Ausweisung und Rückführung von Straftätern verschärfen, Grenzkontrollen verlängern, besserer Schutz von Amts- und Mandatsträgern, Vorratsdatenspeicherung zur Verhinderung von Anschlägen umsetzen – Sachsen mit Initiativen zur Innenministerkonferenz erfolgreich
08.12.2023, 12:28 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
»Die innere Sicherheit hat aktuell sehr hohe Priorität. Die umfangreiche Tagesordnung zeigt den enormen Handlungsbedarf«, stellt Innenminister Armin Schuster für die heute zu Ende gegangene Innenministerkonferenz in Berlin fest. Die Innenminister und -senatoren der Länder tauschten sich mit der Bundesinnenministerin u. a. zur Flüchtlingssituation, zu Grenzkontrollen, dem Kampf gegen Kindesmissbrauch, über die praxistaugliche Umsetzung der Vorgaben des EUGHs zur Regelung der Vorratsdatenspeicherung, zum Schutz von Einsatzkräften vor Gewalt sowie zum Bevölkerungsschutz und zu den Auswirkungen der von der Ampel geplanten Cannabislegalisierung aus.
Sachsen hat sich in der IMK erfolgreich mit Initiativen besonders für die Strafverschärfung bei Bedrohung von Amts- und Mandatsträgern sowie Abschiebung von Gefährdern und schweren Straftätern auch nach Afghanistan und Syrien eingesetzt. Weiterhin sollen die Ausweisungsgründe von an Landfriedensbruch, schwerem Landfriedensbruch oder Volksverhetzung beteiligten Ausländern sowie denen, die Flaggen ausländischer Staaten, wie z.B. Israels, verbrennen, erweitert werden. Die IMK hat den Antrag Sachsens einstimmig angenommen. Ferner wurde die Diskussion im Länderkreise und mit dem Bund angestoßen, ab welcher Schwelle eine solche Straftat vorliegt, die den Verlust des Aufenthaltsrechts in Deutschland nach sich zieht. Zu den Kernthemen äußert sich Innenminister Armin Schuster:
Erweiterung der Ausweisungsgründe für Straftäter
Armin Schuster: »Insbesondere seit dem Überfall auf Israel kam es in deutschen Städten immer wieder zu unerträglichen Solidaritätsaktionen mit der HAMAS, die vielfach einen gewalttätigen Verlauf nahmen. Es wurden im Schutz der Menge aus diesen Veranstaltungen heraus Polizisten attackiert sowie Menschen angegriffen und eingeschüchtert. Auch beim Eritrea-Festival in Gießen kam es zu massiven Angriffen auf sächsische Polizisten. Straftaten, wie Volksverhetzung oder das Verbrennen von Flaggen anderer Staaten dürfen nicht ohne Auswirkungen bleiben und müssen zur Ausweisung von Ausländern führen.
Die IMK bekräftigt, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Äußerungen, Symbole, Motive oder Aufrufe zu verbieten, die gegen die Sicherheit oder gar den Bestand des Staates Israel gerichtet sind. Sie bittet die Bundesinnenministerin, innerhalb der Bundesregierung auf eine Prüfung hinzuwirken, ob und inwieweit das geltende Strafrecht angesichts der aktuellen Geschehnisse angepasst werden muss. Gegenstand dieser Prüfung sollte insbesondere sein, inwiefern die zur Friedensstörung geeignete öffentliche Leugnung oder Verneinung des Existenzrechts Israels strafrechtlich besser erfasst werden kann.«
Rückführung von Gefährdern nach Syrien und Afghanistan
Armin Schuster: »Gefährder, die in Deutschland Terroranschläge verüben wollen oder Personen, die fortgesetzt schwere Straftaten begehen, müssen in ihre Herkunftsstaaten abgeschoben werden können. Die IMK hat die Bundesregierung unmissverständlich aufgefordert, Abschiebungen und kontrollierte Ausreisen für diesen Personenkreis in die Herkunftsstaaten Syrien und Afghanistan zu ermöglichen.
