Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen setzen auf Strombörse in Leipzig
03.06.1999, 11:55 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Beim Wettlauf um die deutsche Strombörse zwischen Leipzig, Hannover, Düsseldorf, Berlin und Frankfurt am Main hat die LPX Leipzig Power Exchange mit dem Freistaat Thüringen einen neuen Partner gewonnen. Zugleich ist das Land Sachsen-Anhalt mit der Unterschrift durch Wirtschafts-minister Matthias Gabriel seit heute auch formell an der LPX beteiligt. Damit sind neben der Sachsen Landesbank (LB) und der skandinavischen Strombörse Nord Pool als strategischem Partner auch die Stadt Leipzig sowie Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Gesellschafter von LPX.
Alle Partner verwiesen im Rahmen einer Pressekonferenz am heutigen Donnerstag auf dem Flughafen Leipzig auf das erfolgversprechende Konzept der LPX, das für die Messestadt als Standort der deutschen Strombörse spreche: Mit der Koppelung von Spot- und Terminmarkt sowie dem strategischen Partner Nord Pool, der weltweit erfolgreichsten Strombörse mit Sitz in Oslo, wird die Leipzig Power Exchange eine Plattform für den Stromhandel bilden, die Wachstum verspricht und Sicherheit bietet.
Auf der Pressekonferenz, an der neben den Wirtschaftsministern von Sachsen und Sachsen–Anhalt, Dr. Kajo Schommer (CDU) und Matthias Gabriel (SPD), auch Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) und Eckhard Laible, Vorstandsmitglied der Sachsen LB, teilnahmen, betonte der thüringische Wirtschaftsminister Franz Schuster (CDU), dass LPX vor allem die rasche Etablierung eines Spotmarktes von den Konkurrenten unterscheide: „Der Spotmarkt, der den kurzfristigen Strom-handel erst ermöglicht, bildet eine sehr gute Preisreferenz für den Terminmarkt, an dem Futures und Optionen gehandelt werden. Für uns im Freistaat Thüringen war bei der Ent-scheidung über eine Beteiligung wichtig, dass mit der Etablierung einer Börse in Leipzig die Wettbewerbs-bedingungen für die neuen Bundesländer verbessert werden. Wesentliches Ziel muss es dabei sein, die Strompreisdisparitäten zwischen West und Ost so schnell wie möglich abzubauen.”
Dass der Spotmarkt ganz wesentlich zum Erfolg der skandinavischen Strombörse Nord Pool beigetragen habe, war für den sachsen-anhaltinischen Wirtschaftsminister Gabriel von entscheidender Bedeutung für das Engagement der Magdeburger: „Nord Pool als wirklich erfahrener Partner beim börslichen Stromhandel stellt eine Art Rückversicherung für den wirtschaftlichen Erfolg dar. Sachsen-Anhalt verspricht sich gerade vor dem Hintergrund höherer Strompreise im Osten Deutschlands mehr Markttransparenz. Mit der Angleichung der Strompreise an das niedrigere Westniveau würde sich die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen weiter erhöhen.” Die mitteldeutsche Region gehe außerdem mit einer Kommunikations-Infrastruktur ins Rennen, die auf dem neuesten Stand der Technik ist. Mit Blick über die nationalen Grenzen hinaus sei das, so Gabriel, ein weiteres stichhaltiges Argument für den Standort Leipzig.
Für Schommer bietet die LPX eine neutrale Plattform für den Stromhandel, die allen Marktteilnehmern gleiche Chancen garantiert und eine etwaige Dominanz Einzelner nicht zulässt. ”Einerseits Neutralität des Börsenstandortes und andererseits ein erprobtes, exakt auf den deutschen Markt zugeschnittenes Konzept, das sind Voraussetzungen, wie sie besser nicht sein könnten”, sagte Schommer.
Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee und Eckhard Laible, Vorstand der Sachsen LB, sind zuversichtlich, dass die LPX den Zuschlag erhalten wird. Die Entscheidung darüber falle aber erst am 10. Juni 1999, wenn das Konzept den Wirtschaftsexperten der von Bonn eingesetzten Projekt-gruppe „Deutsche Strom- und Energiebörse” vorgestellt wird.
LPX wird vorerst zu je 25 Prozent von der Sachsen LB und von der skandinavischen Strombörse Nord Pool getragen werden. Darüber hinaus werden der Freistaat Sachsen, Sachsen-Anhalt und der Freistaat Thüringen sowie die Stadt Leipzig an der Strombörse beteiligt sein. Voraussichtlich ab Herbst dieses Jahres wird die Trägergesellschaft dann für interessierte Marktteilnehmer geöffnet werden.
Starten wird die LPX voraussichtlich am 1. März 2000. Mittel- bis langfristig will LPX bis zu einem Fünftel des in Deutschland erzeugten Stroms an der Börse handeln. Das sind immerhin mehr als 100 Mrd. Kilowattstunden pro Jahr. Die Strombörse soll in eine Energiebörse überführt werden. Ziel ist es, über die Koppelung von Spot- und Terminmarkt nach dem Vorbild Nord Pool die neue Börse nach vier Jahren in die Gewinnzone zu führen.
Dem strategischen Partner von LPX, der 1993 gegründeten Strombörse Nord Pool mit Sitz im norwegischen Oslo, haben sich im Laufe der Jahre Finnland, Schweden und Dänemark (ab dem 1. Juli 1999) angeschlossen. Mit einem Jahresumsatz mit 4,65 Mrd. DM im Jahre 1998 und einem Handelsvolumen von 20 Prozent des in den Teilnehmerländern erzeugten Stroms ist Nord Pool die erfolgreichste der 15 weltweit agierenden Strombörsen.