Sächsische und australische Carbonfaser-Pioniere beschließen enge Zusammenarbeit
22.05.2024, 13:31 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Staatsminister Schmidt in Down Under: »Wichtiger Schritt für Strukturwandel und Carbonfaser-Forschung in Sachsen«
Thomas Schmidt, Sachsens Staatsminister für Regionalentwicklung, ist mit einer kleinen Delegation von Wissenschaftlern nach Australien gereist. Auf dem Programm des sechstägigen Aufenthalts (22. bis 27. Mai) in den Bundesstaaten Victoria und Western Australia stehen Treffen und Gespräche mit Politikern, Verbänden, Universitäten und Wirtschaftsvertretern zu Fragen der Regionalentwicklung und der wirtschaftlichen Transformation in Kohleregionen.
Anlass der Reise ist die Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung sächsischer Carbonfaser-Pioniere der Technischen Universität Chemnitz mit Experten eines weltweit führenden Kohlenstofffaser-Forschungsprojektes an der Deakin University Victoria in der Nähe von Melbourne. Dort wird am Freitag (24. Mai) eine Zusammenarbeit zwischen dem Institute for Frontier Materials der Deakin University (Carbonforschungszentrum Carbon Nexus), dem Institut für Strukturleichtbau der Technischen Universität Chemnitz (Carbonforschungszentrum Carbon LabFactory Sachsen) und dem Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung besiegelt. »Dass es uns gemeinsam mit Professor Lothar Kroll und seinem Team vom Lehrstuhl für Leichtbau und Kunststofftechnik der Technischen Universität Chemnitz nach zwei Jahren intensiver Bestrebungen und Vorbereitungen nun gelungen ist, diese Kooperation mit der weltweit führenden zivilen Forschungseinrichtung im Bereich Kohlenstofffasern auf den Weg zu bringen, ist ein großer Erfolg«, sagt der für Strukturentwicklung zuständige sächsische Minister. Ziel ist eine enge Zusammenarbeit in der Forschung zur Carbonisierung nachhaltiger Hochleistungsmaterialien und deren Verarbeitung zu Faser-Kunststoff-Verbundbauteilen für zahlreiche Anwendungen, beispielsweise in der Luftfahrt, dem Automobilbau oder der Sportgeräteindustrie. Die Kooperation unterstützt die Etablierung des europaweit einzigartigen Forschungsstandortes der Technischen Universität Chemnitz, der Carbon LabFactory Sachsen, in Boxberg/O.L. »Hier vernetzen sich führende Player auf Spitzenniveau, die nun ihre Expertisen und das umfangreiche Know-how im Bereich der Carbonfaser-Forschung gemeinsam weiterentwickeln werden. Die Carbon LabFactory Sachsen in Boxberg/O.L. wird Sachsen zum führenden Standort für ‚grüne‘ Carbonfasern machen und damit bei der Schaffung zukunftsweisender und attraktiver Arbeitsplätze in der Region helfen. Denn aus dieser Zusammenarbeit wird wieder Neues entstehen. Auch künftige Generationen werden im Lausitzer Revier eine gute Zukunft haben und die Region wird bundes- und europaweit Menschen anziehen«, so Minister Schmidt weiter. Mit der Carbon LabFactory Sachsen wird am Kraftwerksstandort Boxberg/O.L. das weltweit dritte Pilotlinien-Forschungszentrum für Kohlenstofffasern entstehen. Sie ist im Lausitzer Revier ein Leuchtturmprojekt für die Bewältigung des Braunkohleausstiegs und wird gemeinsam durch Bund und Freistaat mit 62,3 Millionen Euro über die Strukturentwicklung gefördert.
Am Wochenende fliegt die Delegation weiter nach Perth an die australische Südwestküste. Dort ist ein Gespräch mit Unternehmensvertretern von Altech Batteries Ltd. geplant, das in Subiaco/Perth seinen Hauptsitz hat. Altech plant auf dem sächsischen Teil des Industriestandortes Schwarze Pumpe eine Fertigungsanlage für Batteriezellen zu errichten. Im September 2022 unterzeichnete Altech ein Joint-Venture mit dem Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) mit Sitz in Dresden.
Beide Projekte, die Carbon LabFactory Sachsen in Boxberg/O.L. und die Pläne von Altech in Schwarze Pumpe, werden die Strukturentwicklung im Lausitzer Revier entscheidend voranbringen und positiv beeinflussen.
