Wissensschatz Braunkohleindustrie!

20.03.2023, 16:17 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Kolloquium zum BKM-Erfassungsprojekt zu den Zeugnissen der Braunkohleindustrie erfolgreich beendet.

Auf großes Interesse und eine rege Teilnahme stieß eine Fachtagung zu den Relikten der Braunkohle- und Energieindustrie, die vom 15. bis 17. März 2023 im Kulturhaus Böhlen stattfand. Mehr als 100 Fachleute und Akteure kamen zum Austausch zusammen, weiter 40 verfolgten aus den Revieren die Veranstaltung online. Das Kulturhaus, selbst prestigeträchtiges Zeugnis einer für den Südraum Leipzig prägenden Industrialisierungsphase, bot mit seinen Räumlichkeiten den idealen Rahmen. In Vorträgen, Podiumsbeiträgen und einer Ausstellung im Foyer berichteten rund 25 Denkmalpfleger, Archäologen, Architekten, Geografen sowie Kultur- und Kunsthistoriker aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen über die Forschungsergebnisse aus dem von der Bundebeauftragten für Kultur und Medien (BKM) finanzierten Erfassungsprojekt. In einem in seiner Form und Zielsetzung bisher einzigartigen Projekt dokumentieren seit 2021 fünf Erfasser-Teams die Zeugnisse der Braunkohle- und Energieindustrie im Mitteldeutschen, Lausitzer und Rheinischen Revier. Die im Austausch mit Fachämtern, Denkmalschutzbehörden sowie Vertretern der Braunkohlewirtschaft, Forschungseinrichtungen, Stiftungen, Museen, Vereinen und Privatpersonen zusammen getragenen Ergebnisse wurden anlässlich der Tagung vorgestellt und konnten im Ländervergleich diskutiert werden.

Präsentiert wurde auch die gemeinsame öffentliche Datenbank www.kuladig.de, in der ab Herbst 2023 die etwa 12.000 dokumentierten Zeugnisse deutschlandweit recherchierbar sein werden. Damit steht der interessierten Öffentlichkeit ein großer Wissensschatz dauerhaft und leicht zugänglich zur Verfügung. BKM, den Denkmalfachämtern und Kommunen ist damit ein Überblickswerk über ein bedeutendes industrielles Erbe an die Hand gegeben, welches eine fachlich solide Grundlage für den bevorstehenden Strukturwandel bildet.

Bewahren – dokumentieren – vernetzen – vermitteln

Welche Maßnahmen sind notwendig, damit das Projekt kein akademischer Selbstzweck war, sondern wirklich zum Erhalt der einzigartigen Industrielandschaft der Braunkohlereviere beiträgt?
Dazu gab es beim Kolloquium in Böhlen viele gut durchdachte Vorschläge.

Archive
Die teils über Jahrzehnte zusammengetragenen Unterlagen in den Bergmanns- und Traditionsvereinen werden nur durch die meist weit über 70 Jahre alten ehrenamtlichen Mitglieder bewahrt. Es bleibt nur ein kleines Zeitfenster, um diese unwiederbringlichen Zeugnisse an einem zentralen Ort für die weitere Forschung zusammenzutragen. Im Mitteldeutschen Revier besteht mit DokMitt so ein Ort; in der Lausitz fehlt eine entsprechende Institution. Hierzu bietet sich z. B. die Energiefabrik Knappenrode mit ihrer zentralen Lage in der Lausitz an. Dort könnten die Bestände und auch raumgreifende Modelle gesammelt und weiter erforscht werden.

Gebäude
Die wichtigsten baulichen Objekte müssen über das bereits laufende Bundesförderprogramm InKult erhalten und die Besitzer/Kommunen bei ihrer Weiternutzung unterstützt werden, darüber waren sich alle Anwesenden einig. Sie können im Rahmen des Strukturwandels neuen Nutzungsarten zugeführt werden.

Vermittlung
Neben der Sicherung der bedeutendsten Zeugnisse ist ein Konzept zur Vermittlung der reichen Industriegeschichte nötig. Dazu gehört die Einbeziehung von Schulen in den entsprechenden Gemeinden, um die junge Generation für die Geschichte ihrer Heimat zu sensibilisieren. Die Aufzeichnung von Zeitzeugeninterviews ist eine gute Möglichkeit, um die Orte der Energiegeschichte wieder aufleben zu lassen. Über die gut entwickelte Tourismusbranche können Rad - und Wanderwege entlang der herausragenden Objekte etabliert werden, zu denen vor Ort über QR-Codes weitere Informationen zugänglich sind.
Die Braunkohleindustrie wird in 15 Jahren Geschichte sein. Das anwesende Fachpublikum in Böhlen war sich einig: »Es liegt an uns, ihren bedeutenden Beitrag zur Entwicklung unseres Landes für die nachfolgenden Generationen festzuhalten.«
Das hier im Projekt zusammengetragene Wissen zu deutschlandweit mehr als 12.000 Objekten sollte im Sinne der Erhaltung der Zeugnisse der Braunkohleindustrie eingesetzt werden. Es ist ein breites Bekenntnis zum industriekulturellen Erbe erforderlich, welches neben dem Bund und den Bundesländern auch die betroffene Industrie und ihre Verbände und Stiftungen einbezieht.

Hintergrund:
Die Bundesregierung hat im August 2020 das Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen verabschiedet, mit dem Ziel, die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen zu fördern und den dortigen Strukturwandel zu begleiten. Vor diesem Hintergrund führen das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (LfD) und das Landesamt für Archäologie Sachsen (LfA) ein zweijähriges interdisziplinäres Erfassungsprojekt durch. Die beiden Projektteams erfassen im Mitteldeutschen und im Lausitzer Revier die bergbaubedingte Kulturlandschaft mit ihren prägenden materiellen Zeugnissen seit Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Darüber hinaus arbeiten weitere drei Projektteams in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen. Neben dem LfD und dem LfA gehören das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum sowie das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland zu den Trägern. Das Projekt wird zu 100 Prozent gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).


Kontakt

Landesamt für Denkmalpflege Sachsen

Pressesprecherin Sabine Webersinke
Telefon: +49 351 48 430 403
Telefax: +49 351 48 430 488
E-Mail: sabine.webersinke@lfd.sachsen.de
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