»Digital ist halt normal«: Sozialministerium legt Sechsten Sächsischen Kinder- und Jugendbericht vor
30.01.2024, 12:15 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Jugendministerin Köpping: »Junge Menschen zu einem verantwortungsbewussten und selbstsicheren Umgang mit digitalen Medien befähigen«
Sozialministerin Petra Köpping hat heute im Kabinett den sechsten sächsischen Kinder- und Jugendbericht vorgestellt. Mit der Kinder- und Jugendberichterstattung verfolgt Sachsen das Ziel, wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe zu gewinnen. Der aktuelle Bericht steht unter dem Titel »Digital ist halt normal« und befasst sich insbesondere mit dem Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in digitalen Lebenswelten sowie den daraus entstehenden Chancen und Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe in Sachsen.
Jugendministerin Petra Köpping: »Die Ergebnisse des Berichtes zeigen es: Für junge Menschen ist das ‚Online-Sein‘ mittlerweile ein Normalzustand. Neben vielen Chancen, die die digitale Transformation mit sich bringt, birgt der digitale Raum auch Gefahren und Risiken. Es gilt daher, junge Menschen zu einem verantwortungsbewussten und selbstsicheren Umgang mit digitalen Medien zu befähigen. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung junge Menschen auf diesem Weg tatkräftig zu unterstützen. Deshalb entwickeln wir gemeinsam eine nachhaltige Kinder- und Jugendhilfe, die Kinder und Jugendliche bestmöglich auf ein Leben im analogen und digitalen Raum vorbereitet«.
Einige zentrale Ergebnisse: Das Smartphone ist mit Abstand das wichtigste Gerät für die Mediennutzung junger Menschen in Sachsen: 94 Prozent der befragten jungen Menschen zwischen zehn und 21 Jahren besitzen ein eigenes Smartphone und fast alle von ihnen nutzen es täglich. Dabei nehmen sowohl Besitz als auch Nutzung des Smartphones insbesondere an der Schwelle zum Teenageralter stark zu. Am häufigsten nutzen junge Menschen in Sachsen das Internet, um über Messengerdienste zu kommunizieren und Videos, Filme, Serien, Musik oder Podcasts zu streamen. Auch soziale Netzwerke spielen im Spektrum ihrer Onlineaktivitäten eine große Rolle. Laut Bericht treffen 34 Prozent der Befragten häufig auf beleidigende Kommentare, 24 Prozent berichten von Fake News und Hassnachrichten und 23 Prozent sehen sich im Internet mit extremen politischen Ansichten konfrontiert. Zudem berichten 20 Prozent bereits online gemobbt oder beleidigt worden zu sein. Etwa ein Drittel hiervon leidet aufgrund dessen an Schulangst und nur etwa 22 Prozent holen sich in einem solchen Fall Hilfe.
Nur 36 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Schulen angemessen auf den digitalen Alltag vorbereiten. Die Befragten wünschen sich daher eine intensivere medienpädagogische Arbeit im schulischen Kontext, mehr Aufklärung zum Umgang mit digitalen Medien sowie einen stärkeren Kinder- und Jugendmedienschutz. Der Bericht legt auch Unterschiede im Zugang zum Internet sowie den digitalen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe und das damit einhergehende Problem der Verfestigung sozialer Ungleichheiten offen.
Staatsministerin Petra Köpping: »Es gilt daher den Präventionsgedanken in der Kinder- und Jugendhilfe stärker sichtbar zu machen, für eine Stärkung der Medienkompetenz junger Menschen aber auch aller Beteiligten zu sorgen sowie einer drohenden digitalen Spaltung entgegen zu wirken. Es braucht eine verstärkte Kooperation und ein geteiltes Verantwortungsbewusstsein zwischen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe, Schule und Eltern. Die Ergebnisse des Sechsten Kinder- und Jugendberichtes machen deutlich, dass Medienbildung als Querschnittsthema betrachtet werden muss.«
Weitere Maßnahmen der Staatsregierung als erstes Ergebnis des Berichts bestehen unter anderem in der Weiterentwicklung bestehender Fortbildungsangebote des Landesjugendamtes. Darüber hinaus ist zu prüfen, inwieweit eine entsprechende Förderung von Weiterbildungsangeboten für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe über die bestehenden Förderinstrumente des Sozialministeriums realisiert werden kann. Medienkompetenz wird zudem als Bildungsziel im Rahmen der Fortschreibung der überörtlichen Jugendhilfeplanung für die Folgejahre aufgenommen. Bereits seit 2018 fördert das Sozialministerium bisher mit 356.000 Euro das Forschungsprojekt »Smarte Jugendarbeit in Sachsen« für die Anpassung der Jugendarbeit an die Erfordernisse des digitalen Zeitalters unter Beteiligung von Fachkräften und Jugendlichen. Und erst kürzlich hat das Sozialministerium die Jugend-App »Yoggl« gestartet, um die Teilhabemöglichkeiten junger Menschen zu verbessern.
