Jubiläum: 100 Jahre Zwingerbauhütte Dresden – Sanierter Glockenspielpavillon erstrahlt in neuem Glanz
11.11.2024, 10:30 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Mit ihrer kunsthandwerklichen Arbeit und Expertise bewahren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dresdner Zwingerbauhütte den barocken Prachtbau von August dem Starken im historischen Zentrum Dresdens vor dem Verfall. Vor einhundert Jahren, am 1. November 1924, wurde die Zwingerbauhütte unter der Leitung des ersten Zwingerbaumeisters Hubert Georg Ermisch gegründet. Heute geht ihre Bedeutung weit über die eines kunsthandwerklichen sächsischen Baubetriebes hinaus. Das unterstreicht nicht zuletzt die Anerkennung als »Immaterielles Kulturerbe der UNESCO«. Der Titel wurde der Zwingerbauhütte mit 17 weiteren Bauhütten aus fünf Ländern im Dezember 2020 verliehen.
Anlässlich des 100. Gründungsjubiläums der Dresdner Zwingerbauhütte lud heute Sachsens oberster Bauherr, Finanzminister Hartmut Vorjohann, zu einem Pressetermin am frisch sanierten Glockenspielpavillon des Zwingers mit anschließender Festveranstaltung in der Zwingerbauhütte. Dabei wurde nicht nur in luftiger Höhe die Arbeit der vergangenen eineinhalb Jahre am Pavillon in Augenschein genommen, sondern gemeinsam auf das vergangene Jahrhundert der Bauhütte geblickt. Zu Ehren des ersten Zwingerbaumeisters Hubert Georg Ermisch wurde im Eingangsbereich der Bauhütte eine Gedenktafel enthüllt.
Finanzminister Hartmut Vorjohann: »Als Bauherr ist der Freistaat nicht nur für die Errichtung neuer moderner Gebäude zuständig. Unsere Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und zukünftigen Generationen liegt auch darin, historische Bauten wie den Zwinger als erlebbare Kultur- und Zeitgeschichte zu bewahren. Mit außergewöhnlichem handwerklichem Können und Leidenschaft der beteiligten Akteure wird hier Großartiges bewirkt. Im Fall der Zwingerbauhütte sind das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich tagtäglich mit großem Engagement und Herzblut der Sanierung und Restaurierung des Zwingers widmen. Dafür meinen herzlichen Dank.«
Den Auftakt der heutigen Jubiläumsfeier bildete die Vorstellung der pünktlich zum Jubiläum fertig sanierten stadtseitigen Fassade des Glockenspielpavillons an der Sophienstraße.
Frischekur für den Glockenspielpavillon
Der Glockenspielpavillon bekam nach seiner umfangreichen Sanierung Ende der 1990-er Jahre seit Juni 2023 eine »Frischekur«. Beispielhaft für die aktuellen Restaurierungs- und Sanierungsmaßnahmen wurden den Gästen verschiedene Arbeiten in luftiger Höhe vorgestellt: Dazu gehörten eine neu gefertigte, originalgetreue Kopie des Kapitells (oberer Abschluss) einer vier Meter hohen Sandsteinsäule, verschiedene gereinigte und ausgebesserte lebensgroße Skulpturen und das an einigen Stellen ausgebesserte sächsische Wappen – das in seiner Art einzige am Zwinger.
Die aktuellen Arbeiten an der Fassade des Pavillons geben einen guten Überblick über die Hauptaufgaben der Zwingerbauhütte – damals wie heute: Die Reinigung, Restaurierung, Konservierung und auch Neuanfertigung historisch bedeutsamer Bausubstanz. Über die Jahre kommt es durch Witterungs- und Umwelteinflüsse immer wieder zu Schäden am Bauwerk und an den Skulpturen. Diesen Prozess zu bremsen, die bis zu 300 Jahre alte Sandsteinsubstanz zu schützen und, wenn nötig, verlorene Oberflächenformen wieder neu herzustellen, ist die Kernaufgabe der Zwingerbauhütte.
