Eilantrag gegen Versammlungsverbot bleibt vor Verwaltungsgericht erfolglos
02.06.2023, 17:56 Uhr — Erstveröffentlichung
Versammlung am 3.6.2023 in Leipzig unter dem Motto "United we stand - Trotz alledem, autonomen Antifaschlusmis verteidigen!" bleibt verboten
Am 27.4.2023 hatte der Antragsteller unter dem Motto »United we stand – Trotz alledem, autonomen Antifaschismus verteidigen!« bei der Stadt Leipzig eine Versammlung angemeldet, die am morgigen Sonnabend als Aufzug von der Wolfgang-Heinze-Straße bis zum Willy-Brandt-Platz führen soll. Als erwartete Teilnehmerzahl gab er 400 bis 500 an.
Mit für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 2.6.2023 verbot die Stadt Leipzig die angemeldete Versammlung sowie jegliche Ersatzveranstaltung am 3.6.2023 für das gesamte Stadtgebiet. Zur Begründung heißt es im Bescheid, es sei mit einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung zu rechnen. Für eine Demonstration am ersten Sonnabend nach Verkündung des Urteils im Verfahren gegen Lina E. vor dem OLG Dresden werde auf verschiedenen Internetseiten und in den sozialen Medien bereits seit etwa Mitte des Jahres 2022 mobilisiert. Der Inhalt der Aufrufe und der Beiträge in den sozialen Medien lasse eine erhebliche Gewaltneigung erkennen, teilweise werde ausdrücklich zu Gewalttaten aufgerufen. Auch bei früheren Versammlungen in Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem OLG Dresden sei es zu massiven Zwischenfällen bis hin zu Straftaten wie schwerem Landfriedensbruch gekommen. Das Landesamt für Verfassungsschutz habe in einem Lagebericht vom 26.5.2023 eingeschätzt, dass mit einer überregionalen Beteiligung zu rechnen sei. Da kein Konzept der Veranstalter erkennbar sei, auf gewaltbereite Teilnehmer einzuwirken, müsse mit der Bildung verschiedener Blöcke innerhalb des Demonstrationszuges und dessen Nutzung als »Deckungsmasse« gerechnet werden. Den hieraus resultierenden Gefahren könne auch nicht auf andere Weise als durch ein Verbot begegnet werden. Eine Begrenzung der Teilnehmerzahl scheide aus, da sie sich angesichts des Mobilisierungspotentials und der Durchführung der Versammlung als Aufzug nicht durchsetzen ließe. Auch eine Absicherung der Veranstaltung durch polizeiliche Maßnahmen erscheine ausgeschlossen, da im Rahmen der Mobilisierung bereits Hinweise gegeben worden seien, wie man diese umgehen könne, was auf eine fehlende Bereitschaft zur Befolgung polizeilicher Anweisungen schließen lasse.
Den am heutigen Tag gegen 2:00 Uhr erhobenen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Gericht mit Beschluss vom späten Nachmittag abgelehnt. Aufgrund der bekannten Tatsachen sei mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung auszugehen. Insofern erweise sich die Gefahrenprognose der Stadt als zutreffend. Hierbei bleibe insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Mobilisierung im Internet einschließlich des Demonstrationsaufrufs des Antragstellers zumindest auch an eine gewaltbereite autonome linksextremistische Szene gerichtet habe. Auch wenn sich der Antragsteller auf seinem Twitter Account mittlerweile von Gewaltaufrufen distanziert und zuletzt zu einer friedlichen Demonstration aufgerufen habe, sei deshalb zu befürchten, dass aus der angemeldeten Versammlung heraus Gewalttätigkeiten begangenen würden und der Antragsteller dem nicht wirksam begegnen könnte. Zudem erscheine die vom Antragsteller angegebene Teilnehmerzahl von 400 bis 500 nicht ansatzweise realistisch. Bei einer Versammlung am 31.5.2023 mit weitaus geringerem Mobilisierungspotential habe es schon 800 Teilnehmer gegeben, bei jener am 18.9.2021 anlässlich des Prozessbeginns vor dem OLG Dresden seien es sogar 3.500 gewesen. Im Hinblick auf die bundesweite Mobilisierung für die Demonstration sei mit einer weitaus höheren Teilnehmerzahl zu rechnen, insbesondere auch aus dem Lager autonomer Gewalttätiger. Der Antragsteller habe gleichwohl kein adäquates Sicherheitskonzept vorgelegt.
Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist die Möglichkeit einer Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht eröffnet.