Schenkungsvertrag mit Kunstsammler Egidio Marzona unterzeichnet – einzigartiges Archiv der Avantgarden kommt nach Dresden
06.12.2016, 12:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Kunstministerin Dr. Stange: „Marzonas Großzügigkeit macht Dresden zum Eldorado für Experten und Freunde moderner Kunst“
Die Staatsregierung hat heute den Schenkungs- und Übereignungsvertrag über das Archiv der Avantgarden des 20. Jahrhunderts mit Egidio Marzona und seinen Kindern unterzeichnet. Kunstministerin Dr. Eva-Maria Stange und der Chef der Staatskanzlei Dr. Fritz Jäckel hatten dafür eine entsprechende Voll-macht des Ministerpräsidenten des Freistaats Sachsens erhalten. Egidio Marzona gilt als einer der international bedeutendsten Sammler von Kunst und Design des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum seiner Sammlungstätigkeit stehen Objekte und zugehörige Materialien der künstlerischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts, die seit den späten 1960er Jahren im Archiv der Avantgarden vereint wurden. Dieses beinhaltet unter anderem eine große Design- und Möbelsammlung, Architekturkonvolute und als Herzstück eine reichhaltige Sammlung von Dokumenten, Briefen, Fotos, Skizzen und Zeichnungen, Plänen, Borschüren und vielen weiteren Materialien. Ergänzt werden diese Materialien durch 1000 Kunstwerke, Skulpturen, Gemälde und Designobjekte. Egidio Marzona hatte sich entschieden, sein Archiv der Avantgarden als Schenkung in die Obhut der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) zu geben. Nach der Verkündung dieser Entscheidung im Juni dieses Jahres sichteten und bewerteten mehrere externe Gutachter die Sammlung. Laut einer Zählung beläuft sich die Sammlung auf mindestens 1,18 Millionen Objekte und ist somit eine der weltweit größten Sammlungen zur künstlerischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts. Die Sichtung ist noch nicht vollständig abgeschlossen. Die Gutachter gehen deshalb davon aus, dass sich diese Gesamtzahl der Objekte noch auf etwa 1,5 Millionen erhöhen wird. Der Wert der Sammlung wird aufgrund der vorliegenden Gutachten auf 120 Millionen Euro geschätzt. Der Freistaat Sachsen hat Herrn Marzona angeboten, das Blockhaus in Dresden als Domizil für die Sammlung zu sanieren und als Archiv auszubauen. Dafür werden 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Ministerpräsident Stanislaw Tillich hatte in den Verhandlungen zugesichert, dass die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden für Archivierung, Präsentation und Erforschung der Sammlung neun zusätzliche Personalstellen finanziert werden.
Sachsens Kunstministerin Dr. Eva-Maria Stange erklärt zur Vertragsunterzeichnung: „Ich bin stolz und glücklich über die Schenkung dieses wahren Kunstschatzes an den Freistaat Sachsen. Ich danke Herrn Marzona sehr für seine Großzügigkeit und sichere ihm zu, dass sein Lebenswerk hier in Dresden jederzeit gebührend bewahrt, präsentiert und zur Erforschung zur Verfügung gestellt wird. Die Staatlichen Kunstsammlungen schließen mit diesem spektakulären Konvolut die Lücke des weitgehenden Fehlens der Moderne in ihren Beständen. Von Dresden sind wichtige avantgardistische Impulse in der Kunst ausgegangen. Nun werden zeitgenössische Werke und Zeitzeugnisse auch hier zu besichtigen und zu erforschen sein. Die Stadt Dresden wird künftig auch zum Eldorado für die Freunde der Kunst des späten 20. Jahrhunderts.“
Kunstsammler Egidio Marzona betont: „Ich bin froh, dass meine Sammlung zukünftig in Dresden an einem attraktiven Standort dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich sein wird. Es soll ein lebendiges Archiv entstehen, das sowohl dem Fachpublikum als auch Laien attraktive Angebote bietet. Die bisherige Zusammenarbeit mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden verlief aus meiner Sicht erfreulich und war von gegenseitigem Respekt getragen. Nun sehe ich der Arbeit an der Realisierung des Archivs der Avantgarden mit Zuversicht und Freude entgegen und möchte an dieser Stelle allen danken, die das Projekt unterstützt und möglich gemacht haben. Sollte das zukünftige Archiv der Avantgarden zur Stärkung einer offenen und liberal geprägten Geisteshaltung in Dresden und anderswo beitragen, entspräche dies nicht nur meinen Absichten sondern auch der Kunst, die ich in meiner Sammlung in den vergangenen fünfzig Jahren zusammengetragen habe.“
Frau Prof. Dr. Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bemerkt: „Das Archiv der Avantgarden des 20. Jahrhunderts ist ein einzigartiger Wissensspeicher, der uns ermöglicht, das visionäre künstlerische Gedankengut dieser Zeit zu erforschen. Durch die großzügige Schenkung von Egidio Marzona werden die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden als wissenschaftliches Kompetenzzentrum mit internationaler Ausstrahlung wesentlich gestärkt. Das Archiv der Avantgarden versetzt uns in die Lage, die vielfältigen Fragestellungen einzelner Disziplinen und kultureller Phänomene zu entwickeln, miteinander zu verknüpfen und in internationale wissenschaftliche Diskurse einzubringen. Diese einzigartige Chance wollen wir nutzen und das Archiv neu denken, indem wir es mit innovativen Vermittlungskonzepten auch einer breiten interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen. Ich bin Egidio Marzona zutiefst dankbar. Der heutige Tag kann für uns als ein historischer Glücksfall gelten!“
Staatsminister Dr. Fritz Jaeckel bekräftigt: „Das von Herrn Egidio Marzona mit einer einmaligen Fülle von Objekten zusammengetragene Archiv zur Kunst der Moderne ist ein unschätzbarer Gewinn für den Freistaat Sachsen und die Staatlichen Kunstsammlungen. Im Herzen der Stadt ist das Dresdner Block-haus ein würdiger Ort für die Präsentation der Sammlung, an deren Gestaltung sich Herr Marzona bereit erklärt hat mitzuwirken und damit seine wertvollen Kenntnisse dieser inspirierenden Kunstepoche einfließen lassen kann. Dafür gilt unser herzlicher Dank an Herrn Marzona und seine Familie.“