Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow: »Mit KI-Projekt GAIn wollen wir Sachsen und Bayern eine internationale Führungsrolle für zentrale Computing-Technologien verschaffen«
06.08.2024, 08:30 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Freistaaten Sachsen und Bayern unterstützen länderübergreifendes Pilotprojekt namhafter Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz mit 6 Millionen Euro
Bei allem rasanten Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz wurden in den letzten Jahren weltweit immer mehr ernsthafte Probleme mit Computing, also IT-Infrastrukturen und vernetzten Systemen, bekannt. Sie können die Weiterentwicklung von KI und darauf basierender Zukunftstechnologien, insbesondere Kommunikation, Medizin und Robotik, stark einschränken oder im Fall eines Problems in der Energieversorgung der Systeme zum Erliegen bringen. KI-Anwendungen benötigen enorme Mengen an Energie.
Namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden, der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Technischen Universität München werden dieses Thema nun gemeinsam angehen. Das Pilotprojekt GAIn (Next Generation Al Computing) will mit der Entwicklung neuartiger KI-Hardware und entsprechenden Software-Konzepten Probleme in den Bereichen Energieverbrauch, Berechenbarkeit, Zuverlässigkeit und rechtlicher Umsetzung lösen, indem bei Kl-basierten Anwendungen der Energieverbrauch signifikant reduziert wird, Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit erreicht werden sowie KI-Technologien die gesetzlichen Anforderungen erfüllen können.
Die Freistaaten Sachsen und Bayern stellen für die länderübergreifende wissenschaftliche Kooperation im Pilotprojekt GAIn bis zum Jahr 2027 sechs Millionen Euro zur Verfügung. Für die TU Dresden sind in den Jahren 2024 bis 2027 drei Millionen Euro für das Projekt vorgesehen; die erste Zuweisung über etwa 500.000 Euro ist über das sächsische Wissenschaftsministerium bereits erfolgt.
Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow:
»Mit dem Forschungsprojekt GAIn wollen wir Sachsen und Bayern eine internationale Führungsrolle für zentrale Computing-Technologien verschaffen und so auch einen Beitrag zu Deutschlands technologischer Souveränität leisten. Sachsen hat eine beeindruckende Expertise im Bereich visionärer Hardware, Kommunikation und Robotik aufgebaut und ist durch die Ansiedlung großer Chip-Fabriken und innovativer Start-ups europaweit führend in der Mikroelektronik. Die Kooperation zwischen Sachsen und Bayern verspricht, die in beiden Ländern vorhandenen herausragenden Forschungs- und Innovationskompetenzen zu verknüpfen und gemeinsam an völlig neuartiger KI-Hardware und entsprechenden Software-Konzepten zu arbeiten. Ich freue mich sehr, dass wir dieses herausragende Projekt in Sachsen mit drei Millionen Euro unterstützen können.«
Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume:
»Gemeinsam bauen wir am Weg in ein neues Zeitalter: Wo heute noch Grenzen sind, erweitern Bayern und Sachsen den Horizont in der KI-Forschung. Mit stetig wachsenden Anforderungen in Medizin, Robotik und Kommunikation muss auch unser technologischer Fortschritt an Größe gewinnen. Energieeffiziente Hardware und wegweisende Software-Konzepte sind dafür unser Schlüssel. Auch wenn wir uns heute noch nicht vorstellen können, was irgendwann einmal möglich sein wird, müssen wir schon jetzt ein Fundament schaffen, auf das wir auch in Zukunft aufbauen können. Unsere beiden Münchner Exzellenz-Universitäten und die TU Dresden stellen dafür ein exzellentes Team – das fördern wir in den kommenden drei Jahren in Bayern gerne mit drei Millionen Euro. So nutzen wir den einmaligen Schub der 5,5 Milliarden Euro schweren Hightech Agenda und der neuen KI-Offensive Bayern, um weitere internationale Impulse zu setzen und Deutschlands strategische Position auf diesem entscheidenden Zukunftsfeld nachhaltig zu stärken.«
Von sächsischer Seite beteiligen sich an GAIn Prof. Frank Fitzek, Inhaber der Deutsche Telekom Professur für Kommunikationsnetze und Sprecher des Exzellenzclusters Centre for Tactile Internet with Human-in-the-Loop (CeTI), und Stefanie Speidel, Professorin für Translationale Chirurgische Onkologie am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) und CeTI-Sprecherin (beide TU Dresden). Von bayerischer Seite sind Prof. Holger Boche (TUM) und Prof.in Gitta Kutyniok (LMU) an dem Vorhaben beteiligt.
