Geschäftsbericht 2022 der ordentlichen Gerichtsbarkeit des Freistaates Sachsen vorgestellt
29.06.2023, 15:59 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Digitalisierung schreitet voran / weiterhin starke Belastung durch "Diesel-Abgas-Verfahren"/ Generationenwechsel und Nachwuchsgewinnung bleiben die zentrale Zukunftsthemen
Der Präsident des Oberlandesgericht Dresden, Dr. Leon Ross, hat auf der Jahrespressekonferenz am 29. Juni 2023 den Geschäftsbericht für das Jahr 2022 vorgestellt: »Auch im Jahr 2022 hat die die sächsische Justiz bewiesen, dass sie den Herausforderungen der Zeit sehr gut gewachsen ist. Die letzten Monate der Corona-Pandemie, die Umstellung auf die elektronische Aktenführung und auch die Anforderungen an die Personalplanung und Nachwuchsgewinnung in einer von Arbeitskräftemangel geprägten Zeit sind von allen Justizmitarbeiterinnen und -mitarbeitern mit großem Engagement bewältigt worden. Die Digitalisierung der Justiz ist wieder ein großes Stück vorangekommen, die elektronische Verfahrensakte ist bei allen Zivilgerichten und auch bereits in einigen anderen Rechtsgebieten längst Alltag geworden. Dem großen Einsatz und Können der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte ist es zu verdanken, dass die anstrengende und äußerst arbeitsaufwändige Umstellungsphase erfolgreich verläuft.
Die Eingänge in Zivilsachen beim Oberlandesgericht sind gegenüber dem Vorjahr annähernd gleich geblieben, 41 % der Neueingänge waren Diesel-Abgas-Verfahren. Bei den Landgerichten sind rund 6 %, bei den Amtsgerichten etwa 10 % weniger Zivilsachen eingegangen als im Jahr 2021. In Familiensachen, die bei den Amtsgerichten und dem Oberlandesgericht verhandelt werden, blieben die Eingangszahlen bei den Amtsgerichten annähernd gleich, beim Oberlandesgericht gingen sie um 10 % zurück.
In Strafsachen sind bei allen Gerichten die Eingänge spürbar zurückgegangen, insgesamt um etwa 10 %.
Die Zahl der eröffneten Insolvenzverfahren ist nach deutlichen Anstiegen im Vorjahr leicht zurückgegangen, liegt aber immer noch über den Werten für 2019 und 2020.
Zurückgegangen ist wiederum die Zahl der den Gerichtsvollziehern erteilten Zwangsvollstreckungsaufträge, hier gab es eine Verringerung um rund 19 %. Die Zahl der Räumungsaufträge ist dagegen leicht angestiegen.
Die Digitalisierung der Justiz schreitet mit großen Schritten voran. Die elektronische Akte, die bis zum 1. Januar 2026 in allen gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren geführt werden muss, ist inzwischen bei allen Zivilgerichten eingeführt. In Familiensachen wird die Einführung bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. In anderen Abteilungen wird die elektronische Akte derzeit pilotiert; in Strafsachen soll in Zusammenarbeit mit der Polizei im Herbst 2023 mit der Pilotierung begonnen werden.
Mobiles Arbeiten hat in der Corona-Pandemie die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erleichtert und ist auch nach deren Ende fester Bestandteil der gerichtlichen Arbeitswelt geblieben. Die Zahl mündlicher Verhandlungen, die per Video durchgeführt werden, hat sich 2022 weiter erhöht. Die technische Ausstattung der Gerichte hinkt allerdings den Erfordernissen hinterher.
Generationenwechsel und Nachwuchsgewinnung sind weiterhin besonders wichtige Themen für die sächsische Justiz:
In den nächsten acht Jahren werden in der ordentlichen Gerichtsbarkeit mehr als die Hälfte aller Richter/innen in den Ruhestand eintreten. Die Arbeitsfähigkeit der Gerichte und damit die hohe Qualität unserer Rechtsprechung kann nur erhalten bleiben, wenn diese Kolleginnen und Kollegen rechtzeitig durch hochqualifizierte junge Juristinnen und Juristen ersetzt werden, die außerdem noch vom Erfahrungswissen ihrer Vorgänger profitieren sollen. Gegenwärtig sind 53 Proberichter/innen an den sächsischen Land- und Amtsgerichten tätig. Angesichts der zahlreichen bevorstehenden Altersabgänge gilt es, die Zahl junger Richter/innen weiter erheblich zu erhöhen.
Auch in den anderen Laufbahnen der Justiz ist die Gewinnung gut ausgebildeten Personals von größter Bedeutung. Derzeit absolvieren 105 Rechtspflegeranwärter/innen und 132 Justizsekretäranwärter/innen den Vorbereitungsdienst, ein weiterer Ausbau ist in Vorbereitung.
Zum 1. Januar 2023 sind bei den 25 Amtsgerichten, fünf Landgerichten und dem Oberlandesgericht Dresden 772 Richter/innen, 731 Rechtspfleger/innen, 126 Sozialarbeiter/innen, 1.603 Mitarbeiter/innen der Geschäftsstellen und Schreibkanzleien sowie 323 Justizwachtmeister/innen tätig.
Weitere Einzelheiten zur Geschäftsstatistik der ordentlichen Gerichtsbarkeit 2022 und ein Ausblick auf die Personalstrukturentwicklung sind auf der Homepage des OLG Dresden (www.justiz.sachsen.de/olg/) unter »Das Oberlandesgericht« – »Jahresstatistik 2022« abrufbar.