JVA Zwickau-Marienthal soll 2029 fertig sein

25.06.2025, 11:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Die gemeinsame Justizvollzugsanstalt von Sachsen und Thüringen in Zwickau-Marienthal soll 2029 fertiggestellt sein und 2030 den Regelbetrieb aufnehmen. Die Gesamtkosten sollen nicht mehr als 476 Millionen Euro betragen, zuzüglich einer Risikovorsorge in Höhe von 24 Millionen Euro für weitere Preissteigerungen. Um einen wirtschaftlichen Bauablauf sicherzustellen, soll ein sogenannter Totalunternehmer beauftragt werden. Ziel dieser Maßnahme ist es, dass die weiteren Planungsleistungen gemeinsam mit der Bauausführung an ein Unternehmen gegeben werden, so dass diese Leistungen ganzheitlich dem Wettbewerb unterstellt werden. Darauf verständigten sich die beiden Freistaaten Sachsen und Thüringen in einer Vereinbarung.

Nachdem der Vertrag mit einem Generalplaner im Oktober 2023 aufgrund gravierender Mängel gekündigt werden musste, um weiteren Schaden vom Bauvorhaben abzuwenden, mussten die Bauarbeiten weitgehend eingestellt werden. Das Großbauprojekt musste umfassend neu ausgerichtet werden. Die Bauarbeiten an der Justizvollzugsanstalt von Sachsen und Thüringen in Zwickau-Marienthal werden voraussichtlich 2027 wiederaufgenommen werden.

»Sachsen und Thüringen stehen zu dem Großbauvorhaben der gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau-Marienthal. Wir haben uns entschieden, den Weg weiter gemeinsam zu gehen, auch wenn es kompliziert ist. Denn wir brauchen diesen Neubau. Unsere alten Anstalten genügen nicht mehr den Anforderungen an einen zeitgemäßen, sicheren und menschenwürdigen Strafvollzug«, sagte Sebastian Hecht, Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium der Finanzen, heute in Zwickau.

Dr. Tobias J. Knoblich, Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Digitales und Infrastruktur: »Mit dem vorliegenden Verhandlungsergebnis gewährleisten wir einen geregelten und kontrollierten Weiterbau der JVA Zwickau-Marienthal im beiderseitigen Einverständnis. Das wichtigste Ergebnis ist für mich jedoch das neu gewonnene Vertrauen und der beidseitige Wille, das in Schieflage geratene Projekt wieder auf Kurs zu bringen. Aus Thüringer Sicht war wichtig, sich von der Seitenlinie stärker ins Spiel zu bringen. Insofern ist der neuen Thüringer Landesregierung innerhalb eines halben Jahres gelungen, was zuvor zehn Jahre versäumt wurde.«

2014 wurde zwischen den Freistaaten Sachsen und Thüringen ein Staatsvertrag zur Errichtung einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt mit 820 Haftplätzen geschlossen. Laut Staatsvertrag sind 370 Haftplätze für den Freistaat Thüringen und 450 Plätze für den Freistaat Sachsen vorgesehen. Bauherr ist der Freistaat Sachsen. Innerhalb der rund 1,4 Kilometer langen Gefängnismauern entstehen unter anderem sechs Hafthäuser, ein Multifunktionsgebäude mit Besucherzentrum, eine Sporthalle und Arbeitsbetriebe. Hinzu kommt ein Hafthaus außerhalb der Gefängnismauern für den offenen Vollzug.

Was bisher geschah
Auf dem Baugelände in Zwickau-Marienthal befand sich ein ehemaliges Reichbahnausbesserungswerk. Es mussten Abstimmungen mit der Stadt Zwickau geführt und Planungen beauftragt werden. Von 2015 bis 2018 folgte die Aufstellung des Bebauungsplans mit der Stadt Zwickau. Parallel musste das rund 25 Hektar große Baufeld vorbereitet werden. Der gesamte Gebäude- und Anlagenbestand war abzubrechen, eine Trafoumverlegung und umfassende Altlastensanierungen waren erforderlich und erste Medienanschlüsse für das Grundstück wurden hergestellt.

Baurecht erst ab 2018
Zeitgleich wurde die künftige Justizvollzugsanstalt einschließlich Variantenbetrachtungen geplant. Dafür konnte 2015 ein Generalplaner (ARGE Justiz-Planungen Neubau JVA Zwickau) gewonnen werden. Der Bebauungsplan der Stadt Zwickau trat erst nach einer zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung Anfang 2018 Inkraft. Erst danach bestand Baurecht, was den ursprünglich für 2019 avisierten Termin für die Fertigstellung der JVA obsolet machte.

Vergabe an Generalunternehmer fehlgeschlagen
2018 scheiterte die geplante Vergabe der Bauleistungen an einen Generalunternehmer, da kein wirtschaftlich annehmbares Angebot abgegeben wurde. In der Folge wurden die weiterführenden Planungen durch den Generalplaner durchgeführt und die Bauleistungen gewerkeweise ausgeschrieben. Dies führte zu einem späteren Beginn der Hochbauarbeiten als zuvor geplant. Die Bauarbeiten für den Neubau konnten somit erst 2019 beginnen. Das Richtfest fand im Oktober 2022 statt.

