LfV Sachsen warnt vor Desinformation im Bundestagswahlkampf
24.01.2025, 09:47 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
LfV-Präsident Christian: »Desinformationskampagnen sind ein Angriff auf unsere Demokratie«
Anlässlich des aktuellen Bundestagswahlkampfes warnt das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen vor der Gefahr hybrider Bedrohungen, insbesondere durch Desinformation. Damit gemeint sind Versuche fremder Mächte, die politische Meinungsbildung, vor allem durch das Verbreiten sogenannter »Fake News«, gezielt zu beeinflussen. Zudem zielt Desinformation darauf ab, das Vertrauen in die demokratischen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland zu erschüttern.
»Die Gefahr, im Vorfeld der Bundestagswahl mit Desinformation konfrontiert zu werden, ist hoch«, sagte Dirk-Martin Christian, Präsident des LfV Sachsen. »Wir müssen uns darauf einstellen, dass Desinformationskampagnen zum Beispiel kontroverse Wahlkampfthemen aufgreifen und umdeuten, um mit gefälschten Inhalten gesellschaftliche Empörung hervorzurufen.« Auch Parteien, Kandidaten oder der demokratische Wahlprozess selbst könnten in den Fokus solcher Kampagnen rücken. Desinformationen spielten insbesondere rechtsextremistischen Akteuren in die Hände, so LfV-Präsident Christian weiter. Inhalte, die rechtsextremistische Narrative bedienten, würden von ihnen aufgegriffen und ungefiltert weiterverbreitet.
Dabei nutzen die Urheber groß angelegter Desinformationskampagnen zunehmend auch die Möglichkeiten generativer KI-Tools. Mit deren Hilfe können z. B. frei erfundene Bilder sowie Audio- oder Videobeiträge in hoher Qualität für die sozialen Medien produziert werden. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten, Inhalte nach Belieben zu manipulieren. »Desinformation arbeitet mit Verzerrungen und Skandalisierungen bis hin zu Verleumdungen. Gerade im Kontext der anstehenden Bundestagswahl sind Desinformationskampagnen deshalb ein Angriff auf unsere Demokratie«, so LfV-Präsident Dirk-Martin Christian. Weil Desinformation in den reichweitenstarken sozialen Medien eine gefährliche Eigendynamik entwickeln könne, sei die Aufklärung hierüber ein zentraler Baustein zum Schutz unserer demokratischen Wahlen, so der LfV-Präsident.
Vor diesem Hintergrund hat das LfV Sachsen die wichtigsten Fragen und Antworten zu Desinformation als eine Form hybrider Bedrohungen sowie weiterführende Links zum Thema nachfolgend zusammengefasst:
Was sind hybride Bedrohungen?
Der Begriff hybride Bedrohungen beschreibt koordinierte, illegitime Handlungen staatlicher und staatlich gelenkter Akteure zur Durchsetzung eigener Interessen zum Nachteil eines fremden Staates. Es handelt sich dabei um verdeckte Operationen abseits klassischer militärischer Angriffe. Zu den wichtigsten Instrumenten zählen Cyberangriffe und Desinformation. Ziel ist es, die dem fremden Regime wohlgesonnenen Akteure (Einzelpersonen, Parteien, NGOs) zu fördern und kritische bis feindlich gesinnte Akteure nachhaltig zu diskreditieren.
Was ist Desinformation?
Der Begriff Desinformation beschreibt das absichtliche Verbreiten falscher oder irreführender Informationen mit dem Ziel, Menschen zu manipulieren. Im Fall von Desinformation erstellt und verbreitet der Urheber also bewusst Nachrichten, die nach objektiven Maßstäben inhaltlich falsch oder sinnentstellend sind. In ausgewählten Zielländern verbreitete Desinformationen sollen möglichst große Teile der dortigen Gesellschaft verwirren und verunsichern, um auf diese Weise die öffentliche Meinungsbildung im Sinne der Urheber zu beeinflussen.
Der Begriff Desinformation ist mehr als nur ein anderes Wort für »Fake News«. Er beschreibt das geplante Vorgehen, politische Meinungs- und Willensbildungsprozesse mittels manipulierter Informationen zu beeinflussen. Dabei geht es in der Regel nicht bloß um das Verbreiten einzelner Beiträge. Fremde Mächte setzen Desinformation heutzutage in Form orchestrierter Kampagnen ein, bei denen manipulierte Inhalte im Internet möglichst breit gestreut werden.
Wie funktioniert Desinformation?
