Sachsen startet Sicherung von historischen Film- und Tonaufnahmen
28.08.2019, 11:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Kunstministerin Dr. Eva-Maria Stange: „Diese Aufnahmen gehören zum kulturellen Gedächtnis und Erbe Sachsens“
Die Sicherung historischer Film-, Video- und Tonaufnahmen im Freistaat Sachsen hat begonnen. Kuratorisch bedeutsame Aufnahmen, die in Museen, Archiven, Bibliotheken und weiteren Sammlungen lagern, werden entsprechend eines eigens entwickelten Arbeitsprogramms gesichtet, bewertet, digitalisiert, katalogisiert, gespeichert und der Öffentlichkeit rechtssicher zur Verfügung gestellt. Dafür nahm die Koordinierungsstelle „Sächsisches audio-visuelles Erbe“ an der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) ihre Arbeit auf. Das Kunstministerium fördert das Vorhaben mit je 350.000 Euro in diesem und im nächsten Jahr.
Ein wichtiger erster Schritt ist aktuell der Aufbau einer technischen Infrastruktur, die den datenintensiven Prozessen gerecht wird, denn bereits im ersten Programmjahr 2019 werden 500 Medieneinheiten mit einem Datenumfang von ca. 30 Terabyte digitalisiert. Im Folgejahr können damit 430 Stunden Film-, Video und Tondokumente zur öffentlichen Nutzung bereitgestellt werden. Geographisch orientiert die Auswahl 2019 sowohl auf Zeugnisse aus der Landeshauptstadt Dresden als auch auf kommunale und ländliche Räume in Westsachsen, der Lausitz und im Erzgebirge. Die Aufzeichnungen aus der Zeit von 1921 bis 1995 präsentieren regional bedeutsame Ereignisse und die Pflege der sorbischen Kultur, liefern Einblicke in den Nachwendealltag der 1990er Jahre aus der Sicht des Lokal-Fernsehens; Tonbänder vermitteln das Verständnis vom gesunden-hygienischen Leben in den 1950er Jahren und 8mm-Amateuraufnahmen von Konzertreisen der Sächsischen Staatskapelle zeigen den interessierten Blick eines DDR-Bürgers in den Ländern des sogenannten „nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiets“.
„Viele Film- und Tonaufzeichnungen sind einmalige und unverzichtbare Zeugnisse unserer Geschichte mit großem Wert für die historische Erinnerung und unser kulturelles Gedächtnis – sie sind ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Erbes in Sachsen. Mit dem Start eines regulären Programms zur Bewahrung dieses audiovisuellen Erbes erfüllt die Staatsregierung einen weiteren Auftrag des Koalitionsvertrags“, betont die sächsische Kunstministerin Dr. Eva-Maria Stange.
Dr. Achim Bonte, Generaldirektor der SLUB, erklärt: „Audiovisuelle Zeugnisse aus der vordigitalen Zeit enthalten einen enormen Wissensschatz, den wir langfristig bewahren und leicht zugänglich machen müssen. Das sächsische Programm zur Erhaltung des audiovisuellen Erbes ist eines der ersten auf Länderebene. Es setzt den schon bisher verfolgten Kurs des Freistaats fort, Aufgaben der Erschließung und Langzeitsicherung von Kulturobjekten im Land möglichst abgestimmt und auf einheitlicher technischer Grundlage anzugehen. Die SLUB ist sehr dankbar, im Filmverband Sachsen dafür einen starken Partner zu haben.“
Joachim Günter, Landesvorsitzende des Filmverbands Sachsen, unterstreicht: „Der Erhalt des sächsischen Filmerbes ist eine der wichtigsten Aufgaben des Verbands. Wir freuen uns deshalb sehr, dass es unseren Partnern und uns gelungen ist, dieses Programm auf den Weg zu bringen. Jetzt ist für uns wichtig, dass es auch für die Zukunft mit den erforderlichen Mitteln abgesichert wird.“
André Eckardt, Projektleiter „Audiovisuelles Erbe“ SLUB/Filmverband Sachsen, erklärt: „Wir möchten Bestandsinhaber nicht nur konkret in Einzelprojekten unterstützen, sondern sie ebenso gern darin bestärken, Aufgaben zur Sicherung von AV-Medien mit größerer Eigenständigkeit lösen zu können. Die Koordinierungsstelle ist somit auch Berater, wobei wir mit jedem Projekt oft selbst zusätzliche hilfreiche Erfahrungen machen.“
Die Staatsregierung hat sich die Sicherung dieses Teils des kulturellen Erbes zur Aufgabe gemacht, weil mit dem digitalen Umbruch eine Reihe von bedeutenden Zeugnissen aus der jüngsten sächsischen Geschichte unzugänglich geworden sind. Museen, Archive und Institutionen außerhalb des staatlichen Zuständigkeitsbereichs verfügen zumeist nicht über die notwendige Infrastruktur und die Ressourcen, um allein die komplexen Herausforderungen der Sicherung, Digitalisierung und Zugänglichmachung ihrer Bestände zu bewältigen.
Das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst förderte deshalb von 2016 bis 2018 zur Erarbeitung eines Sicherungsprogramms eine Pilotphase, die vom Filmverband Sachsen geleitet und in enger Zusammenarbeit mit der SLUB durchgeführt wurde. In den drei Jahren wurden – nach einer Erhebung zum Umfang der in Sachsen überlieferten audio-visuellen Medien – fünf Modellprojekte mit Kooperationspartnern in Bautzen, Chemnitz, Oelsnitz, Borna und Dresden durchgeführt. Mittels dieser Projekte konnten praktische Erfahrungen bei der digitalen Sicherung und öffentlichen Zugänglichmachung von insgesamt 370 Stunden Film und Video aus der Zeit von 1928 bis 2005 gewonnen werden. Für viele Titel bedeutet die Digitalisierung aufgrund der fortschreitenden Alterung und qualitativen Verschlechterung des Zustands der Materialien zudem eine Sicherung ihrer Bild- und Toninhalte.