Effizienz, Transparenz und Datensicherheit: Digitale ID erleichtert 1,3 Millionen Esten das Leben

17.04.2019, 17:36 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Wirtschaftsminister Martin Dulig: „Wir können von Estland und seiner beeindruckenden elektronischen Datenverwaltung viel lernen.“

Sachsens Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident Martin Dulig besucht bis Donnerstag die „digitalen Vorreiter“ Finnland und Estland. Er wird von einer sächsischen Delegation begleitet, die sich aus Vertretern von Unternehmen, Netzwerken, Kommunen sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen zusammensetzt. Am Mittwoch und Donnerstag informiert sich Dulig in der estnischen Hauptstadt Tallinn zu den Schwerpunkthemen Digitalisierung und nachhaltige Verkehrspolitik.

Estland gilt als beispielgebend beim Ausbau der digitalen Verwaltung, bei der Vermittlung digitaler Kompetenzen und bei den Standards für Cyber-Sicherheit. Am Mittwochmorgen traf sich Martin Dulig im estnischen Wirtschafts- und Kommunikationsministerium zunächst zum Erfahrungsaustausch mit Staatssekretär Ando Leppiman. Beide Politiker verständigten sich über die Schwerpunkte ihrer Digitalisierungspolitik, die Wachstumspotenziale im Außenhandel und aktuelle politische Herausforderungen (z. B. Regierungsbildung in Estland nach der Wahl).

Wirtschaftsminister Martin Dulig: „Es ist beeindruckend, wie weit und wie umfassend die Digitalisierung schon im Alltag der Esten verankert ist. Das hier entwickelte System X-Road wird derzeit auch in Finnland eingeführt. Mit der Geburt erhält man hier nicht nur seinen Namen von den Eltern, sondern auch eine ID-Nummer vom Staat. Mit dieser kann man sich lebenslang im Internet ausweisen und fast sämtliche Dienstleitungen des Staates abrufen und Behördengänge erledigen. Damit wird nicht nur viel Zeit für jeden einzelnen eingespart, da alle Daten nur einmalig eingegeben werden müssen, die Steuererklärung automatisch erstellt wird oder Behördengänge komplett entfallen - für den Staat entstehen unter anderem geringere Kosten. Dabei sind Datenschutz und Privatsphäre in Estland europarechtlich genauso verankert wie bei uns. Man geht nur mit einer ganz anderen Offenheit an das Thema heran, als wir in Deutschland.“

Anschließend machte sich Minister Dulig ein Bild vom privatwirtschaftlichen Gewerbepark Ülemiste City. Er gilt als das Silicon Valley Nordeuropas und die größte Smart City der baltischen Staaten (300 innovative Unternehmen mit insgesamt 7.000 Mitarbeitern). Dulig besichtigte dort unter anderem den „e-Estonia Showroom“ – ein Informationszentrum, welches einen vollständigen Überblick über die staatlich verantworteten oder unterstützten über 2.200 E-Lösungen in Estland bietet (z. B. E-Governance, E-Healthcare, E-Business, E-Education). Das estnische Unternehmen Cybernetica stellte der sächsischen Delegation die dahinter stehende Technologie X-Road vor. Sie basiert auf der Blockchain-Technologie und ermöglicht einen nachvollziehbaren Datenaustausch zwischen verschiedenen Datenbanken.

Dulig: „Spannend war für uns zu sehen, wie streng der Austausch von persönlichen Daten kontrolliert wird. Jede Behörde erhält nur die Daten von Personen, die sie unbedingt zum Arbeiten benötigt. Jedes Unternehmen nur die, welche der Nutzer auch freigeben möchte. Im Internet kann jeder zu jeder Zeit transparent überprüfen, wer welche Daten von ihm genutzt und verarbeitet hat - und gegebenenfalls dagegen vorgehen. Damit wird eine Transparenz und Sicherheit geschaffen, die in der analogen Welt so nicht möglich war.“ Dulig weiter: „Estland ist in diesem Bereich sicherlich ein Vorbild. Hier sagt man klar, die Daten gehören dem Bürger. Der Staat sorgt hingegen dafür, dass sie nicht missbraucht werden. Uns ist bewusst, dass man Estland und Deutschland mit seiner föderalen Struktur nicht gleichsetzen kann. Aber dennoch können wir viel lernen und nehmen viele wichtige Ideen mit, über die wir reden müssen.“

