Sächsischer Staatspreis Ländliches Bauen 2023 in Mittweida verliehen
25.11.2023, 16:00 Uhr — Erstveröffentlichung
Staatspreise gehen nach Breitenbrunn, Schönbach, Pegau und Wachau
Heute (25. November 2023) hat Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt die Preisträgerinnen und Preisträger des Sächsischen Staatspreises Ländliches Bauen 2023 ausgezeichnet. Der Preis wird alle zwei Jahre für hervorragende Ergebnisse des Bauens in den ländlichen Regionen vergeben. Eine mit Fachleuten besetzte Jury hat die besten Bauobjekte in den Kategorien »Wohnen«, »Gewerbliche Nutzung«, »Öffentliche Nutzung« und »Multiple Nutzung« ausgewählt. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld in Höhe von jeweils 5 000 Euro dotiert.
Staatsminister Thomas Schmidt: »Unser Sächsischer Staatspreis Ländliches Bauen ist ein wichtiger Bestandteil für den Austausch zu regionaler Baukultur. Mit 118 sehr vielfältigen eingereichten Beiträgen ist er eine hervorragende Schau für das regionale Bauen. Der Wettbewerb zeigt, wie Zukunft im ländlichen Raum ganz konkret gestaltet wird.«
Der Staatspreis für Ländliches Bauen in der Kategorie Wohnen wurde für den Umbau eines Waldhauses in Tellerhäuser, einem Ortsteil von Breitenbrunn (Erzgebirgskreis) an Florian Voigt verliehen. Dem jungen Architekten aus Leipzig sei mit seinem ersten Auftrag für den neuen ländlichen Wohnsitz der Eltern eine überzeugende Umformung des Bestandes gelungen, so die Einschätzung der Jury.
Der Staatspreis in der Kategorie Gewerbliche Nutzung geht nach Schönbach (Landkreis Görlitz). Prämiert wurde die revitalisierte örtliche Kulturfabrik der STARKE Erlebnis GmbH.
In der Kategorie Öffentliche Nutzung wurde die nachhaltige Sanierung und Umnutzung der Pfarrscheune in Kitzen (Stadt Pegau) im Landkreis Leipzig ausgezeichnet. Der Staatspreis geht an den Evangelischen Gemeindekirchenrat Hohenlohe – Pfarrbereich Kitzen-Schkeitbar. Das prämierte Bauobjekt gehört zu einem denkmalgeschützten Ensemble und steht Kirche und Dorfgemeinschaft als Veranstaltungsort zur Verfügung.
Für die Umnutzung und Sanierung einer barocken Hofanlage in Wachau (Landkreis Bautzen) wird der Staatspreis in der Kategorie Multiple Nutzung an die Familie Zimmermann-Törne und den ORLA e. V. verliehen. Prämiert wurde damit die Sanierung eines um 1770 errichteten Pfarrhauses, dessen Bausubstanz weitgehend erhalten wurde und das nun gleichermaßen öffentlicher Begegnung, Wohnen und Arbeiten in ländlicher Umgebung dient.
Außerdem würdigte die Jury 22 weitere im ländlichen Raum realisierte Bauprojekte mit einer Auszeichnung. Darunter sind beispielsweise ein zum Wohnhaus umgebauter ehemaliger Pferdestall in Mügeln – Ortsteil Lüttnitz (Landkreis Nordsachsen), ein denkmalgeschützter Fachwerkhof in Kleinschirma (Landkreis Mittelsachsen), der vor dem Verfall gerettet wurde, die behutsam erneuerte und modernisierte Friedhofskapelle in Wechselburg (Landkreis Mittelsachsen), das Landambulatorium Dommitzsch – ein sanierter DDR-Typenbau im Landkreis Nordsachsen – und die Erlebnismühle Förstgen in Mücka (Landkreis Görlitz).
»Die eingereichten Bauprojekte sind baukulturelle Schätze in unseren Kleinstädten und Dörfern, die bewahrt oder neu geschaffen wurden. Gegenüber anderen Bauinvestitionen zeichnet diese Bauten auch der unmittelbare Bezug zum Ort, zu den Menschen vor Ort und die individuelle Verwirklichung von Lebensentwürfen aus. Genau das wollen wir mit dem Staatspreis einer breiten Öffentlichkeit zeigen und dieses besondere Engagement im ländlichen Raum würdigen«, so Staatsminister Thomas Schmidt abschließend.
Hintergrund:
Der Sächsische Staatspreis Ländliches Bauen wurde erstmals im Mai 2021 vom Sächsischen Staatsministerium für Regionalentwicklung (SMR) ausgelobt. Er führt als einer der drei sächsischen Baupreise des SMR den erfolgreichen Landeswettbewerb für das Bauen im ländlichen Raum weiter, der vorher bereits 17-mal stattfand. Bewerben konnten sich private Bauherren einschließlich Unternehmen und Vereine sowie Kommunen, Architekten und Planer in vier Kategorien. Die Auswahl und Begutachtung der eingereichten Arbeiten erfolgte durch eine unabhängige Jury, in der Fachleute mit verschiedenen Arbeitsschwerpunkten vertreten waren, darunter Architekten, Denkmalpfleger und Freiraumplaner. Die Jury hat 37 von insgesamt 110 eingereichten Projekten vor Ort begutachtet.
