»Denkmalpflege im gesellschaftlichen Wandel – Das Vermächtnis des Sächsischen Landeskonservators Hans Nadler (1. Juli 1910 – 8. Oktober 2005)«
08.10.2025, 16:00 Uhr — 1. Korrektur (aktuell)
Heute, am 8. Oktober 2025, jährt sich Hans Nadlers Todestag zum 20. Mal. Als Sächsischer Landeskonservator von 1949 bis 1982 prägte er die Denkmalpflege in Sachsen wie kaum ein zweiter. Aus diesem Anlass erinnerten das Landesamt für Denkmalpflege und die Sächsische Akademie der Künste im Ständehaus gemeinsam an den Architekten, Bauhistoriker und Denkmalpfleger. Wegbegleiter, Denkmalpfleger und Kulturwissenschaftler, insges. rund 150 Gäste nahmen teil.
Alf Furkert, heute Sächsischer Landeskonservator, würdigte Nadlers Verdienst für die sächsische Denkmalpflege, darunter die technischen Denkmale in Sachsen. 1955 initiierte Nadler die Wanderausstellung »Technische Kulturdenkmale«, die viele Bürger motivierte, sich für deren Erhalt einzusetzen. Seit 1975 sind dank dieses Engagements zahlreiche technische und Industriedenkmale erhalten geblieben, die schließlich u. a. zum UNESCO-Welterbe Erzgebirge/Krušnohoří führten. Nadler betonte, so Furkert, die Bedeutung der Denkmalpflege in der Gesellschaft. »Weiß die Gesellschaft um die Bedeutung ihrer Kulturdenkmale, ist die Bereitschaft größer, sich für Denkmale zu engagieren.« Nadler schätzte sowohl das zu erhaltende Original als auch die freiwilligen Helfer, die die Monumente schützten.
Wolfgang Holler, Präsident der Sächsischen Akademie der Künste, bewunderte Nadlers »Mischung aus Kompetenz, Durchhaltewillen und Überzeugungskraft.« Besonders beeindruckte ihn Nadlers »unerschütterlicher Glaube an die gute Sache und sein Mut, gepaart mit Gewitztheit, die ihm half, Anfeindungen zu überwinden.«
Sebastian Rick, Bürgermeister von Gröden, Nadlers Geburtsort, stellte Auszüge aus der 2023 im Sandstein Verlag Dresden erschienenen Biografie Nadlers vor. Nicht nur prominente Bauwerke wie die Dresdner Frauenkirche und die Semperoper, sondern auch viele Denkmale in Sachsens Städten und Dörfern verdanken ihm ihr Weiterbestehen. Nach Kriegsende war die Erhaltung der Denkmale keine Selbstverständlichkeit. Nadlers Amt als Landesdenkmalpfleger war in eine Verwaltung eingebettet, die die SED als ideologisches Instrument nutzte. Als Nicht-Parteimitglied stand Nadler im Verdacht, gegen diese Interessen zu verstoßen. Rick hob auch Nadlers internationale Verbindungen hervor, etwa zu ICOMOS.
Nadlers dienstlicher Nachlass im Landesamt für Denkmalpflege umfasst sein gesamtes Berufsleben. Eine seiner größten Herausforderungen war 1947 die Überwachung der teils ruinösen Baulichkeiten, die unter das Denkmalschutzgesetz fielen, und die Sicherung von Kunstwerken der zum Abbruch gemäß Befehl 209 gelangenden Schloss- und Gutsanlagen im Lande Sachsen. Die Sicherung von Kunst- und Kulturgütern unter den extremen Nachkriegsbedingungen gehörte zu seinen schwierigsten Aufgaben. Transportfahrzeuge waren rar und Abstimmungen mit Bürgermeistern oder Museen mussten kurzfristig erfolgen. Die Sicherung bedeutete oft ein schmerzhaftes Auseinanderreißen von Überlieferungen und einen irreversiblen Verlust von Zusammenhängen, hob Silke Kosbab, Leiterin der Sammlungen im Landesamt für Denkmalpflege hervor.
Anschließend erinnerten seine Tochter Gisela Rudat, Wegbegleiterin Erika Eschebach und Fachkollege Thomas Noky an ihn. Nach einer Filmpräsentation zu Nadler, die Ernst Hirsch zusammengestellt hatte, diskutierte Thomas Will, Sächsische Akademie der Künste, mit Alf Furkert, Dresdens Baubürgermeister Stephan Kühn und Franziska Herborn von der TU Dresden über die Gültigkeit von Nadlers Errungenschaften in der Hochschulausbildung sowie für die gegenwärtige Denkmalpflege und Stadtplanung.
In der sich anschließenden Diskussion erinnerte die frühere Sächsische Landeskonservatorin Rosemarie Pohlack an die Redensart Nadlers »Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr« und verwies auf die fortgesetzten Bemühungen um die Aktivierung des Nachwuchses in der Denkmalpflege. Egal, wie schwierig die Rahmenbedingungen sind – Nadler hat es bewiesen - man habe es selbst in der Hand, das Erreichte positiv in die Jugend weiterzugeben.
Zu Hans Nadler
Geboren 1910 in Dresden, studierte er an der Technischen Hochschule in Dresden Architektur. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg begann er 1945 im Landesamt für Denkmalpflege in Dresden zu arbeiten. 1949 wurde er zum Sächsischen Landeskonservator berufen. Nach Bildung der Bezirke in der DDR war er von 1952 bis 1982 Chefkonservator der Dresdner Arbeitsstelle des Instituts für Denkmalpflege. Diplomatisch und auf denkmalfachlicher Grundlage pragmatisch füllte er über drei Jahrzehnte diese Funktion aus. Höchsten Respekt nötigt ab, wie er die Herausforderungen der DDR-Zeit meisterte. Trotz materieller und ideologischer Hürden fand er immer wieder Wege, um Kulturdenkmale zu retten, Mitstreiter zu gewinnen und zu begeistern. Sein Erfindungsreichtum und sein Humor halfen ihm, auch nach Rückschlägen als »zweiter Sieger« die Arbeit beharrlich fortzusetzen. Zusammen mit vielen Verbündeten setzte er sich dafür ein, dass das unverwechselbare Gesicht vieler Städte und Dörfer in Sachsen erhalten blieb oder wiederhergestellt werden konnte. Sein Motto lautete: »Was den Dresdnern der Zwinger, das bedeutet den Dippoldiswaldern ihre Postmeilensäule.« Viele Menschen ließen sich anstecken von seinem Enthusiasmus und engagierten sich ehrenamtlich in der Denkmalpflege. Dankbar durfte er erleben, dass die Bemühungen um die Erhaltung von Kriegsruinen nicht unnütz waren, etwa bei der Einweihung der wiederhergestellten Dresdner Semperoper 1985. Seine Leistungen wurden vielfach gewürdigt: 1978 mit dem Europa-Preis für Denkmalpflege, 1985 mit dem Karl-Friedrich-Schinkel-Ring des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz und 1993 mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. 1997 ehrte ihn der Freistaat Sachsen mit dem Verdienstorden. 2001 erhielt er die Ehrenmitgliedschaft in der Sächsischen Akademie der Künste. Muskau, Elsterwerda, Rodewisch, Görlitz, Dresden und Torgau verliehen ihm die Ehrenbürgerwürde.
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- Hans Nadler in seinem Dienstzimmer im Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 1995 (JPG; 3 MB)
- Abendsymposium zu Hans Nadler im Festsaal des Ständehauses am 1. Oktober 2025, Veranstaltung in Kooperation von Sächsischer Akademie der Künste und dem Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (JPG; 4 MB)
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