Am Nachmittag stand ein Rundgang durch die Technische Universität (TU) Tallinn (TalTech) auf dem Programm – Estlands einzige TU und damit die führende akademische Institution im Bereich Ingenieurswissenschaften, Wirtschaft und öffentliche Verwaltung. Die 1918 gegründete TalTech, an der 13.000 Studenten aus 94 Ländern lernen, kooperiert mit führenden estnischen und ausländischen Technologieunternehmen, Regierungsbehörden und NGOs. Dort wurde unter anderem das Chatprogramm Skype entwickelt. Mit dem Innovationszentrum Mektory und dem Start-up-Inkubator Tehnopol verfügt die Universität über sehr gute Anlaufstellen für technologische Ausgründungen (Spin-offs) von Unternehmen. TalTech hat den ersten und größten estnischen Fonds für die Finanzierung von Start-up-Unternehmen gegründet.

Martin Dulig informierte sich vor Ort insbesondere über die Zusammenarbeit der Hochschule mit den Unternehmen Silberauto AS (autonome Busse) und Starship Technologies (Liefer-Roboter). Das Start-up Starship hat im vergangenen Jahr den „Deutsch-Estnischen Wirtschaftspreis“ gewonnen. Während einer kurzen Fahrt mit einem autonom fahrenden Minibus über den Campus informierte sich Minister Dulig über Fortschritte der Esten auf diesem Forschungsbereich. „Hier spielen wir in Sachsen mindestens auf Augenhöhe mit.“

Im Anschluss besuchte der sächsische Wirtschaftsminister das Tallinner Büro des estnischen Investors Selfdiagnostics OÜ, welcher Gesundheitsschnelltests für Endverbraucher entwickelt. Das Start-up-Unternehmen war 2018 für den „Deutsch-Estnischen Wirtschaftspreis“ nominiert. Die 2012 gegründete Leipziger Tochtergesellschaft kooperiert mit Industriepartnern sowie mit Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen (u.a. Fraunhofer IZI, Universität Leipzig und TU Dresden).
„Ich bin stolz, dass sich das Unternehmen aus Estland Leipzig als Partnerstadt ausgesucht hat“, so Minister Dulig im Anschluss. „Die Firma möchte demnächst in die BioCity umziehen und in den kommenden drei Jahren bis zu 30 Millionen Euro investieren, um eine Produktionsstätte in Leipzig aufzubauen und abschließende Tests und Zertifizierungen durchzuführen – der Vertrieb soll über Estland abgewickelt werden. Mit dem neuen Schnelltestgerät, welches uns vorgeführt wurde, können Ärzte oder auch Patienten allein, Infektionskrankheiten wie Influenza, innerhalb von Minuten nachweisen. Aufwändige Laboruntersuchungen entfallen.“

Ausblick

Um Tallinns Erfahrungen beim kostenlosen ÖPNV, „Smart City“-Lösungen und die Zusammenarbeit der Verwaltung mit IT-Start-ups wird es am Donnerstag bei einem Treffen mit Vertretern der Stadt Tallinn gehen. Martin Duligs Gesprächspartner sind Allan Alaküla, Leiter des EU-Büros, und Toomas Türk, Chief of Innovation. Die Fahrt zur Stadtverwaltung erfolgt in der Straßenbahn. Dabei wird die sächsische Delegation von einem Vertreter des Unternehmens Ridango AS begleitet. Es entwickelt Lösungen für Echtzeitinformationen und Ticketing. Ein Ridango-Produkt findet sich in jedem Bus und in jeder Bahn in Tallinn.

Zum Abschluss seiner Reise besucht Minister Dulig den estnischen Investor Skeleton Technologies OÜ. Der führende Hersteller von Ultrakondensatoren hat 2017 eine hochmoderne Fertigungsstätte in Großröhrsdorf (Landkreis Bautzen) eröffnet.

Hinweis für Redaktionen

Über die Auslandsreise von Minister Dulig berichten wir kontinuierlich auf unserer Internetseite www.smwa.sachsen.de/4114.htm. Auf Anfrage stellen wir Medienvertretern Fotos für die Veröffentlichungen gern kostenfrei zur Verfügung.

Bilder und Informationen finden Sie auch auf unserer Facebook-Seite (www.facebook.com/smwa.sachsen) und auf unserem Twitter-Account (www.twitter.com/SMWA_SN).


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

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