Polizei Sachsen 2020
08.11.2010, 12:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Innenminister Ulbig stellt Ergebnisse der Aufgabenanalyse bei der Polizei vor
- Streifendienst in bisheriger Größe
- Engmaschiges Netz von Bürgerpolizisten
- Reduzierung von Führung, Stab und Verwaltung um 30 Prozent
- Bereitschaftspolizei weiterhin in voller Stärke
Sachsen ist eines der sichersten Bundesländer. Das beruht maßgeblich auf der soliden Arbeit der sächsischen Polizei. Die Kriminalitätsrate ist auf dem niedrigsten Stand seit 1993, die Zahl der Verkehrsunfälle ist rückläufig. Die Polizei genießt das Vertrauen der Bürger.
Innenminister Markus Ulbig: „Sachsen soll weiterhin eines der sichersten Länder in Deutschland bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Polizei mit dem gesellschaftlichen Wandel Schritt halten. Auf Höhe der Zeit zu bleiben heißt auch, Bestehendes und scheinbar Bewährtes zu hinterfragen.
Die sächsische Polizei hat ihren jetzigen Leistungsstand in einem Prozess von Anpassungen und Modernisierungen erreicht. Auch in den kommenden Jahren werden der Freistaat und die Polizei erneut vor solchen Anpassungen und Modernisierungen stehen.“
Entwicklung der Polizei:
Der Leistungsstand der sächsischen Polizei entspricht mittlerweile dem vergleichbarer westlicher Bundesländer. Erforderliche finanzielle Mehraufwendungen für bis zu 30 Prozent mehr Personal (im Vergleich zu westlichen Flächenländern) waren in den neunziger Jahren notwendig, heute sind sie nicht mehr zu rechtfertigen.
Die Stellenentwicklung in der sächsischen Polizei war in den vergangenen Jahren von der Bevölkerungsentwicklung abgekoppelt. In den nächsten zehn Jahren wird diese Entwicklung entsprechend angepasst. Derzeit verfügt die Polizei über 13.911 Stellen (ohne Beamte in Ausbildung). Im Jahr 2020 werden es 11.280 Stellen sein. Bereits im vergangenen Jahr konnten 300 junge Frauen und Männer – erstmals wieder in so großer Zahl – bei der Polizei eine Ausbildung beginnen. Dieser Einstellungskorridor ist für die nächsten zehn Jahre garantiert und damit wird die sächsische Polizei verjüngt.
In Sachsen kommt heute ein Vollzugsbeamter auf 359 Einwohner. In den westlichen Flächenländern liegt die Relation bei einem Beamten auf 433 Einwohner. Im Jahr 2020 werden von einem Polizeivollzugsbeamten 405 Einwohner betreut, während die Polizeidichte in den vergleichbaren Altbundesländern bei 1 zu 427 liegt. Bei dieser Zielgröße wurden die landesspezifischen Besonderheiten Sachsens berücksichtigt. Diese ergeben sich aus der Grenzlage, einer überproportionalen Belastung mit politisch motivierter Kriminalität, insbesondere im rechtsextremistischen Bereich, sowie aus einer hohen Anzahl an Gewalttätern Sport.
Aufgabenanalyse und Lösungsansätze:
Für sächsische Polizei wurden klare Ziele formuliert.
1. Die Anzahl der Streifenbeamten wird beibehalten. Sie tragen die Hauptlast der Polizeiarbeit vor Ort und sind prägend für das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit.
2. Die Bürgerpolizisten bleiben als unmittelbare Ansprechpartner vor Ort erhalten. Ihre Anzahl wird leicht erhöht.
3. Führung, Stab und Verwaltung werden reduziert. Dies wird erreicht durch eine straffere Dienststellenstruktur sowie den Abbau polizeifremder Aufgaben. Dadurch soll die Anzahl dieser Stellen um mindestens 30 Prozent gesenkt werden. Derzeit erfüllt rund ein Drittel der 13.911 Bediensteten der sächsischen Polizei administrative Aufgaben in Führung, Stab und Verwaltung. Dieser hohe Anteil geht zu Lasten der „sichtbaren“ Polizei auf der Straße.
In den vergangenen Monaten hat die Polizei ihre Aufgaben, Arbeitsweisen und Organisation überprüft. Hierzu hat das SMI im Dezember 2009 das Projekt „Verbesserung der Effizienz und Qualität der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung“ (kurz: „Polizei.Sachsen.2020“) initiiert.