Auftreten von Mängeln und Kündigung des Generalplaners
Mit voranschreitender Baudurchführung traten ab Mitte 2022 zunehmend Probleme zu Tage, die durch unzureichende und mangelhafte Leistungen des beauftragten Generalplaners verursacht wurden. Planungs- und Bauüberwachungsleistungen waren unvollständig und mit Mängeln versehen. Die Mängel hatten sich in Teilen bereits im Bauwerk manifestiert und der Bauablauf hatte sich verzögert. Rund 50 Rügeschreiben in über 100 Einzelsachverhalten ergingen an den Generalplaner, um die Probleme zu beseitigen. Nachdem der Generalplaner trotz der Rügeschreiben nicht angemessen reagierte, folgte Mitte Oktober 2023 die Kündigung des Vertrages mit dem Generalplaner, um weiteren Schaden von dem Bauvorhaben abzuwenden. Auf Grund der Kündigung des Generalplaners kam es bei einem Großteil der gebundenen Baufirmen zu einer Unterbrechung der Bauausführung, welche voraussichtlich länger dauern würde. Aus diesem Grunde wurden die Vertragsverhältnisse mit den beauftragten Firmen gekündigt. In der Folge konnte die reguläre Bautätigkeit seit Ende März 2024 nicht weiter fortgeführt werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Rohbauarbeiten fast fertiggestellt. Auch die Fassadenarbeiten an den Häusern waren überwiegend abgeschlossen. Mit dem Innenausbau hatte man gerade begonnen. Vor Kündigung des Generalplaners war die Inbetriebnahme im 1. Quartal 2025 geplant.

Mängelfeststellung und –beseitigung noch nicht abgeschlossen
Die Mängelfeststellung, -dokumentation und -beseitigung sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Eine endgültige Schadenshöhe kann demzufolge noch nicht beziffert werden. Die reguläre Baustellentätigkeit konnte mangelbedingt seit Ende März 2024 nicht fortgeführt werden.

Weitere Gründe für Bauverzug und gestiegene Baukosten
2017 beliefen sich die geplanten Gesamtbaukosten noch auf rund 172 Millionen Euro.
Infolge der Corona-Pandemie kam es allerdings immer wieder zu Behinderungen in der Bautätigkeit. Nach der Pandemie brach der völkerrechtswidrige russische Krieg in der Ukraine aus. Beide Ereignisse führten zu Lieferengpässen, erhöhten Lohnaufwendungen und der Verteuerung der Energie- und Materialkosten. Der Baupreisindex stieg von 2019 bis 2024 um rund 50 Prozent. Dies machte sich auch im Bauprojekt bemerkbar. Der zuletzt genehmigte Kostenrahmen für die Baumaßnahme beläuft sich aktuell auf 317,8 Millionen Euro. Davon sind 236 Millionen Euro bereits ausgegeben.

Nachdem 2023 dem ursprünglichen Generalplaner gekündigt werden musste, konnte ein zweiter Generalplaner (S&P Sahlmann und Partner, Leipzig) vertraglich gebunden werden, der im Sommer 2024 seine Arbeit aufnahm. Seine Aufgabe bestand zunächst darin, ein Fertigstellungskonzept zu erstellen. Der Vertrag mit dem neuen Generalplaner ermöglicht in einem zweiten Teilschritt auch eine Baufertigstellung. Das Konzept liegt seit Ende vergangenen Jahres vor. Nach Prüfung der umfangreichen Unterlagen haben sich die beiden Freistaaten allerdings darauf verständigt, das vom zweiten Generalplaner vorgelegte Fertigstellungskonzept nicht weiterzuverfolgen, da eine Generalplanung nicht der spezifischen Situation entspricht. Aufbauend auf dem Fertigstellungskonzept soll vielmehr das Bauvorhaben mit einem Totalunternehmer fortgesetzt werden. Dadurch kann Planen und Bauen aus einer Hand erfolgen.

Warum die Fortführung des Gesamtprojektes wirtschaftlich ist
Nach Kündigung des alten Generalplaners und Vorlage eines Fertigstellungskonzeptes durch den neuen Generalplaner wurde untersucht, ob eine Fortführung des Gesamtprojektes aus sächsischer Sicht weiterhin wirtschaftlich ist. Dabei wurden verschiedene Varianten gegenübergestellt – vom Abbruch der bereits erstellten Gebäude und Neubau bis hin zur Sanierung und Ausbau bestehender Justizvollzugsanstalten. Dabei wurden hinsichtlich der Kosten pro Haftplatz auch Vergleiche mit anderen Bundesländern herangezogen. Das eindeutige Ergebnis: Trotz deutlich gestiegener Baukosten ist es wirtschaftlicher, das Großbauprojekt in Zwickau-Marienthal fortzusetzen. Zu einem gleichen Ergebnis kam auch eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von Thüringen.

Zusammenarbeit mit Thüringen
Staatssekretär Sebastian Hecht: »Die Zusammenarbeit zwischen den Freistaaten Sachsen und Thüringen ist weiterhin von einem vertrauensvollen Miteinander geprägt. Die Gespräche der letzten Wochen haben noch einmal die gegenseitigen Erwartungen klargestellt und die Kosten- und Terminziele zum Inhalt gehabt. Die eingesetzten Gremien werden mit hoher Transparenz in beiden Freistaaten gewährleisten, dass diese für Sachsen und Thüringen außerordentliche Baumaßnahme erfolgreich fertiggestellt werden wird.«


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium der Finanzen

Ansprechpartner Dirk Reelfs
Telefon: +49 351 564 40060
Telefax: +49 351 564 40069
E-Mail: presse@smf.sachsen.de
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