Verwaltungsvorschrift zur Stärkung der Ermessensausübung der sächsischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte

30.12.2020, 14:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Am gestrigen Tag ist die Verwaltungsvorschrift Strafverfolgungsrichtlinien des Justizministeriums in Kraft getreten. Mit der Verwaltungsvorschrift wird geregelt, dass die geltende Rundverfügung zur einheitlichen Strafverfolgungspraxis sowie zur Strafzumessung vom 13. Februar 2019 durch gemeinsame Richtlinien ersetzt wird. Damit wird ein wichtiges Ziel des Koalitionsvertrages, das Ermessen der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Rahmen ihrer Verfügungspraxis zu stärken, umgesetzt. Zugleich wird ein strukturell neuer Rahmen für zukünftige Regelungen zur Verfügungspraxis der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte geschaffen.

Künftig können entsprechende allgemeine Regelungen nur noch als Orientierungshilfe in Form von Richtlinien erlassen werden. Diese Richtlinien sollen lediglich Anhaltspunkte für eine sachgerechte Entscheidung der Staatsanwaltschaft bieten, wobei ihre Anwendung genauso wie ein Abweichen hiervon im Einzelfall geprüft werden sollen.

Justizministerin Katja Meier: "Ermessen der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu stärken, heißt, den Einzelfall, den Mensch und seine Tat zu betrachten und nicht nach einem vorgegebenen Schema vorzugehen. Die Strafverfolgungspraxis in Sachsen wird daher künftig nicht mehr durch starre Maßgaben, sondern durch Orientierungshilfen ausgestaltet."

Die Richtlinien, die gemeinschaftlich von den sächsischen Staatsanwaltschaften unter Beteiligung der Personalvertretung erarbeitet werden, sollen vergleichbare Regelungen in anderen Bundesländern berücksichtigen und eine möglichst einheitliche Handhabung ermöglichen. Die Richtlinien sind zudem auf der Grundlage statistischer und kriminologischer Erkenntnisse zu erlassen und zu begründen und alle zwei Jahre zu überarbeiten.

Justizministerin Katja Meier: "Auch die Strafverfolgung muss auf wissenschaftlicher Erkenntnis basieren. Aus der kriminologischen Forschung wissen wir, dass insbesondere in den Bereichen der Kleinkriminalität aber auch der Suchtkriminalität durch vermeintlich strenge Praxis kein positiver Effekt erzielt wird, im Gegenteil. Hier gilt es vor allem, präventiv zu arbeiten. Zugleich ist wichtiger denn je, die knappen Ressourcen und die hochqualifizierte Arbeit der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte dort einzusetzen, wo sie gesellschaftlich relevant wird, insbesondere im Bereich der Schwerkriminalität, bei Gewalt-, Wirtschafts- und Organisierter Kriminalität."

Hintergrund: In der letzten Legislaturperiode wurden nach Ausrufung einer sogenannten 'Null-Toleranz-Strategie' durch die Staatsregierung mit einer neuen Rundverfügung der Generalstaatsanwaltschaft die Möglichkeiten der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte auf Bagatellkriminalität angemessen zu reagieren, stark eingeschränkt. Dies führt dazu, dass insbesondere im Bereich der Kleinkriminalität in bestimmten Fällen nicht mehr von der gesetzlichen Möglichkeit der Verfahrenseinstellung Gebrauch gemacht werden kann. Das Vorgehen und die Maßnahmen hatten zu erheblichen Diskussionen in Wissenschaft und Praxis geführt, auch weil zuvor keine Einbindung der Praxis stattfand. Zu der nun erlassenen Verwaltungsvorschrift wurde zunächst die staatsanwaltliche Praxis beteiligt. Die Verwaltungsvorschrift ist dieser Medieninformation beigefügt.


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