IAB-Betriebspanel Sachsen 2022: Fachkräftesicherung ist Herausforderungen der Zeit – Übernahme von Auszubildenden auf Höchstwert

24.09.2023, 09:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Wirtschaftsminister Martin Dulig wirbt für mehr Weiterbildung

Die Ergebnisse des IAB-Betriebspanel Sachsen für das Jahr 2022 zeigen, dass sich die Beschäftigung im Freistaat positiv entwickelt hat. Der Anteil der Betriebe mit Personalzuwachs (28 Prozent) übersteigt den Anteil der Betriebe mit Personalabbau (19 Prozent). Große Herausforderungen sehen die Betriebe bei der künftigen Deckung ihres Fachkräftebedarfes. Mit 61 Prozent ging die Mehrheit der sächsischen Betriebe in der Befragung davon aus, dass es in den kommenden zwei Jahren schwierig werden wird, benötigte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen. Auch die Gewinnung von Arbeitskräften für einfache Tätigkeiten gestaltet sich zunehmend schwieriger.

Der Fachkräftebedarf lag 2022 wieder auf dem Niveau von 2019, Tendenz steigend. Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften konnte nur zum Teil gedeckt werden: etwa zwei von drei Betrieben hatten im Jahr 2022 unbesetzte Fachkräftestellen, insgesamt blieben 45 Prozent der sächsischen Stellen für qualifiziertes Personal unbesetzt. In Sachsen – genau wie in Ost- und Westdeutschland – stieg der Anteil damit auf einen neuen Höchstwert.

Eine wichtige Säule der Fachkräftesicherung sind betriebliche Weiterbildungsaktivitäten. Diese haben nach einem Einbruch während der Pandemie wieder deutlich zugenommen, erreichten jedoch bei Weitem noch nicht das Vorkrisenniveau. Zudem fordert die Einführung neuer digitaler Technologien und Verfahren regelmäßig einen erhöhten Weiterbildungsbedarf.

»In vielen Branchen werden Fach- und Arbeitskräfte gesucht. Neben Menschen, die wir außerhalb Sachsens gewinnen müssen, brauchen wir mehr Aus- und Weiterbildung, um die vorhandenen Fachkräftepotenziale in den Betrieben noch besser heben zu können«, so Wirtschafts- und Arbeitsminister Dulig. »Wirtschaft und Arbeitswelt ändern sich in den nächsten Jahrzehnten rasant. Der ökologische Umbau der Industriegesellschaft, aber vor allen Dingen auch die Digitalisierung, der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Wirtschaft und in der Arbeitswelt, werden dazu führen, dass sich in vielen Bereichen Tätigkeitsanforderungen auch an qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verändern. Unternehmen, die auf innovative Technologien setzen und ihre Beschäftigten für neue Tätigkeiten qualifizieren, können sie produktiver einsetzen und damit den Arbeitskräftebedarf senken.«

Eine weitere Säule der Fachkräftesicherung ist die betriebliche Ausbildung. Im Ausbildungsjahr 2021/2022 beteiligten sich mehr Betriebe an der Ausbildung und auch der Anteil der Betriebe mit angebotenen Ausbildungsplätzen hat sich im betrachteten Jahr deutlich erhöht. Allerdings zeigen sich auch in diesem Bereich Schwierigkeiten, die angebotenen Stellen zu besetzen: Die Hälfte der sächsischen Betriebe, die Ausbildungsplätze anboten, konnte diese nicht oder nicht vollständig besetzen; insgesamt blieb mehr als jeder dritte Ausbildungsplatz unbesetzt. Auch hier waren kleine Betriebe besonders von den Besetzungsschwierigkeiten betroffen. Die Schwierigkeiten, Fachkräfte zu gewinnen, ist eine Chance für die Betriebe, Auszubildende zu übernehmen: in Sachsen wurden vier von fünf Auszubildenden im Jahr 2022 übernommen und ein neuer Höchstwert erreicht.

