Sanierung des Bergbaustandortes »Martin Hoop IX« in Mülsen
30.06.2023, 11:15 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Oberbergamt schließt weiteres Sanierungsprojekt im EFRE-Vorhaben »Prävention von Risiken des Altbergbaus« ab
Am 21. Juni 2023 erfolgte die formelle und mängelfreie Abnahme des im August 2020 begonnenen Teilprojektes »Abbruch und Rückbau der übertägigen Betriebsgebäude und -anlagen am Standort Martin Hoop IX« in Mülsen. Damit hat das Sächsische Oberbergamt ein weiteres Sanierungsprojekt im Vorhaben »Prävention von Risiken des Altbergbaus« der Europäischen Union und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) abgeschlossen. Die Projektkosten werden rund 4,0 Mio. € betragen. Für die EFRE-Vorhaben stehen dem Oberbergamt als Projektträger im Zeitraum von 2014 bis 2023 insgesamt 57,7 Mio. Euro zur Verfügung. Damit werden in Sachsen zahlreiche Altbergbauprojekte vor allem im Erzgebirge und in den ehemaligen Steinkohlerevieren finanziert. Diese Sanierungsarbeiten werden mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.
Der Schacht Martin Hoop IX wurde in Mülsen in den Jahren von 1953 bis 1956 als Material- und Wetterschacht bis in eine Tiefe von 1047 m unter die Tagesoberfläche abgeteuft. In dieser Zeit wurden auch die umfangreichen übertägigen Betriebsanlagen, wie Kompressorengebäude, Trafostation, Verwaltungs- und Kauengebäude, an der Vettermannstraße errichtet. Im Zuge der Einstellung des Steinkohlenbergbaus im Zwickauer Revier wurde der Schacht in den Jahren 1978/79 mit Bergemassen, Abbruchmaterial und Flugasche verfüllt sowie mit einer Stahlbetonplatte abgedeckt. Diese Verfüllsäule sackte im Laufe der Zeit nach, wodurch tagesnahe Hohlräume und damit Risiken für die Tagesoberfläche entstanden. Die Betriebsgebäude und -anlagen der ehemaligen Schachtanlage waren größtenteils ungenutzt und in einem baufälligen Zustand. Bei vielen Gebäuden bestand das Risiko von Mauerwerksabbrüchen und Dacheinbrüchen und sogar vom Einsturz einzelner Gebäudeteile. Beim unbefugten Betreten des Geländes, welches sich in die Ortslage von Mülsen eingliedert, waren Gefahren durch Absturz in offene Keller und Gruben gegeben.
Grundlage für die Sanierung des ehemaligen Betriebsgeländes waren naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen wie die Ertüchtigung des alten Pumpenhauses zum Fledermausersatzquartier sowie die Errichtung eines Zauneidechsenquartiers und von Benjeshecken auf dem Haldenplateau. Diese Maßnahmen wurden während der Sanierungsmaßnahme im Randbereich des Betriebsgeländes umgesetzt und durch eine ökologische Bauüberwachung begleitet.
Am Beginn der Sanierungsarbeiten und als Vorbereitung für den Abbruch standen die Beräumung von Müll und die Entrümpelung von verbliebenen Inventar der Betriebsgebäude. Im Anschluss folgte die Schadstoffsanierung und vollständige Entkernung der Gebäude. Dabei wurden schadstoffhaltige Bauteile, wie Dämmungen, Isolierungen, Kabel und Leitungen, Leuchtmittel und Asbestprodukte unter Beachtung der entsprechenden Schutzmaßnahmen zurückgebaut. Diese Materialien und Abfälle wurden sofort verpackt und in bereitgestellten Container gelagert. Die Entkernung umfasste die Demontage von Fenstern, Türen, Sanitäreinrichtungen sowie haustechnischer Anlagen etc.
Nach der Freigabe wurden die Gebäude mittels Baggertechnik abgerissen und im Rahmen der Tiefenenttrümmerung alle Keller, Fundamente und unterirdischen Leitungskanäle zurückgebaut.
Das verglaste und 34 m hohe Fördergerüst des Schachtes Martin Hoop IX wurde am 03.03.2021 gesprengt. Das Fördergerüst aus Stahlbeton kippte genau nach Süden in das vorbereitete Fallbett. Die Sprengung verlief wie geplant und verursachte keine Erschütterungen oder Schäden.
Während der Bauausführung wurden insbesondere im südlichen Teil des ehemaligen Betriebsgeländes umfangreiche sowie vor allem sehr tiefreichende und massive Fundamente und Kanäle angetroffen, die nicht bekannt waren. Da diese ebenfalls eines fachgerechten Rückbaus bedurften, ergab sich hierdurch ein erheblicher Mehraufwand sowie letztendlich eine Bauzeitverlängerung und Kostensteigerung. Zugleich mussten abgelagerter Bauschutt und schadstoffbelasteter Boden im Bereich der Baugruben gewonnen und entsorgt werden.
Alle angefallenen Materialien und Abfälle sowie belasteter Boden wurden sortenrein separiert, nach Haufwerken getrennt und anschließend einer Verwertung bzw. ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt.
Für die Verfüllung der entstandenen Baugruben sowie zur Wiederherstellung des Geländes wurde geeigneter Füllboden der Zuordnungsklasse Z0 (unbelastet) genutzt. Als abschließende Maßnahme kam die Fassung und geordnete Ableitung der Niederschlags- und Oberflächenwässer zur Ausführung. Zugleich wurde die ehem. Betriebsfläche durch eine Rasenansaat begrünt, um Erosionen und Ausspülungen sowie Verwehungen von Staub zu vermeiden.
Mit dem Abschluss des Teilprojektes »Abbruch und Rückbau der übertägigen Betriebsgebäude und -anlagen« konnten die vom ehemaligen Betriebsgelände »Martin Hoop IX« ausgehenden Gefahren vollständig beseitigt werden. Die Vorhabenziele, die altbergbaulich bedingten Risiken zu reduzieren und somit negative Beeinträchtigungen auf die Flächen sowie für die Nutzung und insbesondere Gefahren für Personen zu verhindern, wurden mit der Umsetzung des Projektes erreicht. Es wurde eine sichere und nachsorgefreie Fläche geschaffen. Zugleich konnte die Zugänglichkeit zum Schacht Martin Hoop IX einschließlich des Wetterkanals hergestellt und somit die Grundlagen für die Verwahrung des Schachtes geschaffen werden.
Bei dem Teilprojekt »Verwahrung des Schachtes Martin Hoop IX« konnten die ingenieurtechnischen Planungsleistungen nach den Leistungsphasen der HOAI bis zur Ausführungsplanung sowie der Vorbereitung der Vergabe ausgeführt und abgeschlossen werden. Innerhalb des EFRE-Vorhabens erfolgte der Abschluss dieses Teilprojektes als Planungsprojekt.
Die bautechnische Umsetzung zur Verwahrung des Schachtes begann im Juni 2023 und wird ausschließlich über den Haushalt des Sächsischen Oberbergamtes als Nachfolgeprojekt zum EFRE-Vorhaben finanziert.