Im ersten Schritt wurde in der sächsischen Polizei eine umfassende Aufgaben- und Strukturanalyse durchgeführt. Ziel ist es, die Polizei von Tätigkeiten zu entlasten, die nur eine geringe Nähe zum unmittelbaren Polizeivollzug haben. Bei den nicht zum Kernbereich gehörenden Aufgabenfeldern wurde geprüft, inwiefern diese für eine Verlagerung innerhalb der Polizei bzw. eine Privatisierung in Frage kommen. Hierbei flossen auch die Erfahrungen anderer Länder und Erkenntnisse aus Bund-Länder-Gremien ein.
Mehrere Handlungsfelder wurden markiert.
Die Polizei wird sich künftig stärker auf ihre Kernaufgaben Gefahrenabwehr, Kriminalitätsbekämpfung, Einsatzbewältigung und Verkehrssicherheit konzentrieren.
Bagatell- und Massendelikte sollen verstärkt mit vereinfachten und standardisierten Verfahren bearbeitet werden.
Im Bereich der Verkehrssicherheit sollen künftig auch Bagatellunfälle weiterhin durch den Polizeivollzugsdienst aufgenommen werden. Reserven liegen im Beschleunigen und Vereinfachen der Unfallaufnahme und -bearbeitung sowie der weiteren technischen Unterstützung.
Der interaktive Streifenwagen als modernes Einsatzmittel wird in der sächsischen Polizei eingeführt.
Großraum- und Schwertransporte sollen nicht mehr von der Polizei begleitet werden. Die bestehende Rechtslage lässt ausdrücklich die Möglichkeit zu, größere Transporteinheiten durch Private begleiten zu lassen. Den Bedürfnissen der Verkehrssicherheit wird hierdurch, wie bereits vorliegende Erfahrungen zeigen, in vollem Umfang Rechnung getragen.
Innerhalb der Polizei sollen Verwaltungsaufgaben stärker zentralisiert werden. Werkstattleistungen sollen verstärkt fremd vergeben werden. Künftig soll es nur noch eine polizeieigene Kfz-Werkstatt für die Wartung von Spezialfahrzeugen der Polizei geben. Damit reduziert sich der Personalbedarf in diesem Bereich um bis zu 70 Prozent.
Bei Sport- und Großveranstaltungen sind in erster Linie die Ausrichter für die Gewährleistung eines störungsfreien Verlaufs verantwortlich. Bei Fußballspielen soll der Veranstalter noch wesentlich mehr in die Pflicht genommen werden. Die Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Fußballverband, den Vereinen und Fanclubs wird konsequent fortgeführt. Dazu gehören insbesondere die Umsetzung baulicher Sicherheitsstandards in den Stadien, der qualifizierte Einsatz einer genügenden Anzahl von Ordnungskräften, die Betreuung von Fanprojekten, die Durchsetzung von Stadionverboten sowie die Abstimmung von Ansetzungen sogenannter Risikospiele.
Innenminister Ulbig: „Mit dem jetzt vorliegenden Diskussionspapier ist ein wesentlicher erster Schritt des Projekts „Polizei.Sachsen.2020“ getan. Alle Bediensteten der Polizei werden umfassend darüber informiert. Im Intranet der Polizei sind die Beamten eingeladen, ihre Meinungen und Hinweise einzubringen.“
Ab heute wird die Internetseite www.polizei2020.sachsen.de frei geschaltet. Hier werden künftig alle Projektinformationen abrufbar sein. Ebenso finden sich dort die Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen. Die Seite wird ständig aktualisiert.
Im nächsten Schritt werden bis zum ersten Quartal 2011 Vorschläge zur künftigen Struktur der sächsischen Polizei erarbeitet. Verschiedene Organisationsmodelle sowohl für Polizeireviere als auch für die Polizeidirektionen werden geprüft. Kriterien wie polizeiliche Präsenz vor Ort, kriminalgeografische und infrastrukturelle Gegebenheiten, Einwohner und Fläche, Straftaten und Verkehrsunfälle sowie bestehende Verwaltungsgrenzen werden dafür herangezogen.
Nach Abschluss der Planungen und in Abstimmung mit dem Kabinett wird der zweite Teil des Projektes „Polizei.Sachsen.2020“ detailliert vorgestellt.