2. Sozialbericht für Sachsen: Positive Entwicklung bei Beschäftigung und Kinderbetreuung – Einkommen und Pflege bleiben Herausforderungen

06.12.2022, 13:05 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Ministerin Köpping: »Sachsen in seiner Substanz gestärkt und widerstandsfähiger, um auch schwierige Zeiten zu überstehen«

Die soziale Lage der Sachsen hat sich zwischen 2005 und 2019 in vielen Bereichen gebessert. An einigen Stellen geschah dies aber auf einem niedrigen Niveau, das nicht ausreicht. Familien profitieren von guten Betreuungsmöglichkeiten. Die Bevölkerung nimmt zwar – außer in den Großstädten – weiter leicht ab. Von »abgehängten Regionen«, in denen sich alles negativ entwickelt, kann jedoch keine Rede sein. Dafür ist Sachsen zu dicht besiedelt und die sozialen Lagen sind sehr heterogen und zum Teil von Gemeinde zu Gemeinde recht unterschiedlich. Bei den Einkommen verweilte Sachsen trotz Steigerungen aber auf einem niedrigen Niveau. Die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen nahm dagegen sogar noch zu. Das sind wesentliche Ergebnisse der 2. Sächsischen Sozialberichterstattung, die heute durch das Kabinett verabschiedet wurde. Untersuchungszeitraum war 2005 bis 2019.

Sozialministerin Petra Köpping: »Sachsen ist in seiner Substanz gestärkt geworden. Das ändert nichts an den Problemen durch die aktuelle Krise, die besonders viele Menschen mit kleinen oder keinem Einkommen trifft. Aber es macht uns insgesamt widerstandsfähiger, um auch schwierige Zeiten zu überstehen. Die Datenlage zeigt zudem, dass unser Netz an sozialen Beratungs- und Unterstützungsleistungen sowie Hilfen für Bedürftige nicht nur gebraucht wird, sondern auch den Zusammenhalt in der Not stärken kann.«

Handlungsbedarf gibt es gleichwohl in einigen Bereichen:

Die Pflege bleibt weiterhin ein zentrales Aufgabenfeld. Aufgrund der demografischen Entwicklung entsteht hier ein zunehmender Personalbedarf. Die Zahl der Pflegebedürftigen hat sich allein zwischen 2005 und 2019 auf rund 251.000 verdoppelt. Der starke Anstieg resultiert auch aus der Umstellung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Jahr 2017 und der damit einhergehenden Erweiterung der Gruppe der Leistungsberechtigten. Bis 2035 wird eine weitere Zunahme auf rund 282.500 Pflegebedürftige prognostiziert. 8810 zusätzliche Pflegeplätze in vollstationären Pflegeeinrichtungen müssten bis zum Jahr 2035 geschaffen werden, um das Versorgungsniveau von 2019 beibehalten zu können. Auch dadurch wird bereits bis 2030 ein Mehrbedarf (im Vgl. zu 2017) von 12.800 Vollzeit-Pflegekräften insgesamt in der ambulanten und stationären Pflege erwartet. Positiv: Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen in der Altenpflege ist in Sachsen zwischen 2005 und 2020 deutlich angestiegen. 2020 beendeten insgesamt 1.215 Altenpflegeschüler ihre Ausbildung in Sachsen.

Der Rückgang der Bevölkerung hat sich in Sachsen abgeschwächt. Der Wanderungssaldo ist sogar wieder positiv. Das heißt, es sind mehr Menschen zu- als weggezogen. Die regionalen Unterschiede sind allerdings weiterhin groß. Während Dresden und Leipzig bei der Bevölkerung zulegen, verlieren Landkreise wie Görlitz, der Erzgebirgskreis oder der Vogtlandkreis nach wie vor deutlich.

Die Kinder-Betreuungssituation hat sich weiter verbessert – und somit auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das wiederum erhöht die Haushalteinkommen, weil häufig beide Eltern arbeiten. Die Kinderbetreuungsquote bei den 1- bis unter 3-jährigen stieg in Sachsen von 48 Prozent im Jahr 2006 auf 76 Prozent im Jahr 2020 und lag damit deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 51 Prozent. Jeder zweite Vater geht hierzulande in Elternzeit, Sachsen ist damit bundesweit Spitzenreiter bei der so genannten »Väterbeteiligung«.