Von besonderer Bedeutung ist unsere Forderung, bei Mehrstaatern, die wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder wegen schweren, staatsgefährdender Straftaten verurteilt werden, alle Möglichkeiten zu nutzen oder zu schaffen, die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen.«
Grenzkontrollen verlängern
Armin Schuster: »Unserer Forderung, die erfolgreichen Grenzkontrollen so lange zu verlängern bis europäische Maßnahmen vergleichbar wirken, ist die Bundesinnenministerin auf der Innenministerkonferenz aktuell gefolgt. Diese Klarstellung vor dem Jahreswechsel ist uns angesichts der aktuellen Sicherheitslage sehr wichtig. Die Bundespolizei muss auch weiterhin das Mandat erhalten, konsequent von umfangreichen Zurückweisungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Die Grenzkontrollen sind so lange fortzusetzen, bis wirkungsgleiche, nachhaltige Maßnahmen umgesetzt sind.«
Verbesserung des Schutzes von Amts- und Mandatsträgern
Armin Schuster: »Wir fordern die Justizministerkonferenz auf, den Bedrohungen von Amts- und Mandatsträgern mit einer Qualifizierung des Straftatbestandes § 241 des Strafgesetzbuches entschlossen entgegenzutreten. Thematische Auseinandersetzungen dürfen den rechtsstaatlichen Rahmen nicht verlassen.
Der Anstieg dieser Drohungen erreicht mittlerweile ein besorgniserregendes Niveau. Wer versucht, Amts- und Mandatsträger, die sich für unsere Demokratie und unseren Staat einsetzen, in Angst zu versetzen, sie in ihrem privaten Umfeld aufsucht, selbst vor ihren Familien und besonders den Kindern nicht Halt macht, muss die konsequente Antwort des Rechtsstaats erfahren. Darunter zählen auch psychische Bedrohungen, die bisher aufgrund fehlender Rechtsgrundlage durch die Justiz nicht verfolgt werden können, wie wenn man zum Beispiel beabsichtigt, symbolisch einen Politiker am Pranger durch die Stadt zu führen sowie Sprechchöre vor den Wohnhäusern von Politikern, dass diese sich zu Hause nicht mehr wohlfühlen dürfen oder Grabkerzen, die auf den privaten Grundstücken abgestellt werden. Davon sind auch die Familienangehörigen der oftmals ehrenamtlich Tätigen betroffen. Diese Bedrohungen richten sich damit nicht nur gegen die einzelnen Personen, sondern gegen die Demokratie und Rechtstaatlichkeit an sich.«
Vorratsdatenspeicherung
Armin Schuster: »Wir erhalten immer wieder in letzter Minute zielführende Hinweise aus dem Ausland, die uns helfen, Terrorgefährder festzunehmen und Anschläge in Deutschland zu verhindern – nur sehr selten können deutsche Behörden diese Informationen selbst gewinnen. Dazu sind unter anderem gefahrenabwehrende Maßnahmen der Quellen-TKÜ oder Onlinedurchsuchung notwendig, aber auch die Vorratsdatenspeicherung spielt eine entscheidende Rolle bei der Identifizierung von Tätern und ihren Vorbereitungshandlungen. Es ist doppelbödig, auf diese notwendigen Instrumente in Deutschland zu verzichten, aber gleichzeitig darauf zu hoffen, die unter Einsatz solcher Instrumente gewonnenen Erkenntnisse durch andere Länder übermittelt zu bekommen. Daher haben wir die Bundesinnenministerin erneut aufgefordert, die vom Europäischen Gerichtshof aufgezeigten Regelungsspielräume endlich so effektiv wie möglich zu nutzen. Wir brauchen eine gesetzliche Speicherverpflichtung für IP-Adressen und Portnummern. Diese Vorratsdatenspeicherung würde auch einen entscheidenden Beitrag bei der Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern leisten.
Das Risiko ist zu hoch, sich regelmäßig allein auf die Hinweise aus dem Ausland zu verlassen. Sowohl die Quellen-TKÜ im Polizeirecht, als auch die Onlinedurchsuchung durch Polizei und Verfassungsschutz sind durch die Bundesregierung nicht geregelt und waren in Sachsen mit den Koalitionspartnern bisher nicht machbar.«
Cannabisfreigabe als schwerwiegender Irrweg
Armin Schuster: »Die IMK lehnt einhellig die angedachte Legalisierung von Cannabis ab, sowohl aufgrund der Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit als auch auf die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden. Ein Scheitern ist vorprogrammiert - allein die Anzahl der Verkehrsunfälle unter Einfluss berauschender Mittel stieg 2022 in Sachsen im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent weiter an und erreichte damit einen neuen Höchststand.
