Wichtige Erkenntnisse für Weiterentwicklung des Nahverkehrs
14.06.2021, 09:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Gemeinsame Studie von SMWA und LVB zum Autonomen Fahren im ÖPNV
Das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) hat mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt eine Studie zum Thema »Auswirkungen der Einführung des autonomen Fahrens auf die Beschäftigung im Öffentlichen Personennahverkehr« erstellen lassen. Verfasst hat die Studie die VDI/VDE Innovation + Technik GmbH anhand des konkreten Beispiels der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) als Praxispartner. Im Rahmen eines Thementages »Arbeit 4.0« von Wirtschafts-, Arbeits- und Verkehrsminister Martin Dulig wurde die Studie heute in Leipzig vorgestellt.
»Der Übergang zum autonomen Fahren, der sich gegenwärtig in mehreren Stufen vollzieht, steht exemplarisch für den technologischen Wandel. Wir wollten wissen, wie sich dieser Wandel heute und in Zukunft auf die Berufe und Tätigkeiten und damit auf die Beschäftigten auswirkt«, erklärt Minister Dulig. »Ein zeitgemäßes, vorausschauendes Personalmanagement, die Auswahl und Einführung von Technologien unter Einbeziehung der Beschäftigten und Betriebsräte sind das Leitbild zur erfolgreichen Gestaltung von guter Arbeit«, so Dulig weiter.
»Wir kümmern uns intensiv um Technik und zugleich besonders um die Menschen, die aus dieser Technik Mobilitätslösungen machen. Mit Hilfe von Digitalisierung und neuen Technologien gestalten die Leipziger Verkehrsbetriebe ihr Wachstum und die Verkehrswende entlang der Klimaschutzziele. Dies gelingt auch in Zukunft nur mit Unterstützung durch den Freistaat und insbesondere gemeinsam mit den Mitarbeitenden und Betriebsräten. Gut ausgebildet und veränderungsbereit können Menschen in der LVB unsere Zukunft mitgestalten«, so Ulf Middelberg, Sprecher der Geschäftsführung der Leipziger Verkehrsbetriebe.
Kernaussagen der Studie
Mit einer flächendeckenden Durchdringung des Mobilitätssektors durch autonome Fahrsysteme ist frühestens in den 2030er-Jahren zu rechnen.
Für den ÖPNV und seine Beschäftigten ergeben sich jedoch bereits in den kommenden zehn Jahren erhebliche Veränderungen. Gründe dafür sind die Schlüsselrolle des ÖPNV für die Verkehrswende, steigende Kundenanforderungen, neue Konkurrenz durch private Mobilitätsanbieter und die zunehmende Verbreitung vor allem teilautomatisierter Fahrsysteme bereits vor 2030.
Die 2020er-Jahre sind damit für den ÖPNV das Gestaltungsjahrzehnt: ÖPNV-Unternehmen haben in den kommenden Jahren die Chance, den ÖPNV für die Anforderungen der Zukunft fit und langfristig leistungs- und wettbewerbsfähig zu machen. Damit dies gelingt, stellen sich an ÖPNV-Unternehmen, Fahrzeughersteller, Wissenschaft und Politik klare Anforderungen.
Auswirkungen auf die Beschäftigten
Wenngleich eine Prognose über den zukünftigen Arbeitskräftebedarf mit Unsicherheiten behaftet ist, so gibt es doch bislang keine Hinweise auf einen weitreichenden Arbeitsplatzabbau infolge der Einführung autonomer Fahrsysteme.
Im ÖPNV dürfte es zu einer Verschiebung der Arbeitskräftenachfrage innerhalb der verschiedenen Unternehmensbereiche hin zu Arbeitsplätzen mit einem starken Bezug zu Kundinnen und Kunden im ÖPNV kommen.
Neue Berufsbilder entstehen beispielsweise im Zusammenhang mit der Bereitstellung und Aufrechterhaltung digitaler und physischer Infrastruktur für (teil-)automatisierte und autonome Fahrsysteme, die an Relevanz gewinnt.
Sich wandelnde Berufsbilder, u. a. infolge technologischer Entwicklung neuer Fahrsysteme, erfordern künftig eine grundlegende Anpassung der Ausbildung von Fahrerinnen und Fahrern.
Steigende mentale Beanspruchung des Fahrpersonals lauert überall dort, wo ihm Entscheidungsbefugnisse entzogen und hochautomatisierten Systemen übertragen werden. Beschäftigte drohen dann in eine Passivitätsfalle zu geraten.
Die dauerhafte Entlastung des Fahrpersonals von wesentlichen Aufgaben der Fahrzeugsteuerung kann zu Kompetenzverlusten führen.
Nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Beschäftigte ist die Schaffung eines klaren rechtlichen Ordnungsrahmens erforderlich. Für Beschäftigte im Fahrdienst geht es dabei vor allem um Haftungsfragen beim Einsatz als Operator in teil- bzw. vollautomatisierten Fahrzeugen.