Rede von Staatsministerin Petra Köpping im Sächsischen Landtag

31.08.2023, 15:59 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Rede von Staatsministerin Petra Köpping im Sächsischen Landtag bei der Sondersitzung auf Antrag der AfD-Fraktion am 31. August 2023

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
die Ruhe und die Vernunft in einer solchen Situation zu bewahren, ist nicht leicht. Doch daran bemisst sich auch die Frage, wer wie mit seiner ihm gegebenen Verantwortung umgeht.

Daher die Fakten, wie Sie sich für das Sozialministerium darstellen:

Der Rechnungshof hat den Vollzug der Richtlinie »Integrative Maßnahmen« in den Jahren 2016 bis 2019 äußerst intensiv geprüft. Die Prüfung selbst ist abgeschlossen, das Verfahren jedoch noch nicht. Über die Art und den Zeitpunkt der Veröffentlichung der abschließenden Prüfergebnisse bestimmt allein der Rechnungshof. Daher kann ich hier für die Staatsregierung zu inhaltlichen Punkten keine Stellung nehmen. Zusammenfassend kann ich jedoch festhalten, dass der Rechnungshof im Rahmen des bislang internen Prüfungsverfahrens umfangreiche Kritik an der Konzeption und dem Vollzug der Richtlinie Integrative Maßnahmen in den Jahren 2016 bis 2019 übt. Dieses Prüfergebnis wiegt schwer. Dass es im damaligen Geschäftsbereich Gleichstellung und Integration (SMGI) nicht gelungen ist, die Rechtmäßigkeit des Förderverfahrens in allen seinen Phasen und zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen, bedaure ich sehr. Und mein Haus und ich stellen uns der Verantwortung! Denn wir haben ein großes Interesse an einem ehrlichen, offenen und klaren Umgang mit der Situation.

Deshalb haben wir:

  • Erstens: unsere abschließende und umfangreiche Stellungnahme schon gestern, deutlich vor der vom Rechnungshof gesetzten Frist, abgegeben.
  • Zweitens: schon seit 2017 und - erst recht in den letzten Monaten - zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um den Vollzug zu verbessern. Wir haben die Richtlinie mehrfach überarbeitet. Wir haben Anwendungshinweise erlassen. Wir haben unser Personal umfassend fortgebildet und aufgestockt, wir haben eine umfangreiche Gefährdungs- und Risiko-Analyse im gesamten Ministerium durchgeführt und die Entscheidungsdokumentation sichergestellt.
  • Und deshalb sind wir drittens gerade dabei, gemeinsam mit dem Rechnungshof eine grundsätzliche Novellierung der Förderrichtlinie und des Förderkonzeptes zu erarbeiten. Diese Novellierung läuft seit Jahresbeginn und steht kurz vor ihrem Abschluss.

Mit all diesen Maßnahmen haben wir alles dafür getan, um die Rechtmäßigkeit unseres Verwaltungshandelns sicherzustellen und den hohen Anforderungen des Rechnungshofs zu genügen. Denn natürlich muss man sich darauf verlassen können, dass geltendes Recht von der Verwaltung auch richtig angewandt wird.

Es ist aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ein ganz schmaler Grat zwischen schnellem und unbürokratischem Verwaltungshandeln auf der einen Seite und angreifbaren Unregelmäßigkeiten auf der anderen Seite – gerade in Sachsen! Erinnern wir uns mal bitte an die damalige Zeit, die jetzt geprüft wurde, an die Jahre 2015 und 2016 und folgende! Sachsen hatte damals binnen weniger Wochen zehntausende Geflüchtete aufgenommen und untergebracht. Bei mir, beim Ministerpräsidenten, bei uns allen haben sich jeden Tag Landräte und Bürgermeister gemeldet, Schulleiter, Kirchgemeinden und Vereine. Und die haben uns gesagt: Wir helfen, natürlich! Aber bitte, lieber Freistaat Sachsen, unterstütze uns dabei! Und das haben wir gemacht. Weil es getan werden musste!