Die IMK stellt fest, dass durch die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken hohe Anforderungen und Aufwände für die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden in Bund und Ländern durch Überwachungs-, Sanktionierungs- und Präventionsaufgaben zu erwarten sind. Dazu tragen voraussichtlich insbesondere die Genehmigung und Überwachung von Anbauvereinigungen sowie polizeiliche Kontrollen der in § 5 KCanG festgelegten Konsumverbote, aber auch weitreichende Auswirkungen aus verkehrspolizeilicher Sicht und auf damit verbundene personelle und materielle Ressourcen (z. B. Intensivierung der Kontrolltätigkeiten zur Feststellung von Fahrten unter Einfluss von Cannabis sowie erhöhte Qualifizierungsbedarfe in Aus- und Fortbildung) bei.
Sie spricht sich vor diesen Hintergründen der zu erwartenden negativen Folgen der durch die Bundesregierung beabsichtigten Legalisierung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis deutlich gegen dieses Vorhaben aus.
Von besonderer Bedeutung sind auch die durch den Bund versprochenen Präventionsmaßnahmen, die mit der Freigabe der Droge einhergehen sollten. Während man in Berlin intensiv über die Verdoppelung von Freimengen spricht, reduziert man gleichzeitig im Bundeshaushalt die Ausgaben für die Drogenprävention. Hier muss die Ampel deutlich nachlegen, denn ihre Zusage zu mehr Prävention darf sich nicht in Rauch auflösen.«
Stärkung des Zivil- und Katastrophenschutzes
Armin Schuster: »Der Bundesverteidigungsminister hat sehr deutlich erklärt, Deutschland müsse kriegstüchtig werden. Eine klare Folge dieser Aussage muss deshalb die Stärkung des Zivilschutzes sein. Bereits seit der IMK im Juni 2022 fordern die Länder die Umsetzung des »Stärkungspaktes Bevölkerungsschutz«, damit der Bund in den nächsten 10 Jahren jährlich 10 Mrd. EUR für seine originäre Aufgabe des Zivilschutzes bereitstellt. Der Schutz der Bevölkerung darf nicht hinter der Verteidigungsfähigkeit zurückbleiben. Aktuell fehlen noch immer ein Drittel der bereits im Jahr 2007 vom Bund zugesagten Zivilschutzfahrzeuge. Die Zuständigkeit liegt gemäß Grundgesetz für den Schutz der Zivilbevölkerung ausschließlich beim Bund und für den Katastrophenschutz bei den Ländern. Es besteht eine große Diskrepanz zwischen der kommunizierten Strategie des BMI mit einer vielfach betonten Stärkung des Zivilschutzes und der vorgesehenen erheblichen Mittelkürzungen im Bundeshaushalt 2024. Deswegen haben wir den Bund erneut aufgefordert, endlich seiner Verpflichtung nachzukommen.«
Deutliche Reduzierung der Bundesmittel für den Digitalfunk für Einsatzkräfte (sog. BOS-Funk) gefährdet Innere Sicherheit und die Helfer
Armin Schuster: »Der Bund hat angekündigt, dass er seiner Zusage zur Mitfinanzierung des Betriebs und Ausbaus des Behörden-Digitalfunknetzes BOS im kommenden Jahr i. H. v. 130 Mio. Euro nicht nachkommen wird. Damit ist die wichtigste Kommunikationsmöglichkeit für 1,2 Millionen Einsatz- und Rettungskräfte, davon in Sachsen 70.000 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Verfassungsschutz, Justiz und seit 2022 auch Ordnungsämtern, gefährdet. Wer in der jetzigen weltpolitischen Situation und der dadurch angespannten Sicherheitslage das Notwendige nicht gewährleistet, spielt mit unserer aller Sicherheit. Der Bund muss sich zu seiner Verpflichtung bekennen und die zugesagten Mittel bereitstellen, damit unsere Sicherheitsbehörden auch in Zukunft kommunizieren können. Der schnelle und sichere Austausch von Daten kann Leben retten, insbesondere, wenn es im Einsatz um den Austausch größerer Datenmengen wie Bilder, Videos und Karten geht. Die jetzige Haushaltssituation des Bundes darf nicht dazu führen, dass die Länder bei der Finanzierung dieses wichtigen gemeinsamen Projekts allein gelassen werden. Die Bundesregierung muss sich ihrer Verantwortung für den Ausbau des Digitalen Behördenfunks stellen. Das haben wir in der IMK dem Bund deutlich gesagt.«