Dafür wendet das aktuell 13-köpfige Team (darunter drei Auszubildende) aus Architekten, Bauingenieuren, Restauratoren sowie Steinmetz- und Steinbildhauermeistern und -gesellen rund um den heutigen Zwingerbaumeister Kai-Uwe Beger zumeist traditionelle Handwerkskunst an. Damit stehen sie in der Tradition ihrer Vorgängerinnen und Vorgänger der vergangenen 100 Jahre. Aber es werden auch neue (digitale) Wege beschritten. So wurden die Schäden am Glockenspielpavillon erstmals digital in ihrer Größe und Art erfasst. Vorher erfolgte dies mühevoller und langwieriger auf Papierplänen. Die erfassten digitalen Daten werden in Datenbanken eingepflegt. Diese Dokumentationen dienen als Grundlage für die Arbeit der nächsten (Handwerker-)Generationen der Dresdner Zwingerbauhütte.
Geschichte der Zwingerbauhütte – 1924 bis heute
Mit dem Ortwechsel vom Baugerüst zur Festveranstaltung ging es heute natürlich um die ereignisreiche Geschichte der Zwingerbauhütte: Die Verpflichtung zur jahrhundertealten Handwerkskunst der Steinmetze und Steinbildhauer zeigte sich bereits bei der Gründung im November 1924. Mit der Namensgebung »Bauhütte« sollte der Bezug zum mittelalterlichen Hüttenwesen hergestellt werden. Der Gründung der Bauhütte waren bereits drei Restaurierungsphasen des zwischen 1709 und 1732 errichteten Zwingers vorangegangen – teilweise mit mäßigem Erfolg, beispielsweise aufgrund der Verwendung falscher Materialien wie Portlandzement oder Ölfirniss zum Anstrich der Fassaden und Skulpturen.
Mit der Gründung der Zwingerbauhütte erfolgten eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Schadensursachen im Zwinger und ein Umdenken im Umgang mit den genannten Materialien. Es oblag dem Zwingerbaumeister Hubert Georg Ermisch und seinem Team, die schädlichen Substanzen zu entfernen und den gesamten Zwinger einer generellen Restaurierung und Rekonstruktion zu unterziehen. Es wurde eine »Zwingerpaste« entwickelt, die die schädliche Farbe löste. Alte Steinergänzungen aus Zement wurden durch Sandstein ersetzt.
Eine wesentliche Rolle spielten die Bauhütte und das große Engagement ihres damaligen Zwingerbaumeisters Hubert Georg Ermisch beim Wiederaufbau des Zwingers nach seiner großflächigen Zerstörung in Folge der Bombardierung Dresdens im Februar 1945. Die Wiederaufbauarbeiten als fünfte Restaurierungsphase des Zwingers dauerten bis 1968. Mit der Vollendung der Arbeiten wurde die Zwingerbauhütte aufgelöst bzw. umgewandelt in die »Bauabteilung für kulturhistorische Bauten Dresden«.
Nach mehr als einem Vierteljahrhundert Unterbrechung wurde die Zwingerbauhütte im Juni 1991 als Teil der sächsischen Hochbauverwaltung wiedereingerichtet und mit der sechsten Restaurierungsphase des Zwingerensembles begonnen. Die Bauhütte ist heute Teil des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (Niederlassung Dresden I). 2002 erfolgte der Bezug des heutigen Standortes in Zwingernähe mit Restaurierungswerkstatt, Freiarbeitsplätzen, Magazinen, Archiv, Büros und Sozialräumen. Bisheriger Höhepunkt und herausragende Anerkennung für die kulturgeschichtliche und gesellschaftliche Bedeutung der Zwingerbauhütte und des Bauhüttenwesens an sich war die Aufnahme der Dresdner Zwingerbauhütte und 17 weiterer Bauhütten aus fünf Ländern als »Immaterielles Kulturerbe der UNESCO« im Dezember 2020. Unter den 18 Bauhütten ist die Zwingerbauhütte die einzige Hütte ohne Anbindung an einen Sakralbau.
