Bauhüttenwesen der Dresdner Zwingerbauhütte jetzt immaterielles Kulturerbe der UNESCO

18.12.2020, 10:24 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

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Steinmetz bei der Arbeit (© Zwingerbauhütte)

Steinmetz bei der Arbeit (© Zwingerbauhütte)

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Aufsetzen von Attikafiguren im Zwinger (© SIB)

Aufsetzen von Attikafiguren im Zwinger (© SIB)

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Zwingerbauhütte Werkstatt aussen (© SIB)

Zwingerbauhütte Werkstatt aussen (© SIB)

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Zwingerbauhütte innen (© SIB)

Zwingerbauhütte innen (© SIB)

Der UNESCO-Ausschuss zum immateriellen Kulturerbe entschied in seiner gestrigen Sitzung, das Bauhüttenwesen in das Internationale Register Guter- Praxis-Beispiele aufzunehmen. Somit zählt das Bauhüttenwesen der Dresdner Zwingerbauhütte ab sofort zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit. Gemeinsam mit 18 Bauhütten aus 5 europäischen Ländern hatte sich die Zwingerbauhütte um die Eintragung beworben.

Ministerpräsident Michael Kretschmer: »Ich freue mich sehr über die positive Anerkennung der Bauhütten in verschiedenen europäischen Staaten durch die UNESCO. Die Auszeichnung ist verbunden mit großer internationaler Ausstrahlung. Es gibt uns in diesen herausfordernden Zeiten Grund zur Freude und macht stolz auf das in unserer Heimat Geleistete. Die Dresdner Zwingerbauhütte als Teil dieses europäischen Netzwerkes erhält mit ihrer Arbeit eines der bedeutendsten Baudenkmäler Europas. Handwerkliches Wissen und Können wird hier täglich gelebt und das kulturelle Erbe Sachsens von Generation zu Generation weitergegeben. Ich gratuliere allen, die an der erfolgreichen Aufnahme mitgewirkt haben.«

Finanzminister Hartmut Vorjohann: »Herzlichen Glückwunsch zu dieser ehrenvollen Würdigung. Das Bauhüttenwesen ist in das immaterielle Kulturerbe der Menschheit aufgenommen. Das macht uns sehr stolz. Denn damit wird die Arbeit einer Bauhütte gewürdigt, die sonst eher im Verborgenen wirkt. Ohne die kontinuierliche Pflege durch die Zwingerbauhütte wäre die Schönheit des Dresdner Zwingers längst vergangen. Als Einrichtung des Freistaates Sachsen ist sie die einzige säkulare Bauhütte unter den Bewerbern und damit etwas ganz Besonderes«.

Kulturministerin Barbara Klepsch: »Die Aufnahme des europäischen Bauhüttenwesens in die Liste der Beispiele guter Praxis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO ist ein leuchtendes Zeichen dafür, wie gut die vielfältige sächsische Kulturlandschaft in Europa vernetzt ist. Diese Würdigung macht den engen Zusammenhang zwischen dem Kulturerbe historischer Baudenkmäler und der handwerklichen Kunstfertigkeit sichtbar, diese zu pflegen, zu erhalten oder nach kriegsbedingten Beschädigungen auch wiederherzustellen. Glückwunsch der Zwingerbauhütte vor dem 30. Jubiläum der Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit im nächsten Jahr.«

Die UNESCO hat sich für eine Anerkennung der Zwingerbauhütte als Beispiel Guter Praxis ausgesprochen, weil sie als Einrichtung des Freistaates Sachsen (Bauherr) die Schutzwürdigkeit und Wertschätzung des Bauwerkes betont und den Kontinuitätsgedanken als Grundlage des Bauwerkserhalts lebt. Mit ihren Arbeitsverfahren und der Ausbildungsorientierung würdigt und unterstützt sie das sächsische Handwerk und zeigt die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in Sachsen und Deutschland. Restauratoren, Bildhauer und Steinmetze arbeiten hier in einem auf das Bauwerk optimierten Arbeitsfeld zusammen; pflegen und bewahren Rituale. Das Wissen wird dabei wissenschaftlich, technisch, technologisch und dokumentarisch gezielt und nachhaltig weitergegeben. Die Zwingerbauhütte ist außerdem einer der wenigen Lehrbetriebe in Sachsen, der in großem Maß Schwerpunkte im handwerklichen Wissen und Können setzt und historische Techniken praktiziert.