Der Anteil der erwerbstätigen Alleinerziehenden stieg zwischen 2005 und 2019 von knapp 62 Prozent auf fast 81 Prozent an. Die Arbeitslosengeld-II-Bezugsquote hat sich hier seit 2006 halbiert. Häufig sind Alleinerziehende jedoch in niedrig bezahlten Arbeitsverhältnissen beschäftigt.

Die Arbeitslosigkeit sank von 18,3 Prozent in 2005 auf 5,5 Prozent in 2019. Die gute Arbeitsmarktlage hat im Wesentlichen auch Corona überdauert, v. a. dank des Kurzarbeitergeldes. Insgesamt stieg durch die hohe Erwerbstätigkeit das Haushaltseinkommen zum Teil recht deutlich. Das mittlere monatliche Nettoeinkommen bei Erwerbstätigen erhöhte sich von 915 Euro in 2005 auf 1.479 Euro in 2019. Ein Grund für den Anstieg der Einkommen der erwerbsfähigen Bevölkerung ist, dass der Anteil der Paare, bei denen beide erwerbstätig sind, seit 2006 gestiegen ist. Es ist allerdings im Kontext zu beachten, dass das Lohnniveau in Sachsen insgesamt weiterhin sehr niedrig war. So lagen noch 2018 mindestens die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten unterhalb des aktuellen Mindestlohns von 12 Euro.

Auch wenn Sachsen im Bundesvergleich bei der Ungleichheit der Einkommen und Vermögen auf den letzten Plätzen liegt, sind diese dennoch im Freistaat gestiegen. Das liegt u.a. besonders daran, dass Menschen mit einem höheren Einkommen stärker von der wirtschaftlichen Entwicklung profitierten als Menschen mit einem geringen Einkommen. »Das ist die falsche Richtung. Es müssen besonders die Löhne »von unten« angepasst werden. Der Mindestlohn wird da hoffentlich Druck aufbauen. Wer arbeitet, muss jetzt und im Ruhestand ohne Sozialhilfe davon leben können. Elementar ist aber vor allem eine steigende Tarifbindung«, bewertet Staatsministerin Köpping.

Staatsministerin Petra Köpping abschließend: »Der Bericht gibt uns ein realistisches Lagebild und zeigt Handlungsbedarf auf. Gerade im Bereich der sozialen Sicherheit – also gute Arbeitsplätze mit anständigen Einkommen – gibt es Entwicklungen in zu kleinen Schritten. Jetzt stehen die für uns in Sachsen sehr wichtigen Reformen der Pflegeversicherung und der Krankenhausreform an. 52.000 Beschäftigten in der Pflege stehen derzeit rund 251.000 Pflegebedürftigen gegenüber. Der Bedarf an Pflegekräften wächst deutlich. Wir müssen die Infrastruktur stärken, weil die Menschen und ihre Gesundheit davon abhängen. Erste Schritte wurden schon gegangen. Wir brauchen Zuwanderung besonders in Pflege- und Gesundheitsberufen, Tarifbindung und wir unterstützen ausbildende Pflegeeinrichtungen – speziell deren Praxisanleiter mit einer Beratungsstelle Pflegeausbildung. Kinder und Familien werden weiter besonders unterstützt, beispielsweise durch Schulsozialarbeit und das Programm »Aufholen nach Corona«.

Hintergrund

Der 2. Sozialbericht führt die erste Fassung von 2019 fort. Mit dem Ziel, eine strategische Sozialplanung für Sachsen zu unterstützen, wurde die Beschreibung der sozialen Lage in den Kreisfreien Städten Chemnitz, Leipzig und Dresden sowie den zehn Landkreisen Sachsens fortgeschrieben und um eine kleinräumige Analyse auf Ebene der 416 kreisangehörigen Gemeinden ergänzt. Zudem wurden erstmals die Beziehungen zwischen den sächsischen Städten und ihrem Umland intensiver betrachtet. Untersuchungszeitraum war 2005 bis 2019. Die Erarbeitung des Berichtes wurde durch einen Experten-Beirat unter Vorsitz von Prof. Dr. Dr. hc Karl-Heinz Paqué (Universität Magdeburg) begleitet. Dem Beirat gehörten unter anderem Abgeordnete aller Fraktionen des Sächsischen Landtages sowie der kommunalen Ebene an.

Den 2. Sozialbericht sowie weitere Informationen finden Sie hier:
https://www.sms.sachsen.de/sozialberichterstattung-2022.html


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Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Pressesprecherin Juliane Morgenroth
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