Über die Zwingerbauhütte (ZBH)
Aktuelle Mitarbeiterzahl: 13
- 1 Zwingerbaumeister, 1 Hüttenmeister, 1 Dipl.-Bauingenieurin
- 2 Dipl.-Restauratoren, 2 Steinbildhauermeister, 2 Steinmetzgesellen,
- 3 Auszubildende, 1 Praktikantin
Vertretene Gewerke: Steinbildhauer, Steinmetz, Restaurator-Stein
Lehrausbildung:
- Seit mehr als 20 Jahren erfolgt eine kontinuierliche Lehrausbildung in der ZBH, in der Regel ein Auszubildender pro Jahr. Dabei werden traditionelle Handwerkstechniken vermittelt und z. B. mit der Freisprechung der Lehrlinge auch traditionelle Handwerksbräuche gepflegt.
- Die ZBH macht Werbung für die Berufe Steinmetz und Bildhauer oder später Steinrestaurator, zum Beispiel beim Offenen Regierungsviertel.
Fakten und Zahlen zum Dresdner Zwinger
Flächen:
- ca. 12.400 m² Wasserfläche Zwingerteich
- etwa 1.400 m² Wasserspiele und Brunnen im Zwinger mit 25 Einzelbrunnen
- ca. 16.000 m² Zwingerhof
- ca. 6.200 m² begehbare Terrassen
Verzierungen/Kunstwerke:
- ca. 1,2 km Balustraden
- etwa 15.000 m² gestaltete Fassadenflächen
- etwa 700 Skulpturen (davon etwa 450 freistehende Figuren und Vasen auf Balustraden, Attikazonen der Pavillons sowie dem Nymphenbad)
Weiterführende Links
- Geschichte des Dresdner Zwingers
- Geschichte des Dresdner Zwingers in 5 Episoden
- Zeittafel der wichtigsten historischen Fakten
- Baumaßnahmen des Freistaates Sachsen am Zwinger von 1991 – 2015
- Film: „1924 bis heute – 100 Jahre Zwingerbauhütte“
- Die Zwingerbauhütte
- Bauhüttenwesen als „Immaterielles Kulturerbe der UNESCO“
Kontakt
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Ansprechpartner Dr. Frank BauerTelefon: +49 351 564 40060Telefax: +49 351 564 40069E-Mail: presse@smf.sachsen.deMedienobjekte
- [Foto] Das Team der Zwingerbauhütte im Jahr 2024 unter der Leitung von Zwingerbaumeister Kai-Uwe Beger (Mitte).
- [Foto] Das Team der Zwingerbauhütte (ZBH) am 18. Juni 1991 zur offiziellen der Wiedereinrichtung der Bauhütte.
- [Foto] Ein Steinmetz der Zwingerbauhütte bei der Arbeit.
- [Foto] Freiarbeitsplätze der Zwingerbauhütte.
- [Foto] Vergleich: Statue vom Dresdner Zwinger vor und nach der Restaurierung mit aufgetragener Lasur (Bild 3).
- [Foto] Historische Aufnahme des sächsischen Wappens an der Straßenseite des Glockenspielpavillons des Dresdner Zwingers.
- [Foto] Aktuelle Nahaufnahme des restaurierten sächsischen Wappens an der Straßenseite des Glockenspielpavillons des Dresdner Zwingers.
Downloads
- Das Team der Zwingerbauhütte im Jahr 2024 unter der Leitung von Zwingerbaumeister Kai-Uwe Beger (Mitte). (JPG; 6 MB)
- Das Team der Zwingerbauhütte (ZBH) am 18. Juni 1991 zur offiziellen der Wiedereinrichtung der Bauhütte. (JPG; 2 MB)
- Ein Steinmetz der Zwingerbauhütte bei der Arbeit. (JPG; 2 MB)
- Aktuelle Nahaufnahme des restaurierten sächsischen Wappens an der Straßenseite des Glockenspielpavillons des Dresdner Zwingers. (JPG; 800 kB)
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