Prof.in Ursula Staudinger, Rektorin der TUD:
»Das Projekt GAIn baut auf der weltweit anerkannten Expertise der Exzellenzuniversität TUD im Bereich der Wechselwirkung zwischen Hardware und KI-Anwendungen auf, knüpft an das Exzellenzcluster CeTI an und verstärkt unsere existierenden Kooperationen mit dem Exzellenzverbund der Münchner Universitäten.«
Prof. Frank Fitzek (TUD):
»Das GAIn-Projekt bietet aus meiner Sicht eine große Chance, KI-gesteuerte Kommunikationsnetze maßgeblich zu gestalten. Mit unserer Forschung und Expertise im Bereich zukünftiger Kommunikationsnetze können wir aktiv dazu beitragen, die Herausforderungen im Bereich Energieverbrauch, Rechenleistung und Zuverlässigkeit von KI-Systemen zu lösen, um gleichzeitig auch gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Die länderübergreifende Kooperation zwischen Sachsen und Bayern stärkt nicht nur die technologische Souveränität Deutschlands, sondern wird ebenso für den Excellenzantrag CeTI wichtig sein.«
Prof.in Stefanie Speidel (TUD):
»Die Entwicklung neuer KI-Hardware und Software-Konzepte im Rahmen des GAIn-Projekts ist für mich von großer Bedeutung, um weitere Fortschritte in der medizintechnischen KI- und Robotik-Forschung zu ermöglichen. Durch die Reduktion des Energieverbrauchs und die Erhöhung der Stabilität von KI-Systemen können wir sicherstellen, dass Assistenzsysteme in der Chirurgie noch präziser und effizienter arbeiten. Diese Fortschritte bedeuten, dass chirurgische Eingriffe sicherer und zielgerichteter durchgeführt werden können, was letztlich den Patientinnen und Patienten zugutekommt.«
Hintergrund:
Langfristig stehen KI-Anwendungen vor Herausforderungen in den Bereichen Energieverbrauch, Berechenbarkeit, Zuverlässigkeit und der Umsetzung rechtlicher Anforderungen (wie dem EU AI und EU Data Act). Diese können nach Einschätzung namhafter Wissenschaftler der TU Dresden, der LMU München sowie der TU München mit der derzeitigen KI-Hardware (CPU/GPU-Cluster) nicht mehr vollständig bewältigt werden. Nach dem aktuellen Stand der Technik werden weltweit für Computing fast ausschließlich sogenannte Central Processing Units (CPUs) und für KI-Anwendungen Graphics Processing Units (GPUs) als Hardware-Plattformen verwendet. Anwendungen im Bereich der KI benötigen – ebenso wie die Berechnung virtueller Welten – massives Computing; die Robotik wie auch Kommunikationstechnologien basieren auf verteiltem Computing. Insbesondere gibt es weltweit keine Rechenzentren im Gigawattbereich – und es gibt bislang auch international keine Erfahrungen hinsichtlich der Energiebereitstellung für derartige großdimensionierte Infrastrukturen.
Die Lösung der Energieproblematik beim Computing über CPUs/GPUs ist damit eine der wichtigsten Herausforderungen auf dem weiteren Weg des exponentiellen Wachstums im Bereich der KI-Anwendungen. Weitere Herausforderungen, die mit dem Computing über CPUs/GPUs als Hardware-Plattformen verbunden werden, sind:
- Berechenbarkeit: KI-Lösungen sind auf diesen Hardware-Plattformen bei vielen Problemstellungen nicht berechenbar.
- Zuverlässigkeit von KI: KI-Anwendungen sind derzeit in vielfältiger Hinsicht noch nicht zuverlässig, wie unter anderem die unerwartet langsame Weiterentwicklung des autonomen Fahrens trotz massiver Investitionen großer und namhafter Unternehmen zeigt. Die bislang verwendete Hardware (CPUs/GPUs) hat sich durch wissenschaftliche Untersuchungen als ein ursächliches Problem herausgestellt.
- Rechtliche Probleme: Auf derzeitigen Hardware-Plattformen trainierte KI-Anwendungen können bei diversen kritischen Problemklassen die rechtlich verlangte »Algorithmische Transparenz« und das »Recht auf Erklärung« nicht erfüllen.