Die Zwingerbauhütte auf der Packhofstraße in Dresden ist eine Einrichtung des Freistaates Sachsen und gehört zum Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement. Sie wurde 1924 gegründet. Nach Vollendung des Wiederaufbaues des Zwingers 1968 wurde die Zwingerbauhütte aufgelöst. Im Juni 1991 erfolgte die Wiedereinrichtung als Teil der staatlichen sächsischen Hochbauverwaltung. Sie feiert nächstes Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum. 2002 bezog sie ihren Standort in Zwingernähe mit Restaurierungswerkstatt, Freiarbeitsplätzen, Magazinen, Büros und Sozialräumen. Alle 11 Mitarbeiter sind Angestellte des Freistaates Sachsen. Seit 1998 wurden 24 Lehrlinge ausgebildet, in der Regel ein Lehrling pro Jahr. Dabei werden traditionelle Handwerkstechniken vermittelt und z.B. mit der Freisprechung der Lehrlinge auch traditionelle Handwerksbräuche gepflegt.
Zu den Aufgaben der Zwingerbauhütte gehört eine kontinuierliche Restaurierung des Zwingers und die Pflege des Wissens rund um alte Handwerkstechniken. Dabei unter-scheidet sich die heutige Arbeitsweise kaum von denen des 18. Jahrhunderts. Die meisten Arbeiten werden wie eh und je von Hand erledigt und auch die Werkzeuge sind fast ausschließlich von Hand gefertigt.

Neben der Bauwerkspflege gehört die Weitergabe von Fachwissen an Freiberufler, Fachfirmen, Denkmalschutzbehörden und Gästeführer zu den Aufgaben der Zwinger-bauhütte. Ebenso wie Öffentlichkeitsarbeit durch Fachvorträge und -seminare, die Be-treuung von Diplomarbeiten und Praktikanten sowie Führungen von Schulklassen und Fachgruppen. Aber auch die Pflege von Datenbanken und die Dokumentation bilden wichtige Grundlagen für die Weitergabe des Wissens an die nächsten Generationen. Nicht zuletzt sind alle Aufgaben auch verbunden mit der Werbung für den ehrbaren Beruf als Steinmetz, Bildhauer oder Steinrestaurator.

Zurzeit arbeitet die Zwingerbauhütte an der Bogengalerie L und dem Französischen Pavillon. Hier sind sehr anspruchsvolle restauratorische Maßnahmen an den Fassaden notwendig. So befindet sich der skulpturale Schmuck gerade in den Werkstätten und wird dort entsalzt, repariert und lasiert.

Der Zwinger ist eines der bedeutendsten barocken Baudenkmäler Europas. Erbaut wurde er zwischen 1709 bis zirka 1728 unter Kurfürst Friedrich August I., bekannt als August der Starke, als steinernes Zeichen seines Macht- und Repräsentationswillens. In seiner langen Geschichte durchlief er sechs Restaurierungsphasen.

Das Bauhüttenwesen bildete sich im Mittelalter um die Baustellen der Großkirchen in Europa heraus. Charakteristisch ist eine kontinuierliche, multidisziplinäre Zusammen-arbeit verschiedener Gewerke zur Erhaltung eines Bauwerkes. Die Bauhütten bewahren traditionelle Handwerkstechniken, überliefern Wissen und Bräuche und bilden Lehrlinge aus.
Zahlen rund um den Zwinger

15.000 m² reich gestaltete Fassadenflächen; 1,2 km Balustraden,
16 Treppenanlagen, 698 Skulpturen, 17 Brunnen und Wasserspiele, 7 Brunnenanlagen, 3.727 m² Fläche Terrassen und Galerien

Mitarbeiter/*innen der Zwingerbauhütte
2 Steinbildhauer, 2 Steinmetzen, 2 Restauratoren, 2 Lehrlinge, 1 Hüttenmeister,
1 Bauingenieurin, 1 Zwingerbaumeister


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