Disziplinarklage gegen Richter Jens Maier abgewiesen
28.11.2024, 18:46 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Die Klage des Freistaates Sachsen auf Aberkennung des Ruhegehalts gegen den bereits in den Ruhestand versetzten Richter Jens Maier (Beklagter) hat das Dienstgericht für Richterinnen und Richter des Freistaates Sachsen mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen, da weder die beantragte Disziplinarmaßnahme noch sonstige Maßnahmen wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu verhängen gewesen seien. Die dem Beklagten konkret vorgeworfenen Taten hätten sich nach Auffassung des Gerichts in erheblichen Teilen durch die Beweisaufnahme schon nicht hinreichend bestätigt. In den verbleibenden Teilen rechtfertigten sie nicht die bei dem Beklagten allein noch zulässige Maßnahme der vollständigen Aberkennung des Ruhegehalts.
Da der Beklagte in den Ruhestand versetzt wurde, sei mit Blick auf den Zeitablauf seit den vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen als Disziplinarmaßnahme nur noch die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht gekommen. Das Ruhegehalt dürfe aber nur aberkannt werden, wenn der Betroffene als noch im Dienst befindlicher Richter aus dem Richterverhältnis hätte entfernt werden müssen. Die Entfernung aus dem Dienstverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme sei wiederum nur zulässig, wenn der Betroffene durch ein schweres Dienstvergehen und damit durch die schuldhafte Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat.
Die dem Beklagten vorgeworfenen Aussagen auf einer Veranstaltung der Zeitschrift Compact im April 2017 hätten nicht zur Überzeugung der Kammer bewiesen werden können. Zwar habe ein Zeuge bekundet, dass er Äußerungen des Beklagten als Verharmlosung der Taten von Anders Breivik verstanden und deshalb hierüber auch als Journalist berichtet habe. Die Kammer hätte für eine sachgerechte Bewertung aber selbst in der Lage sein müssen, neben dem Wortlaut einzelner Sätze des Redebeitrags des Beklagten den Äußerungskontext festzustellen und damit den Äußerungsgehalt zu überprüfen. Dies sei notwendig, weil die Äußerungen des Beklagten in den Anwendungsbereich der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz fielen. Insbesondere der Kontext des genannten Zitates habe aber nicht mehr ermittelt werden können.
Es sei deshalb als tauglicher Anknüpfungspunkt für eine Aberkennung des Ruhegehalts nur ein Facebook-Post mit dem Inhalt »GEZ ABSCHAFFEN – SLOMKA ENTSORGEN!« verblieben. Dass der Post von dem Account des Beklagten abgesetzt wurde, stehe zwar nicht im Zweifel. Angesichts der aggressiven und Großbuchstaben verwendenden Formulierung und Ausgestaltung des Posts komme auch ein Verstoß gegen das Mäßigungsverbot und damit ein Dienstvergehen in Betracht. Dessen Gewicht hätte jedoch aus Sicht des Gerichts allenfalls eine Kürzung der Ruhestandsbezüge gerechtfertigt, nicht aber deren vollständige Aberkennung. Denn es fehle an einem schweren Dienstvergehen. Das folge aus den Umständen, dass die Dauer der Veröffentlichung des Posts nicht aufklärbar gewesen sei, der Beklagte den Post selbst nicht abgesetzt habe und dieser einen inhaltlichen Bezug zur Rolle des öffentlichen Rundfunks und der Neutralität der betroffenen Journalistin aufweise, es also nicht ausschließlich um deren persönliche Diffamierung gegangen sei.
Auch sonstiges Verhalten des Beklagten habe keine vollständige Aberkennung des Ruhegehaltes gerechtfertigt. Dies gelte namentlich für seine Betätigung für den »Flügel« der AfD als extremistischem Personenzusammenschluss innerhalb der AfD und vielfältige öffentliche Äußerungen, die ausgehend von § 31 Deutsches Richtergesetz den Schluss zuließen, dass der Beklagte nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe. Denn diese Vorwürfe seien Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens vor dem Dienstgericht und auch Gegenstand eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Dresden gewesen. Im vorliegenden Disziplinarklageverfahren seien sie dem Beklagten aber gerade nicht zur Last gelegt und damit nicht Gegenstand des Verfahrens geworden.
Dass der Beklagte im Ergebnis des vorangegangenen Disziplinarverfahrens als nicht mehr im Richteramt tragbar angesehen und daher in den Ruhestand versetzt wurde, er wegen der hier zum Gegenstand des Disziplinarverfahrens gemachten Vorwürfe aber nicht sein Ruhegehalt abzuerkennen ist, stelle keinen Widerspruch dar. Die unterschiedlichen Ergebnisse folgten vielmehr aus den abweichenden Gegenständen der Verfahren und beruhten auf den mit der Disziplinarklage vorgetragenen und somit den Verfahrensgegenstand bestimmenden und einschränkenden konkreten Tatvorwürfen. Das Dienstgericht ist an den Umfang der Tatvorwürfe aus der Disziplinarklage gebunden.
Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten das Rechtsmittel der Berufung zum Dienstgerichtshof zu.