Meilenstein auf dem Weg zur Modernisierung des sächsischen Vollzugs erreicht

30.05.2023, 14:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Kabinett gibt Gesetzentwurf zur Änderung der sächsischen Vollzugsgesetze zur Anhörung frei

Die Staatsregierung hat heute, am 30. Mai, beschlossen, den Entwurf für ein Gesetz zur Änderung der sächsischen Vollzugsgesetze zur Anhörung an Fachverbände und sonstige Stellen freizugeben.

Das Gesetzgebungsvorhaben dient zum einen der Umsetzung von Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag wie zum Beispiel die Regelungen zur Stärkung des offenen Vollzugs und zum anderen werden mit dem Gesetz wichtige unions- und bundesrechtliche Neuerungen in das sächsische Landesrecht überführt.

Justizministerin Katja Meier: "Mit der heute vom Kabinett zur Anhörung freigegebenen Novelle der sächsischen Vollzugsgesetze haben wir ein weiteres wichtiges Gesetzesvorhaben aus dem Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht. Ich freue mich, dass wir wichtige Punkte zur Weiterentwicklung des sächsischen Vollzugs erreichen konnten. Mir waren dabei die Stärkung des Offenen Vollzugs und die gesetzliche Verankerung der Videobesuche als zentrale Neuregelungen besonders wichtig. Zugleich schaffen wir mit dem vorgelegten Gesetzentwurf solide rechtliche Rahmenbedingungen, die den sächsischen Vollzug für die wachsenden und kommenden Herausforderungen gut rüsten, sodass dieser auch zukünftig seiner wichtigen gesellschaftlichen Funktion gerecht werden kann.«

Darüber hinaus haben die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie notwendige Reformen in den sächsischen Vollzugsgesetzen aufgezeigt, die nun das Änderungsgesetz auf eine gute rechtliche Basis stellt. Der Entwurf soll in allen Justizvollzugsgesetzen ausdrückliche Bestimmungen für die Durchführung von Videobesuchen schaffen, um diese zu verstetigen und den Gefangenen Kontakte mit Familienangehörigen und Freunden zu erleichtern. Der Bedeutung der Besuche von Angehörigen wird dabei durch die differenzierten Anrechnungsregelungen in besonderer Weise Rechnung getragen.

Die geplante Regelung zur Stärkung des Offenen Vollzugs ermöglicht zudem, dass die Eignung von Gefangenen zur Unterbringung in einer Abteilung des Offenen Vollzugs unter bestimmten Voraussetzungen widerleglich vermutet werden kann. Ziel dieser Regelung ist es, die bestehenden Kapazitäten im Offenen Vollzug besser auszulasten und für die Mitarbeitenden in den Justizvollzugsanstalten eine verbesserte Handlungs- und Rechtssicherheit zu schaffen. Voraussetzung für den Eintritt dieser gesetzlichen Vermutung ist – neben dem Bestehen eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses –, dass die zu vollstreckende Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt nicht mehr als 2 Jahre beträgt und nicht aufgrund einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder wegen einer groben Gewalttätigkeit zu verbüßen ist.

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Dritten Geschlecht wird in den sächsischen Vollzugsgesetzen ebenso eine Regelung aufgenommen, die einen differenzierten Umgang mit Gefangenen unterschiedlichen Geschlechts zulässt und insbesondere den Bedürfnissen trans-, intergeschlechtlicher und nicht-binärer Personen in einer Vollzugsanstalt in verfassungsgemäßer Weise Rechnung trägt.

Aufgrund zwingender praktischer Bedürfnisse sollen ferner in bestimmten, gesetzlich klar definierten Fällen künftig Ausnahmen vom grundsätzlichen – und im Übrigen weitergeltenden – Verbot des Besitzes und der Benutzung von Mobilfunkendgeräten in den Anstalten zugelassen werden können. Dadurch wird etwa der kurzfristige Einsatz mobilfunkfähiger Geräte bei der Reparatur bzw. der Instandsetzung von technischen Anlagen durch externe Wartungsfirmen auf dem Anstaltsgelände ermöglicht. Auch Notärztinnen und Notärzte oder in die Anstalt gerufene Polizei- und Rettungskräfte können etwa auf dieser rechtssicheren Grundlage künftig bei entsprechenden Einsätzen ihre Mobilfunkgeräte im Bedarfsfall bei sich führen.
Mit Blick auf die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze soll zudem gesetzlich verankert werden, dass die disziplinarische Trennung nicht gegen Jugendliche unter 18 Jahren, nicht gegen schwangere und stillende Personen und auch nicht gegen Gefangene angeordnet werden darf, die mit einem Kind im Gefängnis untergebracht sind.

Schließlich werden – neben sprachlichen und redaktionellen Anpassungen – notwendige Änderungen im Sächsischen Justizvollzugsdatenschutzgesetz umgesetzt. So soll eine Regelung für den verbesserten Austausch vollzugsspezifischer Erkenntnisse über Gefangene aus Vorinhaftierungen in anderen Bundesländern geschaffen werden. Die Grundsätze der Datenschutzverordnung sollen mit Blick auf unionsrechtliche Bestimmungen zum Datenschutz bei der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung und die darin aufgeführten Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Person konkretisiert werden. Die generell geltende Speicherfrist von derzeit fünf Jahren soll für den Jugendarrest auf zwei Jahre und für die Jugendstrafe auf drei Jahre gesenkt werden.


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung

Pressesprecher Dr. Alexander Melzer
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