Auszüge aus den Begründungen der Jury für die Preisträger:
Kategorie Wohnen: »Im höchstgelegenen Dorf des Erzgebirges ist aus einem baufälligen Gebäude ein bemerkenswertes Wohnhaus als Treffpunkt für die große Familie entstanden. Mit einer schwarzen, senkrechten Holzverschalung erinnert es an die ortstypischen Scheunen. Auch weitere Materialien wurden entsprechend der rauen klimatischen Bedingungen am Erzgebirgskamm gewählt, wie die Stehfalzdeckung des Daches und der Sockel aus Betonsteinplatten. Im Inneren des Hauses dominieren Farben der umgebenden Natur und die belassenen Oberflächen der verwendeten Baustoffe Holz, Stein und Kalkputz. Im Außenbereich setzt sich die naturnahe Gestaltung mit dem Waldgarten, terrassierten Blühwiesen und Natursteinmauern fort. Die Handschrift des jungen Architekten zeigt sich in einer detailgenau überlegten Planung und konsequenten baulichen Umsetzung mit örtlichen Handwerkern.«
Kategorie Gewerbliche Nutzung: »Das Ensemble der um das Jahr 1890 in Schönbach errichteten Fabrikgebäude steht exemplarisch für viele von der Industrialisierung geprägte Bereiche in sächsischen Dörfern und Kleinstädten. Antworten auf die Frage, wie diese für die Identität des Ortes wichtigen Gebäude ressourcenschonend eine neue Funktion erhalten können, gibt das Umbauprojekt zur ‚Kulturfabrik‘ in Schönbach. Durch den privaten Projektträger wurde eine Kombination mehrerer Nutzungen gefunden, bei denen inklusive Arbeits- und Lebensbereiche für Menschen mit Beeinträchtigungen im Mittelpunkt stehen. Damit in Verbindung wurden zudem Werkstätten für Kreative, Ferienwohnungen und Veranstaltungsräume geschaffen. Ein besonderer Fokus lag auf der niederschwelligen Instandsetzung des Vorhandenen. Fußböden und Fabrikfenster wurden erhalten, Möbel aufgearbeitet, Deckenhöhen und alte Farbanstriche belassen. Stahlstützen und –träger wurden eisgestrahlt und gestrichen, sodass wertvolle Details ohne Verkleidung weiterhin sichtbar sind. Ein neuer Aufzug im alten Schacht verbindet die Etagen barrierefrei. Der Backsteinbau erhielt in der obersten Etage einen Ringanker und eine Stahlbetondecke, auf der Ferienwohnungen mit Terrasse errichtet wurden. Geheizt wird mit Hackschnitzeln einer angrenzenden Holzbearbeitungsfirma. Durch die Baugestaltung und die künstlerischen Akzente versprüht die Kulturfabrik einen ruppigen und kreativen Charme mit herausragendem Potenzial für einen lebendigen Ort im ländlichen Raum.«
Kategorie Öffentliche Nutzung: »Die große, im 18. Jahrhundert erbaute Pfarrscheune im historischen Pfarrhof von Kitzen ließ bei der engagierten Kirchgemeinde die Idee reifen, dieses Baudenkmal vor dem Verfall zu retten. Mit Überzeugungskraft, Ausdauer und guten Argumenten ist es den am Projekt Beteiligten gelungen, auch die Zweifler vom Erhalt der Scheune zu begeistern. ‚So wenig wie möglich und so viel wie nötig‘ war das Motto bei der Lösung dieser anspruchsvollen Bauaufgabe. So ist ein für Veranstaltungen multifunktional nutzbarer, barrierefreier Raum mit Küche, WC und einer Künstlerwerkstatt entstanden. Bereits im Prozess der Entstehung, wurde hier mit vielen Arbeitseinsätzen Gemeinschaft gelebt. Der Wettbewerbsbeitrag setzt dem allgemeinen Streben nach Perfektion das besondere Wissen um das wirklich Notwendige entgegen. Der sparsame Umgang mit Ressourcen durch die Bergung wiederverwendbarer Baumaterialien, die Reparatur der Holzkonstruktion, das Aufarbeiten historischer Bauteile, wie der Scheunentore, und nicht zuletzt das Weglassen der Beheizung durch die bewusste Entscheidung für den Sommerbetrieb zeichnet dieses Objekt mit einem konsequent nachhaltigen Ansatz aus.«
Kategorie Multiple Nutzung: »Das um 1770 erbaute barocke Pfarrhaus war stark sanierungsbedürftig und stand zum Verkauf. Die neuen Eigentümer verwirklichten hier ein multiples Nutzungskonzept von öffentlicher Begegnung, Wohnen und Arbeiten in ländlicher Umgebung. Die Flächen im Erdgeschoss werden kirchlich genutzt. In den anderen Geschossen befinden sich die Räume des neu gegründeten Vereins KulturReWIR, der Kunstschaffenden Möglichkeiten zum freien Arbeiten anbietet, und der private Wohnbereich der Familie. Entstanden sind hochwertige und gleichzeitig einfach ausgestattete Räume, die mit sorgfältig konservierten und restaurierten Details ein authentisches Bild barocker Baukultur vermitteln. Die Bausubstanz wurde weitgehend erhalten und mit nachhaltigen Baustoffen wie Lehm, Holz und Stopfhanf ergänzt. Im naturnah gestalteten Außenbereich entstand auf den Restmauern der alten Pfarrscheune ein Außenatelier, welches auch als Bühne und Veranstaltungsort genutzt wird. Eine Streuobstwiese und ein neu angelegter Hausgarten runden das Gesamtbild des Pfarrhofes ab. Die Hofanlage ist so eine Bereicherung für die Einwohner und Gäste in der Region.«
Der Staatspreis wird finanziert mit Landesmitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.
Alle Prämierungen sind auf der Website zum Staatspreis Ländliches Bauen abrufbar.