Gesundheitsministerin Barbara Klepsch übergibt Fördermittel für Projekt „Zungenmaus“
01.03.2019, 15:04 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Telemedizin-Projekt startet an der TU Dresden
Gesundheitsministerin Barbara Klepsch hat heute Zuwendungsbescheide in Höhe von rund 526.000 Euro für das Telemedizin-Projekt „Zungenmaus - Entwicklung eines altersgerechten Assistenzsystems zur Gerätebedienung auf Basis von Zungenbewegungen“ übergeben. Die Mittel stammen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).
Bei dem Projekt „Zungenmaus“ handelt es sich um ein Verbundprojekt der Linguwerk GmbH aus Dresden und der Technischen Universität Dresden. Ziel des Vorhabens „Zungenmaus“ ist die Entwicklung eines technischen Assistenzsystems, mit dem Computeranwendungen oder Haushaltsgeräte durch Zungenbewegungen gesteuert werden können. Entwickelt wird es für Menschen mit motorischen und sensitiven Schwächen der Hände. Allein in Deutschland sind fast 900.000 Menschen von Rheuma, Parkinson oder dem Funktionsverlust von Gliedmaßen betroffen.
„Der Freistaat Sachsen legt seinen Focus bewusst auf die Unterstützung der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Ziel dieses Projekts ist es, dass die Patienten durch den Erhalt der Alltagskompetenzen so lange wie möglich in der eigenen Wohnumgebung bleiben können“, sagte Gesundheitsministerin Barbara Klepsch anlässlich der Übergabe der Zuwendungsbescheide. „Hochinnovative Projekte wie dieses gestalten die Zukunft in der Gesundheitsversorgung mit“.
Forscher der TU Dresden entwickeln im Projekt „Zungenmaus“ ein altersgerechtes, technisches Assistenzsystem, mit dem auf Basis von Zungenbewegungen Geräte bedient werden können. Mit der „Zungenmaus“ soll ein kleines Sensorplättchen zukünftig die Hand ersetzen können. Es wird hinter den oberen Schneidzähnen befestigt und enthält auf einer flexiblen Leiterplatte eine Sensorik, die Zungenbewegungen exakt vermisst und dadurch einen Eingabemodus ermöglicht.
Die Bewegungen werden in Steuerbefehle umgewandelt und können beispielsweise einen Cursor auf einer grafischen Benutzeroberfläche steuern, wie bei einer Computermaus. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Patientenkomfort. Das Sensorplättchen soll problemlos eingesetzt, entnommen und nicht als störend empfunden werden. Der Einsatz muss auch mit Zahnprothesen ohne Schwierigkeiten möglich sein.
"Die Entwicklung einer Zungenmaus, wie wir sie in diesem Projekt anstreben, ist erst durch die neueren Entwicklungen in den Bereichen der Optoelektronik und des maschinellen Lernens möglich geworden“, erklärt Jun.-Prof. Peter Birkholz vom Institut für Akustik und Sprachkommunikation der TU Dresden. „Diese erlauben einerseits, die Sensorik klein und damit komfortabel tragbar zu machen, aber auch eine Steuerung von Geräten durch die Zunge, die intuitiv ist."
Nach kurzer Eingewöhnungs- und Anlernphase wird die Nutzung kinderleicht und – weil der Zungenmuskel nicht ermüdet – über lange Zeiträume möglich.
„Was sich nach einem Spaßprodukt anhört, kann für viele Menschen mit eingeschränkter Motorik eine enorme Erleichterung darstellen“, so Dr. Rico Petrick, Geschäftsführer der Linguwerk. Menschen, die Computer oder Haushaltsgeräte nicht mehr normal bedienen können, sind bisher auf die Hilfe anderer angewiesen. „Bisherige altersgerechte Bedienkonzepte wie große Tasten und die Steuerung über Sprache oder Augenbewegungen, besitzen spezifische Nachteile, wie z.B. eingeschränkte Funktionalität oder hohe Preise“.
Die Förderung des Projektes unterstreicht die Schwerpunktsetzung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (SMS) im Bereich Telemedizin, E-Health und technischer Assistenzsysteme.
Hintergrund zur EFRE-Förderung des SMS:
Dem SMS stehen im Zeitraum von 2014-2020 Fördermittel in Höhe von rund 28 Mio. Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zur Förderung innovativer Ansätze im Bereich der Gesundheits- und Pflegewirtschaft zur Verfügung. Mit der EFRE-Förderung trägt der Freistaat Sachsen dazu bei, die demografische Entwicklung in Sachsen zu bewältigen und die sächsische Gesundheits- und Pflegewirtschaft nachhaltig zu stärken. Aktuell werden bereits 17 Projekte mit einer Summe von rund 19 Mio. Euro gefördert.
Die Förderung zielt auf innovative Maßnahmen ab, die durch die Vernetzung der Angebote und die Entwicklung und Anwendung von neuen Technologien auf die Herausforderungen des demografischen Wandels im Gesundheits- und Pflegesektor mit einem erheblich steigenden Bevölkerungsanteil älterer Menschen, mit zunehmendem Fachkräftemangel im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie steigenden Kosten dieser Versorgung reagieren.
Gegenstand der Förderung sind E-Health-Maßnahmen, d.h. moderne Informations- und Kommunikationstechnologien, durch die Abläufe im Gesundheitswesen verbessert und die Bürger, Patienten, Gesundheits- und Pflegedienstleister miteinander vernetzt werden. Weiterhin gefördert werden Anwendungen des Ambient Assisted Living (Altersgerechte Assistenzsysteme für ein selbstbestimmtes Leben - AAL) aus verschiedenen Technologiefeldern, die es ermöglichen, unterschiedliche Dienstleistungsbereiche, insbesondere medizinische Dienstleistungen, Pflegeleistungen, Wohnen, Bewirtschaftung, Mobilität, wechselseitig zu vernetzen und interdisziplinäre, innovative Lösungen für die ambulante Versorgung älterer Menschen zu entwickeln.
Zuwendungsempfänger sind private, freigemeinnützige und öffentliche Unternehmen sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen, sofern diese vorhabenbezogen mit Unternehmen zusammenarbeiten.
Förderanträge für innovative Projekte können noch aus den Regionen Dresden und Chemnitz bei der Sächsischen Aufbaubank eingereicht werden.