Mit Hilfe der Biotechnologie und Biomedizin Krankheiten heilen – Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Sachsen forschen an Behandlungsmethoden der Zukunft
26.10.2023, 15:53 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Sachsen hat sich innerhalb weniger Jahre national und international als Biotechnologiestandort mit bedeutendem Zukunftspotenzial einen Namen gemacht und ist zu einer der dynamischsten Biotechnologieregionen Europas avanciert.
Mehr als 30 exzellente universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, rund 200 international besetzte Arbeitsgruppen, mehr als 65 Biotechnologie-Unternehmen, zehn Pharma-Unternehmen sowie rund 70 innovative Dienstleister prägen mit insgesamt mehr als 6.000 zum überwiegenden Teil hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern diese sächsische Hochtechnologie-Branche.
Auf einer Tour im Rahmen »SPIN2030«, einer Kampagne zur Sichtbarmachung der Vielfalt, Exzellenz und Attraktivität des Wissenschaftslandes Sachsen, hat Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow heute verschiedene Einrichtungen in Leipzig besucht, die exzellente Forschung im Bereich Biotechnologie/Biomedizin betreiben.
Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow sagte nach dem Besuch der Forschungseinrichtungen in Leipzig:
»Sachsen hat die große Bedeutung der Biotechnologie schon vor vielen Jahren erkannt und mehrere hundert Millionen ganz gezielt in die Forschung investiert. Im Ergebnis haben wir heute eine der leistungsstärksten und auf einigen Gebieten weltweit führende Forschungslandschaft und darauf aufbauend inzwischen auch einen gewichtigen Wirtschaftszweig. Beides wächst beständig. Das Biotec-Cluster wollen wir auch weiterhin unterstützen und die nächsten großen Schritte sind schon in Vorbereitung - so etwa der Forschungs- und Transferhub für Wirkstoffentwicklung der Universität Leipzig. Die Region hat das Potential, zu einem der weltweit führenden Forschungs- und Entwicklungsstandorte im Bereich Lebenswissenschaften und Pharmawirtschaft zu werden.«
Station 1 – Adipositas-Forschung
Das Helmholtz-Institut für Metabolismus, Adipositas und Gefäßforschung (HI-MAG) in Leipzig, ein Institut von Helmholtz Munich an der Universität Leipzig und dem Universitätsklinikum Leipzig, erforscht die Ursachen von krankhafter Gewichtszunahme und zielt darauf ab, neue Therapiemöglichkeiten für Adipositas und den damit verbundenen Folgeerkrankungen, wie Stoffwechsel- und Gefäßerkrankungen, zu entwickeln.
Minister Gemkow erhielt Einblicke in aktuelle klinische Fragestellung, die am HI-MAG im Rahmen von klinischen Studien erforscht werden und konnte selbst einige Untersuchungen ausprobieren, die sonst nur Probanden in der HI-MAG Studienambulanz im Roten Haus angeboten werden. In den HI-MAG Laboren konnte der Minister hinter die Kulissen schauen und mehr dazu erfahren, wie die Forscherinnen und Forscher am Institut mithilfe modernster Methoden herausfinden wollen, wie es zu krankhaftem Übergewicht kommen kann und welche Rolle das Gehirn und das Fettgewebe bei »Adipositas-Erkrankungen« spielen.
Prof. Matthias Blüher, Direktor des HI-MAG und Leiter der Adipositas-Ambulanz am Universitätsklinikum Leipzig bekräftigte:
»Leipzig ist ein idealer Standort für unser Forschungsinstitut. Mit der engen Anbindung an die Universitätsmedizin Leipzig, die ein weltweit führender Standort für die Erforschung von Stoffwechselerkrankungen beim Menschen ist, und der engen Kooperation zwischen klinischen und Grundlagenforschenden in Leipzig und in München, bin ich mir sicher, dass in den nächsten Jahren noch bedeutende Durchbrüche bei der Therapie von Adipositas und deren Folgeerkrankungen zu erwarten sind. Unser vorrangiges Ziel ist es, neueste Erkenntnisse aus der Forschung möglichst schnell Menschen mit Stoffwechselkrankheiten zugutekommen zu lassen.«
Station 2 – Krebsforschung
Die Universitätsmedizin Leipzig basiert auf den drei Säulen »Forschen, Lehren, Heilen«. Die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig ist mit rund 3.600 Studierenden die größte Ausbildungsstätte für Human- und Zahnmedizin, für Hebammenkunde sowie die einzige für Pharmazie in Sachsen. Forschungsschwerpunkte sind: molekulare und zelluläre Kommunikation, Erkrankungen von Gehirn und Seele, Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Arteriosklerose und Adipositas, personalisierte Medizin und Onkologie.
