Neue Ausstellung der Deutschen Fotothek in der SLUB Dresden: Fotografien von Peter Ursinus. Träumer
20.03.2025, 09:31 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
In der Cafeteria Bib-Lounge der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB Dresden) hat eine neue Ausstellung der Reihe loungeaffairs eröffnet. Unter dem Titel »Ursinus. Träumer« sind bis 25. Juli 2025 Fotografien von Peter Ursinus (1946–2012) zu sehen, dessen fotografischer Nachlass 2021 in das Archiv der Fotografen der Deutschen Fotothek übernommen wurde. Die Ausstellung stellt Ursinus mit einer Auswahl von 17 Motiven vor, die das Spektrum seines Schaffens zwischen Street Photography und der grafisch-gestalterischen Durchdringung der Wirklichkeit vor Augen führt. Zuletzt wurde sein Werk in den 1970er Jahren in Berlin ausgestellt. Nach 50 Jahren rückt die Schau die Fotografie von Peter Ursinus nun wieder ins Bewusstsein. Die vom Studentenwerk Dresden geführte Cafeteria Bib-Lounge in der SLUB (Zellescher Weg 18, 01069 Dresden, 1. OG) hat Montag bis Freitag von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.
Nah dran: Der Fotograf Peter Ursinus und sein Werk
Peter Ursinus ist ein Fotograf, der beinahe in Vergessenheit geraten wäre. Dem erratischen Charakter seines Lebens entspricht die Rettung seines fotografischen Nachlasses, der nach seinem Tod 2012 bereits zur Entsorgung vorgesehen war und von einem zufällig vorbeikommenden Passanten, Norbert Lau, geborgen wurde. Er sichtete die 370 Abzüge, rund 3.000 Negative und über 1.000 Diapositive und erkannte das fotografische Potential. Damit konnten die Spuren einer ebenso komplizierten wie intensiven Existenz gesichert werden. 2021 übernahm die Deutsche Fotothek an der SLUB Dresden den fotografischen Nachlass.
Das Fotografieren hatte sich Peter Ursinus, der 1946 in Berlin geboren wurde, vermutlich autodidaktisch angeeignet, aber schon früh gekonnt eingesetzt. Sein Werk ist mit rund 4.000 Aufnahmen aus dem Zeitraum vom Ende der 1960er Jahre bis in die frühen 1990er Jahre nicht allzu groß, aber in seiner Intensität beeindruckend. Es erzählt vom Leben in all seinen Schattierungen.
Peter Ursinus war jemand, der genau hinschaute, gerade in Situationen, in denen für gewöhnlich weggesehen wird. Ende der 1960er Jahre lebte er in London, wo er sich in der Subkultur bewegte und seine Bilder im Arts Lab, einem kreativen Zentrum mit Kino, Theater und einer Galerie, ausstellen konnte. Der Höhepunkt von Ursinus’ fotografischem Schaffen liegt in den 1970er Jahren. Zurück in Berlin, war er mit seiner Kamera unermüdlich in Kreuzberg unterwegs. Er fotografierte das Leben, wie es ihm auf den Straßen, in den Clubs und Cafés des Kiezes begegnete. Street Photography in all ihren Facetten: die Menschen hart, rau und doch voll Zärtlichkeit und lakonischem Humor im Miteinander, das Erscheinungsbild der Stadt von sozialem Gefälle und noch vom Zweiten Weltkrieg geprägt – und trotzdem durchzogen von verborgener Schönheit.
Ausstellungskuratorin Agnes Matthias sagt: »Nah dran wusste Peter Ursinus die spezifische Atmosphäre von Verfall und Aufbau, den Altberliner Mief und die subversive Aktion, Melancholie und Lebensfreude in seinen Schwarzweißfotografien in eindrücklicher Weise einzufangen. Seine Aufnahmen trafen den Nerv der Zeit und wurden in kleineren Ausstellungen in Kreuzberg erfolgreich gezeigt.«
Psychische Probleme führten dazu, dass Peter Ursinus seine fotografischen Ambitionen in den 1980er Jahren zurückstellte. Nach einem Klinikaufenthalt führte ihn eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme in den »Laden 25«, eine Lüneburger Werkstatt zur sozialen Integration, wo er fast 20 Jahre lang als Fahrradmechaniker arbeitete. Bis zu seinem Tod 2012 lebte er äußerst zurückgezogen in Lüneburg. In den Jahren zuvor aber hatte er in der Fotografie seine eigene, eine fragile wie aufregende Welt gefunden: Ursinus. Träumer.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit 47 Abbildungen und einem einführenden Text von Agnes Matthias im publish&print Verlag Dresden (ISBN 978-3-946339-59-5, Preis: 10 €)
Weiterführende Informationen:
Im Rahmen der Ausstellung findet am Dienstag, den 17.6.2025, um 19 Uhr, ein FOTOTHEK.spotlight statt: Spurensuche. Zu Leben und Werk von Peter Ursinus. Gespräch mit Norbert Lau und Michael Dewey
SLUB Dresden, Bib-Lounge, und im Livestream