Weitere Ergebnisse der Befragung

  • Auswirkungen des Krieges in der Ukraine

Die weitreichenden Folgen des Krieges in der Ukraine sind auch weiterhin in Sachsen zu spüren. Knapp die Hälfte der Unternehmen gaben an, vom Krieg in der Ukraine betroffen zu sein. Insbesondere durch die höheren Kosten für Energie und Treibstoff spüren viele Kleinstbetriebe einen Rückgang der Nachfrage. Der Bereich Handel und Reparatur hat weitreichende Probleme mit Logistik und Lieferanten.

  • Frauen in der Wirtschaft

Leitungsfunktionen wurden weiterhin überproportional häufig von Männern ausgeübt, in 38 Prozent aller sächsischen Betriebe waren Frauen an der Leitung beteiligt. Zwar gab es in drei Viertel aller sächsischen Betriebe im Jahr 2022 Teilzeitbeschäftigte, aber nur in etwa jedem fünften Betrieb konnte eine Führungskraft auch in Teilzeit tätig sein.

  • Digitalisierung

Sächsische Betriebe setzen eine Vielzahl neuer digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien oder digital gestützter Herstellungs- und Fertigungsverfahren ein. Besonders häufig handelte es sich dabei um die Einführung oder Umstellung digitaler Geschäftsprozesse (z. B. digitale Sachbearbeitung, digitales Rechnungswesen oder digitale Personalakte).

  • Tarifbindung und Betriebliche Interessenvertretung

Tarifverträge und Betriebsräte sind wichtige Säulen im bundesdeutschen System der Gestaltung von Arbeitsbedingungen. Die weiterhin geringe Tarifbindung in Sachsen ist unverändert, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass Tarifverträge nur bei einer Minderheit der Betriebe Anwendung finden. Tatsächlich orientiert sich ein nicht unerheblicher Teil der nicht tarifgebundenen Betriebe an geltenden Flächentarifverträgen. In Sachsen sind insgesamt 32 Prozent aller Beschäftigten in Betrieben mit Tarifvertrag und Betriebsrat tätig.

  • Verdienst

In Sachsen stieg der durchschnittliche Verdienst im Vorjahresvergleich um 250 Euro bzw. um fast 8 Prozent, in Westdeutschland um knapp 3 Prozent. Der Abstand bei Verdiensten von Beschäftigten zwischen Sachsen und Westdeutschland verringert sich weiter: Der Bruttodurchschnittsverdienst in Sachsen liegt bei rund 3.300 EUR je Vollzeitbeschäftigung, in Westdeutschland sind es 3.550 EUR je Vollzeitbeschäftigung (Ostdeutschland 3.240 Euro).

Hintergrund:
Das IAB-Betriebspanel stellt jährlich repräsentative Ergebnisse zur Lage auf dem sächsischen Arbeitsmarkt und zur Beschäftigungssituation aus der Perspektive der Betriebe zur Verfügung. Ausgewertet wurden Befragungsdaten von insgesamt rund 15.200 Betrieben bundesweit, darunter von rund 1.200 Betrieben aus Sachsen. Die Grundgesamtheit des IAB-Betriebspanels umfasst alle Betriebe, die mindestens eine sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bzw. einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben. Die Erhebung fand schwerpunktmäßig im dritten Quartal des Jahres 2022 statt. Die Analyse greift somit die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine in den Betrieben auf und beschäftigt sich mit dem Ausmaß der Betroffenheit. Der Bericht bildet zudem die Kernthemen »Struktur von Betrieben und Beschäftigung«, »Beschäftigungsentwicklung«, »Fachkräftebedarf«, »Betriebliche Aus- und Weiterbildung«, »Tarifbindung«, »Löhne und Gehälter« sowie »Investitionen und Innovationen« ab.


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Pressesprecher Jens Jungmann
Telefon: +49 351 564 80600
Telefax: +49 351 564 80680
E-Mail: presse@smwa.sachsen.de
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