Minister Gemkow besuchte Forschungslabore im José Carreras-Haus, in denen neue Methoden der Leukämiediagnostik entwickelt und Behandlungsmethoden für nebenwirkungsärmere Therapien erforscht werden. »Wir haben ideale Bedingungen an der Universitätsmedizin Leipzig, da sich die Institute der Grundlagenforschung und Kliniken auf einem Gelände befinden. Die Ergebnisse kommen aus dem Forschungslabor direkt zur Anwendung in die Praxis«, sagt Prof. Dr. Ingo Bechmann, Dekan der Medizinischen Fakultät, und ergänzt: »In verschiedenen Projekten entwickeln wir gemeinsam mit Kooperationspartnern neuartige Gen- und Zelltherapeutika, sogenannte »lebende Arzneimittel«. Damit sind wir auf dem Weg in die Zukunft der personalisierten Medizin.« In der Leipzig Medical Biobank (LMB) wurde gezeigt, wie standardisiert Blut, Gewebematerial und Erbmaterial gesammelt, bearbeitet und gelagert werden, um diese für Forschungsprojekte, wie zum Beispiel in der Immunonkologie, bereit stellen zu können. Die hochmoderne Biobank schlägt damit die Brücke zwischen Wissenschaft und Forschung.
Station 3 – Infektionsforschung
Das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI erforscht und entwickelt spezielle Problemlösungen an den Schnittstellen von Medizin, Biowissenschaften und Ingenieurswissenschaften. Eine der Hauptaufgaben besteht dabei in der Auftragsforschung für biotechnologische, pharmazeutische und medizintechnische Unternehmen, Kliniken, diagnostische Labore sowie Forschungseinrichtungen. Im Forschungsmittelpunkt stehen dabei Entwicklungen im Bereich der Immunonkologie und Infektionspathologie. Das Institut prüft und entwickelt neuartige Zell- und Gentherapien, Wirk- und Impfstoffe sowie diagnostische und analytische Verfahren.
Vorgestellt wurden heute Forschungen im Bereich der Virologie Insbesondere die Themen Dengue und West-Nil haben zunehmend eine regionale Bedeutung, da sich diese Viren mit zunehmender Klimaerwärmung auch in unseren Breiten etablieren und die ersten größeren Ausbrüche von West-Nil hier in der Region Leipzig/Halle registriert wurden. Das sollte demnach ein Zukunftsthema für den Standort werden.
Der Minister besichtigte zudem eine Prototypenanlage zur Herstellung von Impfstoffen und ein GMP-Prozessentwicklungs-Labor (Good Manufacturing Practice, auf Deutsch: Gute Herstellungspraxis = Richtlinien und Verfahren, die sicherstellen sollen, dass Produkte in der pharmazeutischen, biotechnologischen und Lebensmittelindustrie in einer sicheren und kontrollierten Umgebung hergestellt werden.) Hier werden Herstellungsprozesse für moderne Zell- und Gentherapeutika, die aktuell vor allem Einsatz in der Immunonkologie finden, erarbeitet.
PD Dr. Sebastian Ulbert, Stellvertretender Institutsleiter und Leiter der Abteilung Impfstoffe und Infektionsmodelle am Fraunhofer IZI, erläuterte anlässlich des Besuchs: »Infektionskrankheiten stellen eine globale Bedrohung für die menschliche und tierische Gesundheit dar. Mit dem Forschungsbereich Infektionspathologie tragen wir am Fraunhofer IZI aktiv dazu bei, weitere wichtige Erkenntnisse zur Verbreitung, Pathogenese und Möglichkeiten der Diagnose zu gewinnen. Wir unterstützen Partner bei der Entwicklung und Translation von Technologien zur Erforschung, Diagnostik, Prävention und Therapie infektiologischer Erkrankungen.«
Hintergrund:
In Dresden und Leipzig hat sich ein sehr dichtes Forschungscluster im Bereich der Biotechnologie/Lebenswissenschaften herausgebildet. Zu diesem umfassenden Netzwerk, das sich in noch nicht einmal zwei Jahrzehnten etabliert hat und international sehr sichtbar ist, gehören u. a.:
in Dresden: Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG),
Zentrum für Systembiologie Dresden (CSBD), das interdisziplinäre Forschungszentrum BIOTEC, Zentrum Regenerative Therapien der TU Dresden (CRTD),
drei Standorte der Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung (Neurodegenerative Erkrankungen, Krebs, Diabetes), der Standort Dresden des Nationalen Zentrums für Tumorerkrankungen (NCT) sowie die Außenstelle des Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), die International Max Planck Research Schools (IMPRS) und die Internationale Graduiertenschule für Biomedizin und Bioengineering gemeinsam mit der TU Dresden. Dazu gehören auch das Max-Bergmann Zentrum für Biomaterialien das Medizinisch-Theoretische Zentrum am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden.
in Leipzig: neben Helmholtz-Institut für Metabolismus, Adipositas und Gefäßforschung (HI-MAG), Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI und Universität Leipzig mit dem Innovationszentrum für Computerassistierte Chirurgie (ICCAS), das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI-CBS) und das Deutsche Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit (DZKJ) i. G.