Das Handwerk als Treiber und Ermöglicher einer erfolgreichen Energiewende in Sachsen
09.04.2025, 12:25 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
SMWA und Handwerkskammer Dresden stellen Kurzstudie »Das Handwerk als Schlüsselbranche zur Umsetzung der Energiewende« vor
Von der Dachsanierung über die Installation von Wärmepumpen bis hin zum Einbau energieeffizienter Fenster und der Außendämmung: Das Handwerk trägt wesentlich zur Umsetzung und dem Gelingen der Energiewende in Sachsen bei. Der Handlungsbedarf ist enorm: 52 Prozent der Wohngebäude in Sachsen sind vor 1949 errichtet (Deutschland: 25 Prozent). Damit hat der Freistaat, gemessen an der Verteilung der Baualtersklassen, den ältesten Gebäudebestand Deutschlands. 80 Prozent der rund 850.000 Wohngebäude in Sachsen werden noch auf Basis von fossilen Energieträgern beheizt, was einen Austausch von jährlich mehr als 30.000 Heizungen bis zur Klimaneutralität 2045 bedeutet.
Das sächsische Wirtschaftsministerium (SMWA) und die Handwerkskammer Dresden haben am Mittwoch im Rahmen der Sächsischen Energietage die Ergebnisse der neuen Kurzstudie »Das Handwerk als Schlüsselbranche zur Umsetzung der Energiewende« vorgestellt. An der Umfrage zum Status Quo haben sich 380 Unternehmen beteiligt. Dabei ging es insbesondere um die Frage, was auf das Handwerk in den nächsten Jahren an Aufgaben zukommt und welche Kapazitäten das Handwerk für die Installation von Erneuerbare-Energien-Technologien (EE) sowie für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz (EnEff) mitbringt. Außerdem wurden künftige Bedarfe mit Blick auf Qualifikationen, Fachkräfte und Investitionen abgefragt. Im Auftrag des SMWA hat das Leipziger Institut für Energie GmbH die Befragung ausgewertet.
»Um es mit einem Sportbegriff auf den Punkt zu bringen: Das Handwerk ist der offizielle Ausrüster der Energiewende. Ohne Handwerk bleibt die Energiewende Stückwerk. Nur mit den Handwerksbetrieben sind die zentralen Ziele im Energie- und Klimaprogramm Sachsen erreichbar. Es ermöglicht pragmatische Lösungen und schafft somit direkt beim Verbraucher Akzeptanz für einen klimafreundlichen Umbau«, sagt Wirtschaftsminister Dirk Panter. Zugleich verweist er auf die großen Potenziale im Freistaat: »In den kommenden 20 Jahren gibt es zehntausende Sanierungs- und Modernisierungsaufträge. Noch nie waren im Handwerk die Aufstiegschancen in leitende Funktionen oder erfolgreiche Gründungen so groß wie jetzt. Die Fachkräftegewinnung und -sicherung im Handwerk muss uns deshalb ein gesamtgesellschaftliches Anliegen sein. Berufliche Bildung bedarf unserer finanziellen und auch ideellen Wertschätzung.«
»Das Handwerk steht bereit, die Energiewende zu stemmen. Die Kurz-Studie zeigt aber einmal mehr: Der Mangel an Fachkräften bremst das Handwerk aus«, betont Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden. »Daher ist es die gemeinsame Aufgabe von Politik, Gesellschaft und Handwerk, noch mehr junge Menschen für das Handwerk zu begeistern. Um dem Fachkräfteengpass wirkungsvoll zu begegnen, braucht es die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Um junge Menschen zu motivieren, Handwerksbetriebe zu führen, bedarf es eines echten Bürokratieabbaus und mehr unternehmerischen Freiheiten. Und schließlich benötigen wir verlässliche und klare Gesetze und Vorgaben, um Betriebe und Kunden nicht zu verunsichern. Dann gilt: Wir können alles, was kommt.«
Die Frank Scholze Elektro GmbH aus Bautzen gehört zu den sächsischen Handwerksbetrieben, die an der Energiewende vor Ort mitwirken. Das 23-köpfige Team um Elektrotechnikmeister Frank Scholze hat sich auf die Installation von Solaranlagen und Stromspeichern für eine umweltfreundliche Energiegewinnung spezialisiert. »Uns als Handwerksbetrieb kommt eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Energiewende vor Ort zu. Uns fragen die Kunden, was sie installieren sollen und was langfristig sinnvoll ist. Uns vertrauen sie. Umso wichtiger ist es, dass wir verlässliche Rahmenbedingungen und Förderkulissen seitens der Politik erhalten. Wir beraten dann die Kunden und sorgen für eine fachgerechte Umsetzung«, erklärt Frank Scholze.
