Fotografieren bin ich nur Auge«. Rudi Meisel und Anna Gripp im Gespräch
Donnerstag, 25.08.2022 19:00 Uhr
Klemperer-Saal, SLUB Zentralbibliothek, Zellescher Weg 18, 01069 Dresden
Und im Livestream bei YouTube: https://youtu.be/7wOEaH5QiWQ

FOTOTHEK.spotlight ist eine Veranstaltungsreihe, mit der die Deutsche Fotothek Einblick in ihre vielfältigen Aktivitäten gibt. Vor Ort in der SLUB, zu Gast bei Partnerinstitutionen und im Livestream laden wir in lockerer Folge zum Austausch über aktuelle Themen und Fragen rund um die Fotografie ein.


Kontakt

Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden

Pressesprecherin Annemarie Grohmann
Telefon: +49 351 4677 342
E-Mail: Annemarie.grohmann@slub-dresden.de
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