Landtag beschließt BRKG-Novelle
13.12.2023, 16:33 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Innenminister Armin Schuster: »Bundesweit eines der modernsten Gesetze für den Brand- und Katastrophenschutz sowie den Rettungsdienst«
Der Sächsische Landtag hat soeben das »Vierte Gesetz zur Änderung des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz« beschlossen und damit zahlreiche Verbesserungen für den Bevölkerungsschutz auf den Weg gebracht. »Mit dieser Novelle haben wir in Sachsen eines der modernsten Gesetze für den Brand- und Katastrophenschutz sowie den Rettungsdienst«, betont Innenminister Armin Schuster. Der Staatsminister weiter: »Seien es die Corona-Pandemie, Hochwasserlagen oder das massive Waldbrandgeschehen im vergangenen Jahr – viele Erkenntnisse aus diesen Ereignissen sind in die Gesetzgebung mit eingeflossen. Es war ein sehr dynamischer und stets konstruktiver Prozess, für den ich mich bei allen Beteiligten ganz herzlich bedanke. Mit diesem Gesetz erhöhen wir die Sicherheit der Menschen im Freistaat.«
So wurde auf Empfehlung der Expertenkommission Waldbrand im parlamentarischen Verfahren noch eine wesentliche Ergänzung aufgenommen: Künftig sind die Landkreise für die Brandverhütungsschau in zusammenhängenden und gemeindeübergreifenden Waldgebieten zuständig – das entlastet die bisher verantwortlichen Gemeinden. Zudem beschäftigen die Landkreise bereits spezialisiertes Personal.
Nach der Verkündung im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt soll das Gesetz Anfang 2024 in Kraft treten.
Weitere wichtige Neuerungen im Überblick
Kostenbeteiligung des Freistaats bei Großbränden | Kreisbrandmeister übernimmt bei erstmals umfassend definierten »Großschadensereignis«: Erstmals wird im Gesetz der Begriff des »Großschadensereignisses« aufgenommen und umfassend definiert – als Geschehen, das u. a. eine große Anzahl von Menschen gefährdet und zu dessen Bekämpfung die Kräfte des örtlichen Brandschutzes nicht ausreichen. Es umfasst damit nicht nur (Wald-)Brände, sondern beispielsweise auch größere Chemieunglücke oder großflächige Sturmereignisse. Bei einem solchen Ereignis, das die untere Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde feststellt, übernimmt der Kreisbrandmeister für die betroffenen Gemeinden die Einsatzleitung. Zugleich wurde im Gesetz verankert, dass sich der Freistaat bei Großschadensereignissen an den Einsatzkosten der kreisangehörigen Städte und Gemeinden beteiligt.
Stützpunktfeuerwehren als neues Instrument der kommunalen Zusammenarbeit: Den Kommunen soll es künftig möglich sein – in Zusammenarbeit mit einer oder mehreren Partnergemeinden – eine Stützpunktfeuerwehr einzurichten. Insbesondere mit dem Ziel, die dauerhafte Absicherung der Tageseinsatzbereitschaft zu gewährleisten. Stützpunktfeuerwehren ergänzen die kommunal jeweils »eigenen« Gemeindefeuerwehren.
Helfer werden gleichgestellt – Bergwacht und Wasserrettungsdienste ins Gesetz integriert: Für Angehörige der Bergwacht und der Wasserrettungsdienste gab es in Sachsen bisher bei Einsätzen in der Notfallrettung keine eindeutige Regelung bzgl. der Freistellungs- und Lohnfortzahlungs- bzw. Verdienstausfallansprüche – das ändert sich mit dieser Gesetzesnovelle.
Schutz Kritischer Infrastrukturen ausdrücklich im Gesetz erwähnt: Der Schutz »Kritischer Infrastrukturen« wird erstmals ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen. Dem Sächsischen Staatsministerium des Innern als oberste Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde obliegt dabei eine Koordinierungsfunktion. Zudem wird die Staatsregierung – insbesondere zur Zusammenarbeit der zuständigen Behörden miteinander und mit den Betreibern von Kritischen Infrastrukturen – eine Rechtsverordnung erlassen.