Desinformationen funktionieren über die starke Emotionalisierung ihrer Rezipienten. Um diese zu erreichen, werden kontroverse Themen inhaltlich so dargestellt, dass sie negative Stimmungen verstärken und das Vertrauen in die demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen erschüttern. Desinformationen können auch darauf abzielen, z. B. Unternehmen oder prominente Akteure aus Politik und Wirtschaft zu diskreditieren. Dabei stehen nicht nur Konzerne, sondern auch mittelständische Unternehmen im Fokus solcher Aktivitäten.
Die Urheber von Desinformationen arbeiten mit manipulierten Inhalten (Deepfakes, gefälschte Fotos, Imitationen seriöser Nachrichtenportale), Lügen, Gerüchten, tendenziösen und haltlosen Behauptungen sowie aus dem Kontext gerissenen Informationen (stark verkürzte Inhalte, fehlerhafte Statistiken). Die Themen und Inhalte einzelner Beiträge sind dabei beliebig austauschbar. Sie müssen lediglich dem Ziel dienen, Empörung zu erzeugen bzw. zu verstärken.
Aktuelles Beispiel: Ein im Dezember 2024 auf der Social-Media-Plattform Facebook veröffentlichtes Video behauptet, der Grünen-Kanzlerkandidat und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sei in einer Villa mit »150 g Kokain (Original-Schreibweise »Kok*in«)« bei einem »Geheimdiensteinsatz« festgenommen worden. Eine Nachrichtenquelle wird in dem Video nicht genannt, stattdessen bleibt völlig unklar, auf welcher Grundlage diese Information basiert. Das Faktencheck-Team der Nachrichtenagentur dpa klärte dazu auf: Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für diese Behauptung und auch keine Quellen. Zudem wurde das Video, das offensichtlich eine x-beliebige Villa aus der Vogelperspektive zeigt, mithilfe eines Tools für Animationen ohne viel Aufwand produziert. Zum Faktencheck: https://dpa-factchecking.com/germany/241216-99-346966/
Wie werden Desinformationen verbreitet?
Grundsätzlich eignen sich alle modernen Kommunikationsmittel und -formate dazu, Desinformationen zu verbreiten. Das können klassische Text- und Bild-Beiträge (z. B. Online-Artikel auf manipulierten Webseiten), Memes oder Audio- und Videosequenzen (z. B. Deepfakes) sein. Über das Internet und insbesondere die sozialen Medien werden diese Inhalte in den Zielländern breit gestreut. Dabei nutzen fremde Mächte zum einen staatseigene Medien und Social-Media-Kanäle sowie die Unterstützung staatsnaher Akteure, z. B. Influencer, die dem fremden Regime unkritisch bis treu gegenüberstehen. Zum anderen werden gezielt Social-Media-Kanäle oder Webseiten aufgebaut, um eine möglichst hohe Reichweite im Zielland zu erzeugen. Dabei schrecken fremde Mächte nicht davor zurück, Webseiten und Social-Media-Kanäle bekannter Qualitätsmedien zu imitieren und diese mit manipulierten Beiträgen zu bestücken. Jede Desinformationskampagne lebt letztendlich davon, dass Menschen diese schädlichen Inhalte massenhaft unter Freunden, Followern sowie innerhalb der Familie weiterverbreiten.
Wie kann ich Desinformation erkennen?
Zunächst einmal gilt: Inhalte hinterfragen, statt diese ungeprüft weiterzuverbreiten. Wichtig ist dies vor allem bei stark emotionsgeladenen Beiträgen, in denen angeblich »unglaubliche Fakten« aufgezählt oder vermeintlich skandalöse »Enthüllungen« präsentiert werden.
Dabei empfiehlt es sich, Inhalte auf folgende Fragen hin abzuklopfen:
– Ist der Beitrag faktenbasiert und widerspruchsfrei?
– Können die Informationen einer seriösen Quelle zugeordnet werden?
– Passen die verwendeten Bilder inhaltlich zum Beitrag?
– Tauchen die verwendeten Bilder im Internet noch in einem anderen Kontext auf?
Inhalte, die beim näheren Hinsehen Widersprüche oder weitere Fragen aufwerfen, sollten nicht einfach weiterverbreitet werden. Oft hilft eine kurze Internetrecherche bei der Einordnung.
Wo finde ich weitere Informationen zum Thema?
Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen hat ein Informationspapier veröffentlicht, das umfassend über das Thema Desinformation aufklärt. Dieses steht auf der Webseite des LfV Sachsen kostenfrei zum Download bereit: https://www.verfassungsschutz.sachsen.de/download/Informationspapier_Desinformation.pdf
Über die Gefahren der illegitimen ausländischen Einflussnahme auf die Bundestagswahl 2025 klärt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in einem Analysebeitrag auf: https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/hintergruende/DE/spionage-und-proliferationsabwehr/gefaehrdung-der-bundestagswahl-2025-durch-unzulaessige-auslaendische-einflussnahme.html