Sachsen schafft moderne gesetzliche Regelung für Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Krankheiten

07.11.2023, 14:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Gesundheitsministerin Köpping: »Ambulant vor stationär muss noch konsequenter für den psychiatrischen Bereich gelten.«

Etwa 60.000 Menschen in Sachsen sind schwer psychisch krank. Auch deren Familien sind betroffen. Circa 150.000 Angehörige tragen eine enorme Last, 50 Prozent der Kinder von psychisch kranken Eltern entwickeln später selbst eine psychische Erkrankung. Psychische Erkrankungen stellen nicht nur eine hohe Belastung für die betroffene Person dar, sondern haben Auswirkungen auf das soziale und berufliche Umfeld und meist Folgen für die Teilhabe an Bildung, Arbeit und Gesellschaft.

Das bisher geltende Landesgesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Erkrankungen, welches im Wesentlichen aus dem Jahr 1994 stammt, wird nun aktualisiert, an die tatsächlichen Versorgungsstrukturen und modernen Grundsätze des psychiatrischen und psychosozialen Hilfesystems angepasst.

Die Sächsische Staatsregierung hat daher in ihrer heutigen Kabinettssitzung den Gesetzentwurf über die Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKHG) zur Anhörung freigegeben. Es soll das Sächsische Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Erkrankungen (SächsPsychKG) ablösen.

Staatsministerin Petra Köpping: »Zukünftig wird im Sächsischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz die Kooperation der ambulanten Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen noch mehr gestärkt. Betroffene sollen frühzeitig und koordiniert unterstützt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die wesentlichen Leistungserbringer von stationären, teilstationären und ambulanten psychiatrischen Angeboten Kooperationsvereinbarungen treffen. Damit streben wir eine sektorenübergreifende und personenzentrierte Versorgung der betroffenen Menschen im ambulanten psychiatrischen und psychosozialen Bereich an. Ziel ist es, die Zahl stationärer psychiatrischer Behandlungen zu vermindern. «

Das Gesetz nimmt eine inhaltliche Aktualisierung und Anpassung an die tatsächlichen Versorgungsstrukturen und modernen Grundsätze der psychiatrischen und psychosozialen des Hilfesystems für Menschen mit psychischen Erkrankungen in Sachsen vor. Dazu zählen z. B. die Aufnahme neuer Hilfeformen wie der Einsatz von Genesungsbegleitern und die explizite Berücksichtigung psychotherapeutischer und psychosomatischer Angebote. Zudem wird die Beteiligung der Patientinnen und Patienten und der Angehörigen betont.

Staatsministerin Köpping: »In den letzten Jahrzehnten haben wir schon vieles erreicht. Psychische Krankheiten müssen weiter entstigmatisiert werden und auch die Rechte der Menschen mit psychischen Erkrankungen geregelt sein. Mit diesem Gesetz wollen wir auch dafür eine Grundlage schaffen. Ich danke allen, die sich im Vorfeld an den Diskussionen beteiligt und wichtige Impulse und Perspektiven eingebracht haben.«

Nach der Anhörung soll der Gesetzentwurf mit einer zweiten Kabinettsbefassung Anfang 2024 dem Landtag zugeleitet werden. Ziel ist eine Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode.

Hintergrund:

Die Psychisch-Kranken-Gesetze bezeichnen die deutschen Landesgesetze, die die freiheitsentziehende Unterbringung psychisch kranker Menschen im Falle akuter Selbst- oder Fremdgefährdung in einem psychiatrischen Fachkrankenhaus regeln. Die öffentlich-rechtliche Unterbringung und freiwillige Hilfeleistung ist in Sachsen im Sächsischen-Psychisch-Kranken-Gesetz (SächsPsychKG) geregelt. Ebenso enthält das Gesetz Regelungen für den Maßregelvollzug (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt aufgrund strafgerichtlicher Entscheidung).

Im Koalitionsvertrag 2019-2024 wurde vereinbart, dass das SächsPsychKG, das im Wesentlichen noch aus dem Jahr 1994 stammt, evaluiert werden soll. Die Evaluation zeigte einen so hohen Novellierungsbedarf, dass auch dieses Vorhaben angegangen wurde. Dafür fand ein umfangreicher Beteiligungsprozess mit mehreren Workshops unter engagierter Mitwirkung von zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Organisationen, Verbände und der kommunalen Ebene statt.

Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben häufig auch Einschränkungen in der Realitätswahrnehmung, der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit. Dies kann in bestimmten Situationen zu Eigen- oder Fremdgefährdung führen, so dass die/der Betroffene selbst oder auch Dritte geschützt werden müssen.
In diesem Fall kann eine öffentlich-rechtliche Unterbringung gegen den natürlichen Willen der Person in einem psychiatrischen Krankenhaus notwendig werden (Grundrechtseingriff).

Für den Maßregelvollzug gilt ebenso wie für die öffentlich-rechtliche Unterbringung ein Behandlungs- und Therapieansatz. Maßgeblich geht es auch hier um die Behandlung einer psychischen Erkrankung oder einer Suchterkrankung, wodurch der betroffenen Person eine Freiheitsperspektive eröffnet wird.


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Pressesprecherin Juliane Morgenroth
Telefon: +49 351 564 55055
Telefax: +49 351 564 55060
E-Mail: presse@sms.sachsen.de
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