Weitere Ergebnisse des Berichts: Die Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe sind in Sachsen zwischen 2015 und 2020 um knapp eine Milliarde Euro auf knapp drei Milliarden Euro gestiegen. Dazu zählen beispielsweise Jugendarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz, Kindertagesbetreuung und Hilfe zur Erziehung. Den höchsten prozentualen Anstieg gab es bei der Jugendsozialarbeit. Hier verdoppelten sich die Ausgaben von 23,4 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 46,8 Mio. Euro im Jahr 2020. Den höchsten absoluten Anstieg gab es im Bereich Kindertagesbetreuung in Höhe von 641.000 Euro. Der größte Anteil der Gesamtausgaben entfiel 2020 für Kindertagesbetreuung (Kindertageseinrichtungen sowie die Kindertagespflege) in Höhe von 2,154 Milliarden Euro (2015: 1,5 Mrd. Euro).
Der Bericht mit methodisch fundierter Online-Befragung von knapp 1200 Kindern und Jugendlichen wurde durch Ramboll Management Consulting (RMC) im Auftrag des Sächsischen Sozialministeriums erstellt und dessen Erarbeitung durch einen Fachbeirat begleitet. »Kinder- und Jugendpolitik heißt jedoch nicht nur, über die Belange junger Menschen zu reden, sondern Kinder- und Jugendliche in die Entscheidungsprozesse zu integrieren. »Ich freue mich daher sehr, dass auch für den Sechsten Sächsischen Kinder- und Jugendbericht erneut Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene als »Expertinnen und Experten in eigener Sache« befragt wurden«, so Staatsministerin Köpping abschließend.
Hintergrund:
Bereits bei der Erstellung des Vorgängerberichtes im Jahre 2018 wurde auf die besondere Bedeutung des Themenfeld Digitalisierung für die Kinder- und Jugendhilfe hingewiesen. Hierbei wurde die Frage gestellt, welche Auswirkungen die Digitalisierung der Gesellschaft auf die einzelnen Handlungsfelder innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe hinsichtlich ihrer konzeptionellen Grundlage hat.
Vor diesem Hintergrund widmet sich der nunmehr vorliegende Sechste Sächsische Kinder- und Jugendbericht dem Schwerpunktthema Digitalisierung. Konkret bedeutet dies, dass allen jungen Menschen die Chancen digitaler Medien offenstehen sollten, zugleich aber Risiken im Umgang mit digitalen Medien nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Die digitale Transformation und der Wandel der Mediennutzung vor allem junger Menschen machen es daher notwendig, das Thema im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe verstärkt aufzugreifen.
Das Landesjugendhilfegesetz (LJHG) verpflichtet im Rahmen des § 16 die Sächsische Staatsregierung, den Sächsischen Landtag einmal pro Legislaturperiode über aktuelle Entwicklungen sowie daraus resultierende Folgerungen für die Kinder- und Jugendhilfe im Freistaat Sachsen zu unterrichten.
In ihrer Stellungnahme kommentiert die Staatsregierung die Ergebnisse, verweist auf besondere Aktivitäten und formuliert Handlungsbedarfe insbesondere für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe. Sowohl der vollständige Bericht als auch die Stellungnahme der Staatsregierung stehen nach der Zuleitung an den Sächsischen Landtag zum Download auf der Homepage des Sozialministeriums zur Verfügung.
Den Bericht und die Stellungnahme der Staatsregierung finden Sie hier:
https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/43424.
Bericht und Stellungnahme werden zudem in einer kommenden Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses vorgestellt. Damit soll auch die Diskussion in der Fachöffentlichkeit angeregt werden.