Mit der schnell erarbeiteten, damals völlig neuen Förderrichtlinie Integrative Maßnahmen haben wir nicht nur dafür gesorgt, dass die Geflüchteten betreut und beraten werden konnten. Wir haben auch dafür gesorgt, dass unsere sächsische Gesellschaft, unsere Landkreise und Kommunen, unsere engagierten Bürgerinnen und Bürger unterstützt worden sind bei dieser schwierigen Aufgabe. Wir haben dafür gesorgt, dass in dieser Krise, in diesen turbulenten Zeiten, der soziale Frieden und der gesellschaftliche Zusammenhalt gewahrt blieb.

Wir alle gemeinsam haben damals das Richtige getan, davon bin ich zutiefst überzeugt.
Ja, auch uns war im Nachhinein klar: Wir haben damals nicht alles richtiggemacht. Eines aber kann ich ganz klar von uns, von meinem ganzen Haus und von Sebastian Vogel weisen: nämlich, dass parteipolitische oder persönliche Interessen bei unseren Förderverfahren eine Rolle gespielt haben. Die gesamte verleumderische Klaviatur, die die AfD gerade gespielt hat – Korruption, Clanstrukturen, Vetternwirtschaft – die weisen wir ganz deutlich zurück.
Niemand in unserem Hause, und da stehe ich voll und uneingeschränkt hinter allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, hat Bescheide verfasst und dabei bewusst gegen Recht verstoßen.

Niemand wollte rechtswidrige Bescheide erlassen. Es geht nicht einmal ansatzweise um strafbares Handeln. Sie haben das in der Presse gelesen: Der Rechnungshof hat sich vorsorglich an die Generalstaatsanwaltschaft gewandt und diese hat nach Prüfung, so die Presseverlautbarung, keinen Anhaltspunkt für strafbares Verhalten gefunden.
Die viel schlichtere Wahrheit ist: wir konnten aufgrund der turbulenten Zeit, aufgrund personeller Defizite und aufgrund der Neuartigkeit der Förderung nicht von Anfang an sicherstellen, dass die Verwaltungsprozesse in allen Aspekten ordnungsgemäß und rechtlich sauber ablaufen.

Dass wir das nicht sicherstellen konnten, schmerzt mich sehr. Denn das liefert den Feinden der offenen Gesellschaft in dem so wichtigen Feld der Integration Wasser auf ihre Mühlen.
Wir haben das Richtige getan. Aber wir haben es nicht immer richtig getan. Und weil ich, weil wir alle ein hohes Interesse an einem ehrlichen, offenen und klaren Umgang mit der Situation haben, erleben Sie hier auch kein Beschönigen, kein Aussitzen oder Wegwischen. Weder von mir noch von meinem Haus.

Denn an ganz oberster Stelle steht für uns, dass die Integration in Sachsen gelingt, dass die Aufgabe gut erledigt werden kann. Deshalb habe ich den Ministerpräsidenten darum gebeten, meinen Staatssekretär Sebastian Vogel von seinen Aufgaben zu entbinden und ihn in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Ich habe höchsten Respekt für seine Arbeit und bin ihm sehr dankbar dafür, dass er bei allen Vorhaben und Problemstellungen stets Lösungen gesucht hat. So konnten wir, so konnte der Freistaat Sachsen damals helfen, wo schnelle Hilfe nötig war! Mit den umfangreichen Maßnahmen in meinem Haus und mit der Übermittlung unserer abschließenden Stellungnahme an den Rechnungshof sind umfassende Konsequenzen aus dem Prüfungsverfahren gezogen.

Damit sind alle Voraussetzungen gegeben, damit wir die so wichtige Aufgabe der Integration wieder sachlich und konstruktiv bearbeiten können. Denn die Kommunen und die Ehrenamtlichen brauchen die Unterstützung, das ist ganz wichtig nicht nur für die Geflüchteten, sondern auch für uns alle hier in Sachsen, für die Bürgermeister vor Ort, für die Schulen und Betriebe, und für den sozialen Frieden hier in unserem Land.
Vor dieser Aufgabe stehen wir alle gemeinsam. Wie Sie wissen, befindet sich der Referentenentwurf zum Integrationsgesetz gerade in der öffentlichen Anhörung. Wir werden ihn dem Landtag noch in diesem Jahr zuleiten und ich bitte Sie schon jetzt um Unterstützung dafür.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Pressesprecherin Juliane Morgenroth
Telefon: +49 351 564 55055
Telefax: +49 351 564 55060
E-Mail: presse@sms.sachsen.de
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