Niedriglohnsektor in Sachsen schrumpft weiter dank Mindestlohn
11.07.2023, 15:03 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Arbeitsminister Dulig: »Deutliche Erhöhung des Mindestlohns nötig«
Der Niedriglohnsektor in Sachsen hat sich Dank der Erhöhung des Mindestlohns im vergangenen Oktober auf 12 Euro brutto je Stunde weiter verkleinert. Nach Angaben des Statistischen Landeamtes arbeitete knapp jede und jeder sechste abhängig Beschäftigte (17 Prozent) in Sachsen im Oktober 2022 im Niedriglohnsektor. Mit 290.000 Beschäftigungsverhältnissen unterhalb der Niedriglohnschwelle von 12,76 Euro brutto pro Stunde waren das 110.000 weniger als noch im April 2022.
Sachsens Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Dulig: "Weniger Menschen im Niedriglohnsektor sind eine gute Nachricht! Seit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns 2015 in Sachsen hat sich für viele Menschen auf dem Gehaltszettel spürbar etwas verbessert. Das ist auch eine Frage des Anstands und des Respekts."
"Wir alle wissen aber, dass angesichts der steigenden Preise die höheren Löhne aufgefressen werden. Es braucht daher eine Grenze, die auch tatsächlich ein Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist. Mit einer Erhöhung auf 12,41 Euro pro Stunde ab 2024 schaffen wir das nicht. Der Mindestlohn muss stärker steigen! Der aktuelle Vorschlag wurde erstmals nicht im Konsens beschlossen. Das ist nicht gut."
Die Mindestlohnkommission besteht aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern, sie wird wissenschaftlich beraten. Sie muss sich an der Entwicklung der Tariflöhne orientieren - viele sind jüngst stark erhöht worden, in einigen Branchen wird noch verhandelt. Die Arbeitnehmervertreter waren gegen die in ihren Augen zu geringe Anhebung, wurden aber in der Kommission überstimmt. Die Mehrheit der Mindestlohnkommission hatte den Anstieg des Tarifindex auf den Wert der letzten Entscheidung der Mindestlohnkommission von 10,45 Euro angewandt. "Damit haben die Arbeitgeber dem Geist des Gesetzes widersprochen, das mit der Anhebung auf 12 Euro pro Stunde den Mindestlohn auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben hatte", so Minister Dulig.
Martin Dulig appelliert an die Arbeitgeber in der Mindestlohnkommission, die existenzsichernde Funktion des Mindestlohns anzuerkennen und zum Prinzip der Sozialpartnerschaft zurückzukehren. Nur so könne die Akzeptanz des Mindestlohns im Tarifgefüge gesichert werden.
Minister Dulig: "Es geht nicht nur um Respekt: Weder hat sich die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes noch seine Anhebung als wettbewerbsfeindlicher ‚Jobkiller‘ erwiesen. Im Gegenteil: In Zeiten des Ringens um Fachkräfte, besonders in Sachsen, geht es vielmehr um gute Arbeitsbedingungen und dabei gerade auch um gute Mindest- und Tarifvergütungen", so der Minister weiter. "Der gesetzliche Mindestlohn ist und bleibt eine Untergrenze. Um aber den Niedriglohnsektor weiter zurückzudrängen, ist eine weitaus höhere Tarifbindung in Sachsen notwendig, für die ich seit Jahren eindringlich werbe. Gerade in Zeiten hoher Inflation und hoher Energiepreise muss sich auch der Lohn nach oben entwickeln."
Hintergrund
Nach Angaben des Statistischen Landeamtes arbeitete knapp jede und jeder sechste abhängig Beschäftigte (17 Prozent) in Sachsen im Oktober 2022 im Niedriglohnsektor. Hierunter fallen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren bundesweiten Stundenverdienstes entlohnt werden. Die Niedriglohnschwelle lag bei 12,76 Euro brutto je Stunde
Zum Niedriglohnsektor zählen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes (also brutto 12,76 Euro je Stunde im Oktober 2022 beziehungsweise 12,50 Euro je Stunde im April 2022) entlohnt wurden. Auszubildende wurden bei dieser Analyse ausgeschlossen.