Grünes Licht für die Wiederansiedlung von Luchsen
16.10.2023, 11:19 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Obere Jagdbehörde Sachsen erteilte Ausnahmegenehmigung
Ab dem Frühjahr 2024 sollen im Rahmen des Projekts »RELynx Sachsen« bis zu 20 Eurasische Luchse in das Erz- und Elbsandsteingebirge, als das größte zusammenhängende Waldgebiet Sachsens und ursprüngliches Verbreitungsgebiet, ausgewildert werden.
Das teilte das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) heute in Dresden mit. Nach umfangreichen Vorbereitungsarbeiten sei mit der erteilten Ausnahmegenehmigung der Oberen Jagdbehörde ein erster Meilenstein im Projekt erreicht worden. Damit kann die Aussetzung von geeigneten Tieren, die genetisch der Karpatenpopulation zugerechnet werden, gezielt vorbereitet werden. Die Genehmigung der Oberen Jagdbehörde wurde im Einvernehmen mit den zuständigen Naturschutzbehörden und unter Anhörung der anerkannten Naturschutzverbände in Sachsen erteilt.
Die Aussetzung soll ab dem Frühjahr 2024 im Staatswald des Forstbezirks Eibenstock im Westerzgebirge zunächst mit Wildfängen aus der Schweiz beginnen. Ebenso sind geeignete Gehegetiere aus dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EAZA), die menschenfern aufwachsen und in Koordinierungsgehegen auf die Wildnis vorbereitet werden, vorgesehen. Auch Waisenluchse, die in der Wildnis mutterlos aufgefunden werden, kommen nach einer Pflegephase für die Aussetzung in Betracht.
Die Wiederansiedlung in Sachsen stärkt die nach wie vor empfindliche mitteleuropäische Luchspopulation. Der Zeitraum der Aussetzungen erstreckt sich bis Ende des Jahres 2027.
Das sächsische Projekt ordnet sich in eine bundesweite Strategie zur Stabilisierung der Luchsvorkommen in Deutschland ein. Da vor allem weibliche Luchse neue Gebiete nur sehr zögerlich besiedeln, wird durch die Wiederansiedlung in Sachsen ein neuer Trittstein begründet. Dieses Vorkommen soll mittelfristig als Bindeglied zwischen den natürlichen Beständen in den Karpaten und dem bislang isolierten Vorkommen im Böhmerwald und Nordostbayern fungieren.
Gestartet wurde das Projekt im September 2022. Daran beteiligt sind das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz und die Professur für Forstzoologie der Technischen Universität Dresden. Die Projektleitung liegt beim LfULG. Die praktischen Maßnahmen werden vom Staatsbetrieb Sachsenforst unterstützt.
Das bereits seit fünfzehn Jahren in Sachsen bestehende Monitoringsystem zum Luchs wird entsprechend erweitert und an die neue Situation angepasst. Auf den Internetseiten des LfULG können sich Bürgerinnen und Bürger über das Projekt informieren. Mit einem Faltblatt und Postkarten liegt Material für eine breite Öffentlichkeit vor.
Hintergrund:
Durch lange Verfolgung wurde der Luchs in Deutschland ausgerottet, in Sachsen bereits vor 300 Jahren. Alle Luchse, die im Moment in Deutschland frei leben, stammen aus Wiederansiedelungsprojekten. Aktuell leben nur rund 130 Alttiere in drei voneinander isolierten Populationen im Harz, in Nordostbayern und im Pfälzerwald. In Sachsen traten in den letzten Jahrzehnten ausnahmslos Einzeltiere auf.
Der Luchs steht unter strengem europäischen und nationalen Schutz. Aufgrund seiner geringen Fortpflanzungsrate besiedelt er nur sehr zögerlich neue Lebensräume. Eine natürliche und dauerhafte Rückkehr des Luchses nach Sachsen ist daher unwahrscheinlich und ein besonderer Einsatz für den Schutz dieser Art erforderlich.
Der Luchs ist nach Bär und Wolf das drittgrößte Raubtier Europas. Die Katzen können mit einer Schulterhöhe von bis zu 70 Zentimetern eine stattliche Größe erreichen.
Für Menschen stellt der Luchs in der Regel keine Gefahr dar. Aufgrund seiner guten Tarnung und der vorwiegenden Dämmerungs- und Nachtaktivität ist die Wahrscheinlichkeit, ein solches Tier in freier Wildbahn zu Gesicht zu bekommen, sehr gering.
Luchse erbeuten hauptsächlich freilebende Wildtiere wie Rehe und junge Rothirsche. Die Großkatzen können aber auch Schafe, Ziegen und Wild in Gehegen töten. Solche Übergriffe finden jedoch nur sehr selten statt. Der Freistaat Sachsen gleicht Schäden an Nutztieren aus, wenn der Luchs mit hinreichender Sicherheit als Verursacher bestätigt wurde.