Überbau durch Wärmdämmung zulässig
13.12.2022, 13:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Kabinett beschließt Änderung des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes und weiterer Vorschriften mit Bezug zur Justiz in den Landtag einzubringen.
Das Sächsische Kabinett beschloss heute die Änderung des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes und weiterer Vorschriften mit Bezug zur Justiz in den Landtag einzubringen. Die durch das Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung vorgeschlagenen Änderungen im Sächsischen Nachbarrechtsgesetz haben zum Ziel, den Klimaschutz durch Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebereich zu fördern. Die heute beschlossenen Regelungen ermöglichen, dass die Eigentümerin oder der Eigentümer eines Grundstücks unter bestimmten Voraussetzungen zur Duldung von Dämmmaßnahmen an benachbarten Gebäuden verpflichtet werden kann, auch wenn die Wärmedämmung in das Grundstück der Nachbarn hineinragt. Die verbesserten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Energieeffizienz im Gebäudebereich bilden einen Baustein des im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ziels der Förderung des Klimaschutzes.
Justizministerin Katja Meier: »Wer in Sachsen sein Haus dämmen möchte, kann nun in den meisten Fällen dafür die Grundstücksgrenze zum Nachbarn überschreiten. Der Entwurf des neuen Nachbarschaftsrechts trägt zum Klimaschutz bei und begünstigt zugleich mehr Rechtsfrieden zwischen Nachbarn. Ich freue mich, dass das Kabinett heute beschlossen hat die Änderung des Nachbarrechtsgesetzes dem Landtag zuzuleiten. Angesichts von Klimaschutzvorgaben für Gebäude wird den Regelungen künftig eine große Bedeutung zukommen. Der Gebäudebereich ist eine zentrale Stellschraube für eine Reduktion unseres Energieverbrauches.«
Im Mittelpunkt der Gesetzesänderung steht die Einführung einer gesetzlichen Duldungspflicht beim Wärmeschutzüberbau im Sächsischen Nachbarrechtsgesetz. Wird an die Außenwand eines an der Grenze stehenden Gebäudes eine Wärmedämmung angebracht, haben die Eigentümerin oder der Eigentümer des belasteten Grundstücks den sich daraus ergebenden Überbau zu dulden, wenn er öffentlich-rechtlich, also insbesondere baurechtlich, zulässig ist. Dabei wird sichergestellt, dass der Eingriff in die Rechte der Eigentümerin oder des Eigentümers verhältnismäßig ist. Um den grundrechtlich geschützten Interessen ausreichend Rechnung zu tragen, sind deutliche Einschränkungen der Duldungspflicht vorgesehen. So entsteht die Duldungspflicht nur, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung mit vertretbarem Aufwand nicht auf andere Weise schonender erreicht werden kann und der Überbau die Nutzung des Nachbargrundstücks mehr als nur geringfügig beeinträchtigt. Ausgeschlossen sein soll die Duldungspflicht insbesondere dann, wenn die Eigentümerin oder der Eigentümer entweder bereits den Grenz- oder grenznahen Bau baurechtlich nicht hinzunehmen hat oder die Anbringung eines entsprechenden Wärmeschutzes bereits bei Errichtung des Gebäudes üblich war. Die berechtigten Belange der Eigentümerin oder des Eigentümers werden flankierend durch eine Entschädigungsregelung, einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch sowie eine Erhaltenspflicht der begünstigten Nachbarin oder des begünstigten Nachbarn geschützt.
Der vom sächsischen Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht darüber hinaus eine Anpassung des Sächsischen Richtergesetzes an die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Parlamentsvorbehalt im dienstlichen Beurteilungswesen vor. Gleichzeitig wird eine Ermächtigungsgrundlage aufgenommen werden, um die derzeit in der Verwaltungsvorschrift für die Beurteilung der Richter und Staatsanwälte enthaltenen weitergehenden Regelungen zur Beurteilung dieses Personenkreises zukünftig durch Rechtsverordnung regeln zu können.
Der Entwurf wurde bereits am 23. August 2022 vom Kabinett zur Anhörung freigegeben. Vor dem Hintergrund, dass mit dem jeweiligen Neuerlass nicht das Ziel einer umfänglichen Gesamtrevision verfolgt wird, wurde der Entwurf im Ergebnis der Anhörung insbesondere in redaktioneller Hinsicht geringfügig überarbeitet.
Der Gesetzentwurf wird nun in den Landtag eingebracht.