Den Auftakt der Reise bildete am Mittwoch (22. Mai) ein Gespräch mit der Deutsch-Australischen Industrie- und Handelskammer sowie Vertretern der Australian Industry Group zur australischen Energie- und Industriepolitik.
Der morgige Donnerstag (23. Mai) beginnt mit einem Gespräch mit Gayle Tierney, Ministerin für regionale Entwicklung vom Department of Jobs, Skills, Industry and Regions (DJSIR) des Bundesstaates Victoria. Beide Minister wollen sich zu ihren Ansätzen und politischen Zielen im Bereich Regionalentwicklung und Strukturwandel austauschen. Es folgt ein Besuch bei der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO), der australischen Behörde für wissenschaftliche und industrielle Forschung. Hierbei soll der Gesprächsschwerpunkt auf Energiethemen liegen. Anschließend steht ein Besuch des Latrobe Valleys auf dem Programm – mit Stationen bei der Yallourn Power Station von Energy Australia, einem noch bis 2028 aktiven Braunkohletagebau und dem Morwell Innovation Centre. Die Delegation trifft dort auf einen Vertreter der Geotechnischen und Hydrogeologischen Ingenieur- und Forschungsgruppe (GHERG) an der Federation University. Die einheimischen und internationalen Experten arbeiten eng mit der Regierung von Victoria und Bergbaupartnern zusammen, um die Sanierung von Braunkohletagebauen im Latrobe Valley zu begleiten. Wie der Strukturwandel und die Transformation in Braunkohlegebieten gelingen können, wird auch hier das zentrale Gesprächsthema sein. Am Abend nimmt Staatsminister Schmidt an einem Europatag teil, der von der Investitionsagentur Victoria organisiert wird.
Die Reise endet am nächsten Montag (27. Mai) mit einem Vernetzungstreffen im Arbeits- und Wissenschaftsministerium des Bundesstaates Western Australia (Department of Jobs, Tourism, Science and Innovation). An dem Austausch nehmen neben dem Wissenschaftsminister von Western Australia, Stephen Dawson, auch die deutsche Botschafterin sowie weitere Vertreter aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen teil. Bei dem Gespräch soll es unter anderem um die Darstellung der bisherigen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern aus dem Freistaat Sachsen und Australien sowie um die Identifikation von zukünftigen Themen im Bereich der Energieforschung gehen.
Hintergrund:
Im sächsischen Boxberg/O.L. sollen mit Hilfe von Forschungs- und Pilotlinien neue Wege für die Leichtbaustrukturen und -produkte der Zukunft sowie deren nachgeschaltete Prozesse erforscht und in flankierenden Kooperationen mit Unternehmensgründungen, Start-ups und neuen Niederlassungen am Standort zur Marktreife entwickelt werden. Durch Einbeziehung von erneuerbaren Energien und eines nachhaltigen Energiemanagements ist im partnerschaftlichen Schulterschluss mit dem Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) im Nachbarbundesland Brandenburg geplant, die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohstoffgewinnung und Aufbereitung über Werkstoffe und Verfahren bis zu Strukturen und Systemen treibhausgasneutral zu gestalten und in eine industrielle Fertigung zu überführen. Zur Etablierung des Forschungsstandortes als Außenstelle der Technischen Universität Chemnitz in Boxberg, der Carbon LabFactory Sachsen, sind insgesamt investive Kosten von rund 62,3 Millionen Euro veranschlagt. Sie werden über das Investitionsgesetz Kohleregionen (InvKG) gefördert. Die konsumtiven Mittel in Höhe von 5,87 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm STARK für den Aufbau des Projektes ergänzen diese Förderung.
In die Kooperation mit der australischen Forschungseinrichtung Carbon Nexus bringt das sächsische Institut für Leichtbaukonstruktionen mit dem Lehrstuhl für Leichtbau und Kunststofftechnik der Technischen Universität Chemnitz Expertise in die Zusammenarbeit ein und ergänzt die Forschungsarbeiten von Carbon Nexus um alle nachgelagerten Prozessschritte bis zum Bauteil. Carbon Nexus wiederum bringt sein umfangreiches Know-how bei der Carbonisierung von sogenannten Precursoren, der Einstellung von Carbonfaser-Eigenschaften und der spezifischen Materialanalyse in die Kooperation ein. Darüber hinaus werden bei dieser Kooperation gradierte Leichtbaustrukturen aus Carbonfasern mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit und Lebensdauer solcher gradierten Strukturen untersucht. Damit ergänzen sich beide Forschungsinstitute hervorragend.