Medienmitteilung: »Lebe eingedenk des Todes« – Vorgeschichtliche Urne kehrt nach Görlitz zurück.

21.11.2024, 13:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

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Die Urne von See mit der Aufschrift "VIVE MEMOR LETHI" - "Lebe eingedenk des Todes" (© Juraj Lipták)

Die Urne von See mit der Aufschrift "VIVE MEMOR LETHI" - "Lebe eingedenk des Todes" (© Juraj Lipták)

Gemeinsame Medienmitteilung des Landesamts für Archäologie Sachsen und der Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur

Heute kehrte ein früheisenzeitliches, 2.700 Jahre altes Tongefäß nach etwa 74 Jahren Abwesenheit zurück in die Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur. Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik überreichte Dr. Jasper v. Richthofen, Direktor der Görlitzer Sammlungen das Gefäß.
Dr. Smolnik: »Ich freue mich sehr, dass dieses sammlungsgeschichtlich außergewöhnlich interessante Stück wieder an seinen angestammten Platz in Görlitz zurückkehrt und in den Kontext der ehemaligen Sammlung Johann Wilhelm Gehlers gestellt wird. Es steht für die Anfänge der Archäologie in Sachsen.«
Dr. von Richthofen: »Die intensive geschichtliche Erforschung der Sammlung Gehlers hat sich gelohnt und einen für die Görlitzer Geschichte und Kultur erfolgreichen Abschluss gefunden.«

Zum Hintergrund:

Die Urne wurde 1733 unweit der Ortschaft See bei Niesky auf einem Friedhof der Lausitzer Kultur ausgegraben und gelangte 1742 als Schenkung in die Sammlung des Görlitzer Bürgermeisters und Gelehrten Johann Wilhelm Gehler (1696-1765). Gehler selbst oder seine Erben übereigneten die Keramik der Milich’schen Bibliothek zu Görlitz. Diese geht wiederum auf eine Schenkung an die Stadt Görlitz des Schweidnitzer Advokaten Johann Gottlieb Milich (1678-1726) aus dem Jahr 1726 zurück und umfasst neben Buchbeständen auch ein Raritäten- und Kuriositätenkabinett. Von dort gelangte das Tongefäß mit zahlreichen weiteren Museumsstücken 1885 in die Sammlungen des Görlitzer Museums für Alterthum und Kunst. Danach verliert sich seine Spur.

Das besondere an den antiken Tongefäßen aus der Kollektion des Johann Wilhelm Gehler ist ihre lateinische Beschriftung, die wie auf modernen archäologischen Ausgrabungen verwendete Fundzettel Auskunft über die Ausgrabungsgeschichte, den Fundzeitpunkt und den weiteren Verbleib der Stücke geben. Die Beschriftung des nach Görlitz zurückgekehrten Gefäßes gemahnt den Leser darüber hinaus, nicht seine eigene Sterblichkeit zu vergessen – das klassische Motiv des »Memento Mori« der Barockzeit. Johann Wilhelm Gehler darf als Pionier der sächsischen und schlesischen Archäologie betrachtet werden.

Wann, warum und wie genau das auffällige Gefäß von Görlitz nach Dresden verbracht wurde, ist anhand der Museumsunterlagen weder in Dresden noch in Görlitz nachzuvollziehen. Mutmaßlich wurde es im Zuge von Tauschgeschäften zwischen den damaligen Städtischen Kunstsammlungen und dem Sächsischen Landesmuseum für Vorgeschichte oder auch als Leihgabe gegen 1949 nach Dresden abgegeben. Seit 2014 konnte man das Gefäß im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz – smac bewundern. Der sammlungsgeschichtliche Hintergrund der Keramik trat durch eine von Dr. Jasper v. Richthofen, Direktor der Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur, durchgeführte Forschung zu den barock beschrifteten Gefäßen aus der Sammlung Gehler zu Tage.
Nach Klärung der historischen Eigentumsverhältnisse, willigte die sächsische Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik sofort und ohne Zögern ein, das Gefäß wieder an das Görlitzer Museum zu übergeben. Dort wird in der wissenschaftsgeschichtlichen Dauerausstellung des Barockhauses Neißstraße 30 bereits eine Anzahl barock beschrifteter Keramiken aus der Gehler-Sammlung ausgestellt. Auch das heimgekehrte Gefäß wird hier zukünftig seinen Platz finden.


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