Kito Lorenc erhält den Lessing-Preis 2009 des Freistaates Sachsen
17.01.2009, 11:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Die sächsische Kunstministerin Dr. Eva-Maria Stange hat heute den sorbisch-deutschen Dichter Kito Lorenc mit dem Lessingpreis des Freistaates Sachsen ausgezeichnet. Die Förderpreise zum Lessing-Preis gingen in diesem Jahr an Ulrike Almut Sandig und Dirk Laucke.
Der Lessingpreis, 1993 vom Freistaat Sachsen im Andenken an Gotthold Ephraim Lessing, gestiftet, würdigt Personen, "deren Werk in der von Lessing geprägten geistigen Tradition steht und die für die deutsch-sprachige Literatur oder das deutschsprachige Theater Herausragendes geleistet haben", so das Statut.
In ihrer Festrede erinnerte Staatsministerin Dr. Stange an die Verantwortung der Politik, damit solche literarischen Leistungen gedeihen könnten: "Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir einen kulturvollen Raum schaffen, in dem Vieles und Vielfalt möglich sind. Der Weg und das Ziel nachhaltiger Kulturpolitik können – ganz im Sinne der Aufklärung und damit Lessings – nur ein politisches und kulturelles Klima von Meinungsfreiheit und Toleranz sein. Politik hat dabei die Aufgabe, die Freiheit des Dialogs zu schützen und seine institutionellen Bedingungen zu ermöglichen."
Der Lessing-Preis wird alle zwei Jahre vergeben. Er ist mit 13.000 €, die Förderpreise sind mit je 5.500 € dotiert. Während der Hauptpreis, so die Satzung, die bedeutende Leistung oder das Lebenswerk würdigen, werden mit den Förderpreisen junge Persönlichkeiten geehrt, die mit besonderen Leistungen auf sich aufmerksam gemacht haben und auf diese Weise in ihrem schriftstellerischen Tun bestärkt werden sollen.
Hintergrund:
Kito Lorenc (* 4. März 1938 in Schleife bei Weißwasser, lebt als Schriftsteller, Dichter und Übersetzer in Wuischke bei Hochkirch).
Lorenc besuchte von 1952 bis 1956 die sorbische Internatsoberschule in Cottbus und studierte von 1956 bis 1961 Slawistik in Leipzig. 1961 bis 1972 war er Mitarbeiter am Institut für sorbische Volksforschung in Bautzen. 1972 bis 1979 arbeitete er als Dramaturg am Staatlichen Ensemble für sorbische Volkskultur. Kito Lorenc ist Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und Träger u. a. des Heinrich-Heine-Preises des Ministeriums für Kultur der DDR (1974) und des Heinrich-Mann-Preises (1991). Am 18. Dezember 2008 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften der TU Dresden verliehen.
Aus der Laudatio, gehalten von Prof. Dr. Christian Prunitsch:
"Es sind (…) Wortkünstler wie Kito Lorenc, die dem Deutschen durch die nicht deutsche, in diesem Fall sorbische Linse Facetten abringen und angedeihen lassen, wie sie dem einsprachig-monoklischen Blick verborgen bleiben. Es ist deshalb Lorenc’ Werk dauerhaft mehr als nur feiertägliches Indiz für den unschätzbaren Wertzuwachs, den Sachsen durch seine sorbischen Bewohner gewinnt. Mit Kito Lorenc ehrt der Freistaat, so sehe ich es, einen bedeutenden deutschen, weil sächsischen, weil sorbischen Dichter und Literaturwissenschaftler."
Ulrike Almut Sandig (* 1979, Kindheit in Nauwalde, lebt als freie Autorin und Redakteurin der Literaturzeitschrift EDIT in Leipzig). Sandig studierte von 1998-2005 Journalistik (abgebrochen), Religionswissenschafts-, Indologiestudium in Leipzig (Abschluss). Dazwischen zwei Sprachreisen nach Indien, erste Gedichte in Plakatform, und 2004 Aufnahme des Studiums am Deutschen Literaturinstitut Leipzig.
2005 legte sie ihren Debütband „Zunder“ vor. 2006: Lyrikpreis Meran, Hertha-Koenig-Förderpreis, musikalisches Hörbuch mit Marlen Pelny: der tag, an dem alma kamillen kaufte. 2007 Stipendien in Ahrenshoop und Sydney, zweiter Gedichtband: streumen. 2008 Stipendium in Edenkoben, Ernst-Meister-Förderpreis der Stadt Hagen, Ursendung des Hörspiels Hush little Baby.
Aus der Laudatio, gehalten von Dr. Ulrike Draesner:
"Sandigs Gedichte setzen uns in Bewegung. Auf einer fast im alltäglichen Satzmuster gebauten Fläche lassen sie uns hineingleiten in eine Welt der allmählichen Verrückung, des Halbtraums, der Fiktion. Alles ist möglich: Man fliegt. Ist ein Hund. Wird ein Gesicht und sucht es doch. So hört und sieht man sich ein."
Dirk Laucke (*17. Juni 1982 in Schkeuditz, lebt als Dramatiker in Berlin).
Dirk Laucke studierte von 2004 bis 2008 Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin (UdK). 2004 wurde er von Tankred Dorst als Nachwuchsdramatiker zu den Salzburger Festspielen eingeladen. 2005 realisierte er mit zwei Kommilitoninnen für das Berliner Grips-Theater das Jugendstück "Hier geblieben!" zu der Lebenssituation minderjähriger Flüchtlinge in Deutschland.
Mit "alter ford escort dunkelblau" wurde Laucke 2006 zum Dramatikerworkshop beim Stückemarkt im Rahmen des Berliner Theatertreffens eingeladen und ein Jahr später für den Mülheimer Dramatikerpreis 2007 nominiert. In der Spielzeit 2006/2007 war er Stipendiat beim Autorenlabor am Düsseldorfer Schauspielhaus. 2006 erhielt er denKleist-Förderpreis.
Aus der Laudatio, gehalten von Jörg Mihan:
"Dirk Laucke ist der Beweis dafür, dass es junge Talente gibt, die sich ihren Erfolg erarbeiten, die ausgebildet, gefördert, gespielt, besprochen und sogar prämiert werden. (…) Lauckes Aufklärungs-Arbeit ist ganz speziell. Er richtet seinen Blick unerschrocken auf die soziale Krankheit: auf Absterben, Aussonderung, Selbstzerstörung, auf Gewalt und Resignation, auf Abstieg, Vertreibung und Flucht, auf Aufbegehren und Verdrängung. (…)Laucke thematisiert den Umbruch in Zeiten der Globalisierung. Er konstatiert kritisch und empathisch. Er kennt sich aus, er schreibt nicht von oben herab."
Kontakt: Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, Pressestelle, Christina Flume, Tel: 0351—564-6024, mobil: 0172 - 7955 424, christina.flume@smwk.sachsen.de