Ausgewählte Ergebnisse im Überblick:
- Altersbedingte Abgänge: Bei Unternehmen mit zwei bis vier Beschäftigten erwarten 40 Prozent altersbedingte Abgänge von ein bis zwei Personen, was in dieser Beschäftigtenklasse einen Mitarbeiterrückgang von 25 bis zu 50 Prozent entsprechen kann.
- Aus- und Weiterbildung: Größere Unternehmen ab zehn Angestellten bilden mindestens zwei Personen aus oder weiter. Mehr als die Hälfte der Unternehmen – insbesondere Soloselbstständige und Kleinstbetriebe mit bis zu neun Angestellten – hat innerhalb der vergangenen fünf Jahre keine Personen aus- oder weitergebildet.
- Qualifikationsbedarf: Gut ein Drittel der Betriebe sieht Bedarf im Bereich der EE-Technologien (Photovoltaik, Heizungs- und Gebäudetechnik) und EnEff-Maßnahmen (Gebäudedämmung, Wärmeverbundsysteme).
- Fachkräftebedarf: 206 Unternehmen suchen insgesamt 686 neue Mitarbeiter oder Auszubildende. Knapp die Hälfte der Unternehmen rechnet mit einem zu geringen Fachkräfteangebot in den Bereichen Photovoltaik (Solarteure, Anlagentechniker), Elektrotechnik, Dämmung und Sanierung sowie Sanitär/Heizung/Klima (Installateure, Kälteanlagen- und Heizungsbauer).
- Angebot im Bereich der EE-Technologien und/oder EnEff-Maßnahmen: 78 Prozent der antwortenden Unternehmen gaben an, ein entsprechendes Leistungsportfolio vorzuhalten oder sie planen, es zukünftig aufzubauen, zu erweitern und anzubieten.
- Auftragsbestand: Rund ein Viertel der antwortenden Unternehmen konnte Aufträge kurzfristig innerhalb der nächsten vier Wochen abarbeiten, rund 47 Prozent innerhalb der nächsten vier Monate. 27 Prozent der Betriebe benötigten einen längeren Auftragsvorlauf von mehr als vier Monaten.
- Anteil am Gesamtumsatz: Die Gesamtleistungen im Bereich der EnEff-Maßnahmen und EE-Technologien liegt bei mehr als jedem zweiten Unternehmen bei durchschnittlich unter zehn Prozent des Gesamtumsatzes. Ein Großteil der Betriebe schätzt das Potenzial höher ein als es aktuell ausgeschöpft wird.
- Lieferschwierigkeiten: Etwas mehr als die Hälfte der antwortenden Unternehmen ist von Lieferschwierigkeiten betroffen, insbesondere bei den Produktgruppen Wärmepumpen, Photovoltaik (Module, Wechselrichter), Elektronikbaugruppen, Wärmespeicher, Biomasse-Wärmeerzeuger (Brennwertthermen) und Komponenten zur Dachsanierung.
- Investitionsbedarf: Um das Potenzial für mehr EE- und EnEff-Aufträge zu steigern, sehen 35 Prozent der Betriebe Investitionsbedarf. Dieser wird überwiegend mit unter 25.000 Euro beziffert (zwei Drittel der Betriebe mit Investitionsbedarf). Bei dem restlichen Drittel liegt der Bedarf oberhalb von 25.000 Euro bis teilweise über 250.000 Euro.
- Abbau von Bürokratie: Konkreten Hemmnissen aufgrund bestehender gesetzlicher Regelungen sehen sich 40 Prozent der antwortenden Betriebe ausgesetzt. Sie befürworten die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, den Abbau von bzw. den Verzicht auf neue Dokumentations- und Berichtspflichten sowie die generell leichtere Verständlichkeit gesetzlicher Regelungen.