»Spontanhelfer« explizit im Gesetz erwähnt: Erstmals im Gesetz festgelegt ist der Einsatz von Spontanhelfern – die Koordination und Organisation obliegt den Landkreisen und Kreisfreien Städten. Die organisatorische Vorbereitung der Einbindung von Spontanhelfern gehört bereits bisher zu den Aufgaben, wird nunmehr aber ausdrücklich aufgenommen, um die Wichtigkeit des spontanen Engagements während der Katastrophe zu unterstreichen.
Integration der Kriseninterventionsteams in die Strukturen des Katastrophenschutzes: Mit dem Aufbau eigener Katstrophenschutzeinheiten zur »Psychosozialen Akuthilfe« werden die Kriseninterventionsteams organisatorisch in den Katastrophenschutz eingebunden. Die Kriseninterventionsteams werden somit künftig in einer einheitlichen Struktur unter der Trägerschaft der Landkreise und Kreisfreien Städte als Aufgabenträger im Katastrophenschutz arbeiten. Damit erhalten diese freiwilligen Helfer auch den Status eines Helfers im Katastrophenschutz und profitieren im Anwendungsbereich des SächsBRKG von den für diesen Personenkreis geltenden Freistellungs- und Lohnersatzansprüchen. Gleichzeitig bleiben die gewachsenen Strukturen mit einer Vielzahl engagierter Beteiligter (Vereine, Kirchen, Hilfsorganisationen) über Kooperationsvereinbarungen erhalten.
Rechtliche Grundlage für organisierte Erste Hilfe bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes: Organisierte Erste Hilfe dient der qualifizierten Erstversorgung eines Patienten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes – erstmals ist eine rechtliche Grundlage hierzu im Gesetz verankert. Den Trägern des Rettungsdienstes wird die Möglichkeit eröffnet, Vereinbarungen zu schließen, die darauf abzielen, bei einem Notfall Helfer mit einer über die Grundkenntnisse in der Ersten Hilfe hinausgehenden medizinischen Qualifikation zu alarmieren und einzusetzen. Beispiel sind die First Responder bei den Feuerwehren sowie die Region der Lebensretter Ostsachsen.
Experimentierklausel für innovative Ansätze im Rettungsdienst – etwa bei der Telemedizin: Mit einer neu im Gesetz verankerten Experimentierklausel werden Modellprojekte ermöglicht, um innovative Konzepte zur Verbesserung der rettungsdienstlichen Versorgung testen zu können – bspw. im Bereich der Telemedizin.
Optionale Bereichsausnahme lässt Aufgabenträgern bei Ausschreibungen der Rettungswachen mehr Spielraum: Den Aufgabenträgern des Rettungsdienstes in Sachsen soll damit ermöglicht werden – unter Beachtung der sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen – selbst über die Art des Verfahrens zu entscheiden, das zur Auswahl der jeweiligen Leistungserbringer führt.
Weitere Anpassungen und Ergänzungen im neuen BRK-Gesetz
- Kinder- und Jugendfeuerwehren erhalten erstmals einen »eigenen« Paragraphen, können zudem kombiniert betrieben werden – das unterstreicht die Wichtigkeit der Jugendarbeit.
- Landeseinheitliche Stundensätze für die Berechnung des Kostenersatzes bei Einsätzen der Feuerwehr werden eingeführt – das erleichtert den Verwaltungsaufwand für die Kostenkalkulation der Kommunen deutlich.
- Neue Kostentatbestände, u. a. bei Einsätzen wegen ungeprüfter Falschalarme im Rahmen bestimmter E-Call-Funktionalitäten von Kfz und ungeprüfter Weiterleitung von Falschalarmen automatischer Brandmeldeanlagen werden aufgenommen.
- Straffung der Vorschriften zu den Gefahren- und Risikoanalysen und zur Erstellung der Katastrophenschutzpläne einschließlich der landesweiten Katastrophenschutzplanung.
- Die oberste Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde kann eine landesweite Materialvorhaltung für Katastrophen einrichten und unterhalten – damit hält die Erfahrung aus der Corona-Pandemie Einzug ins Gesetz.
- Das Erfordernis der neutralen Dienstausübung der Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren wird durch die Konkretisierung des Begriffs »Eignung« unterstrichen – eine präventive Maßnahme, um bei möglichem Fehlverhalten besser reagieren zu können
- Die Landesfeuerwehrschule unterstützt die Aus-und Fortbildung, die die Kreisbrandmeister wahrnehmen, mit der Erstellung von einheitlichen Aus- und Fortbildungsunterlagen.