Sächsischer Verfassungsschutzbericht 2019

03.11.2020, 13:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Wöller: »So viele Rechtsextremisten wie seit 1993 nicht mehr« / »Leipzig bleibt bundesweiter Brennpunkt linksextremistischer Gewalt« / »Abstrakt hohe Gefahr islamistischer Anschläge auch im Freistaat«

Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller und der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen, Dirk-Martin Christian, haben heute den sächsischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019 vorgestellt.

Dieser informiert über die verfassungsfeindlichen Entwicklungen in den Phänomenbereichen Rechts- und Linksextremismus, Reichsbürger und Selbstverwalter, Islamismus, sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug sowie über Spionageaktivitäten. Mit regionalen Lagebildern wird die Situation in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten des Freistaates beschrieben und analysiert. Außerdem gibt der Verfassungsschutzbericht Ausblicke und Prognosen zur weiteren Entwicklung in den kommenden Jahren.

»Der Rechtsextremismus im Freistaat Sachsen bleibt schon allein wegen der Entwicklung seines Personenpotenzials im Jahr 2019 die größte Bedrohung und der Phänomenbereich, den unsere Verfassungsschützer am stärksten im Fokus haben. Mit 3.400 Personen verzeichneten wir im Jahr 2019 eine Steigerung um 600 Personen und damit so viele Rechtsextremisten wie seit 1993 nicht mehr. Damals waren es exakt genauso viele. Wurden im Jahr 2018 noch 1.500 gewaltorientierte Rechtsextremisten verzeichnet, stieg deren Anzahl im Berichtsjahr 2019 auf 2.000 Personen an. Sie gehörten im Berichtsjahr nicht mehr zwingend festen Strukturen an, sondern zählen größtenteils zum unstrukturierten, subkulturell geprägten Spektrum. Darüber hinaus versuchen Rechtsextremisten nach wie vor, beispielsweise auch bei Versammlungen in die gesellschaftliche Mitte hineinzuwirken, sagte Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller heute in Dresden bei der Vorstellung des Berichts.

»Diese Rechtsextremisten eint eine hohe Dynamik und Mobilisierungskraft nicht nur bei szenetypischen Veranstaltungen wie Konzerten, Festivals, Kampfsportevents sowie bei Versammlungen und Fußballspielen, sondern auch in den Sozialen Medien. Insbesondere junge Szene-Akteure knüpfen dort Kontakt zu ebenfalls jungen, politisch mitunter noch nicht gefestigten Menschen. Hass und Hetze brechen sich vor allem auch dort Bahn, Hemmschwellen sinken. In den Sozialen Medien heizt man sich untereinander an. Und genau dort bildet sich ein ernstzunehmender Nährboden, aus welchem Radikalisierungsprozesse und schließlich gefährliche Straftaten erwachsen können«, sagte LfV-Präsident Dirk-Martin Christian.

Aber auch im Bereich des Linksextremismus kann keine Entwarnung gegeben werden. »Ganz im Gegenteil: Das Personenpotenzial bleibt zwar relativ konstant, wird gleichzeitig aber in Bezug auf die Anwendung von Gewalt durch Autonome immer enthemmter. Richtete diese sich bislang vorrangig gegen Sachen, werden bei Versammlungen oder Aktionen im Verborgenen inzwischen auch Personenschäden billigend in Kauf genommen. Leipzig ist eine bundesweite Schwerpunktregion der autonomen Szene und bleibt ein Brennpunkt linksextremistischer Gewalt. Damit ist die Messestadt im negativen Sinne weiterhin eine Hochburg, die Rechtsstaat, Demokratie und Gesellschaft ebenso wenig hinnehmen dürfen wie rechtsextremistische Aktivitäten und Gewalt«, sagte Wöller.

»Insbesondere die autonome Szene im Leipziger Stadtteil Connewitz beansprucht den ‚Kiez‘ für sich, will dort eine rechtsfreie Zone. ‚Eindringlinge‘ werden zum entmenschlichten Feind erklärt, der mit Gewalt vertrieben werden muss. Als Feinde gelten Polizisten ebenso wie beispielsweise Vertreter von Immobilienfirmen«, sagte Christian.

»Angesichts dieser besorgniserregenden und für unsere Demokratie gefährlichen Entwicklungen in den Bereichen Rechts- und Linksextremismus sowie einer weiterhin abstrakt hohen Gefahr von islamistischen Anschlägen in Deutschland und damit auch bei uns im Freistaat Sachsen kommt dem Landesamt für Verfassungsschutz als unserem Frühwarnsystem eine wichtige und zentrale Bedeutung zu. Das frühzeitige Erkennen von extremistischen Netzwerken in der realen und virtuellen Welt als Grundlage und Voraussetzung für den Kampf gegen Extremismus durch die Zivilgesellschaft wird immer wichtiger«, sagte Wöller.

Den vollständigen Verfassungsschutzbericht finden Sie zum Download im Internet unter: www.verfassungsschutz.sachsen.de


Kontakt

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Ansprechpartner Martin Strunden
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