Ministerpräsident Milbradt überreicht Sächsischen Verdienstorden an acht Persönlichkeiten
26.11.2004, 10:36 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Am kommenden Montag, den 29. November, wird Ministerpräsident Georg Milbradt acht Bürger, die sich in herausragendem Maße in oder für Sachsen engagiert haben, mit dem Sächsischen Verdienstorden auszeichnen. Die Feierstunde findet ab 10 Uhr im Gobelinsaal der Gemäldegalerie Alte Meister (Semperflügel des Dresdner Zwinger) statt. Der Sächsische Verdienstorden ist die höchste Auszeichnung der Sächsischen Staatsregierung und wurde seit seiner Stiftung im Herbst 1996 bisher 108 mal überreicht. Nachfolgend sind die Ordenskandidaten sowie die wesentlichen Gründe der jeweiligen Ehrung aufgeführt:
Frau Ruth Zacharias, Radeberg
Frau Ruth Zacharias widmete sich seit ihrer Ausbildung zur Gemeindepädagogin in einer kirchlichen Einrichtung der Aufgabe, taubblinden Menschen zu helfen, ihr Schicksal zu meistern und ein menschenwürdiges Leben zu führen. Bereits als Kind erblindet, erfuhr Frau Zacharias selbst eine Reserviertheit ihrer Umwelt gegenüber Menschen mit Behinderungen. Diese Erfahrung setzte in ihr große Energien frei. Sie erweiterte ihre Ausbildung und war in der Lage, diesen Menschen nicht nur berufspraktisch sondern auch seelsorgerisch zu helfen. Aus Spendengeldern und nur einem geringem Betrag an öffentlichen Fördermitteln baute sie in Radeberg eine Villenruine zur Begegnungs- und Beratungsstätte „Storchennest“ mit einem angeschlossenem Blindenduftgarten aus. Das deutschlandweit einmalige Projekt findet große Beachtung. Angeschlossen wird ein Wohn- und Arbeitsprojekt für 22 Taubblinde, die in dem Gewächshaus, das integrierter Teil des Projektes ist, arbeiten werden. Ihrem unermüdlichen Einsatz ist es zu danken, dass der Taubblindendienst e. V. als Fachverband im Diakonischen Werk der EKD inzwischen einen festen Platz einnimmt.
Herr Prof. Dr. Heinrich Magirius, Radebeul
In seiner 45 Jahre währenden Tätigkeit als Denkmalpfleger hat Prof. Heinrich Magirius die Tradition der sächsischen Denkmalpflege trotz vieler materieller und vor allem ideologischer Schwierigkeiten in großer Treue und mit herausragenden Ergebnissen weitergeführt. Damit hat er geholfen, dem Land und den Menschen heutiger sowie künftiger Generationen das historische und kulturelle Gedächtnis zu bewahren. Baudenkmäler, die heute touristische Anziehungspunkte sind, konnten dank seiner Fürsorge vor dem Verfall oder Abriss gerettet werden. Vor dem Hintergrund einer Ideologie, in der bewahrenswerte Traditionen, vermittelbare Geschichte und der Erhalt von Denkmälern überwiegend erst mit der Geschichte der Arbeiterbewegung und ihrer Begründer begann, bedeutete es sehr viel persönlichen Mut, eine konträre Position einzunehmen. Darüber hinaus hat Prof. Magirius sich auch internationale Verdienste als Wissenschaftler, als Hochschullehrer und als Autor namhaftester Publikationen über sächsische Denkmalpflege und Denkmäler erworben.
Herr Dr. Adolf Merckle, Blaubeuren
Wer Arbeit hat, weiß, dass er gebraucht wird. Daraus erschließt sich Selbstwertgefühl sowie ein wichtiger Teil von Lebenssinn. Herr Adolf Merckle hat als engagierter Unternehmer aus der zusammengebrochenen Wirtschaft der DDR in Ostdeutschland insgesamt 1.400 Arbeitsplätze, davon 900 in Sachsen sowie jährlich in Sachsen 45 Ausbildungsplätze gesichert. Dies erfolgte durch den Erwerb der Betriebe VEM-Sachsenwerk GmbH Dresden, VEM motors Thurm GmbH Zwickau und der Keulahütte GmbH Krauschwitz. Seine Betriebe sind nicht die „verlängerte Werkbank“ westdeutscher Unternehmen sondern mit eigener Konstruktion und Entwicklung befasst, so dass sächsischem Erfindergeist freier Lauf gewährleistet ist. Als westdeutscher Unternehmer, der nicht abgewickelt sondern Arbeitsplätze geschaffen hat, trug Merckle so auch zum Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands bei.
Herr Dr. h. c. Hans Naumann, Wassenberg
Dr. Hans Naumann, gebürtiger Sachse und nach Sachsen zurückgekehrt, hat 750 Menschen im Chemnitzer Raum Arbeit gegeben, indem er 1992 erfolgreich die Privatisierung eines Maschinenbaubetriebes durchführte. Er gründete die NILES-SIMMONS Industrieanlagen GmbH in Chemnitz, ein Unternehmen mit eigener Konstruktions- und Entwicklungsarbeit. Dank seiner weltweiten wirtschaftlichen Verbindungen und einer innovativen, marktorientierten Produktpalette konnte Hans Naumann das Unternehmen schnell am Weltmarkt etablieren. Sein Engagement geht jedoch über das Unternehmerische hinaus. Vielmehr wirkt Dr. Naumann in Südwestsachsen in Unternehmensverbänden und im Innovationszentrum Bahntechnik Sachsen e. V. mit. Weiterhin verknüpft er universitäre Forschung mit der Industrie oder verleiht Stipendien. Damit trägt Hans Naumann zur Stärkung der Wirtschaftsregion Chemnitz und des Selbstwertgefühls der Menschen bei.
Herr Prof. Dr. Klaus Steinbock, Leipzig
Nach der Wende hat Prof. Dr. Steinbock als langjähriger Rektor die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig sowohl konzeptionell wie auch organisatorisch und baulich zu einer unverzichtbaren Einrichtung in der sächsischen Hochschullandschaft umgestaltet. Steinbock erweiterte das Spektrum der Fachbereiche und Studiengänge, zum Beispiel um Medientechnik und Medieninformatik sowie interdisziplinäre Studiengänge für Wirtschaftsingenieure. Er nahm Einfluss auf die bauliche Entwicklung, so dass eine Campushochschule mit modernsten Labors für die Naturwissenschaften und einer Hochschulbibliothek entstand. Die Erarbeitung eines Leitbildes für die Hochschule und deren Profilierung im nationalen und internationalen Raum über die Qualität des Studiums als auch über wissenschaftliche Beiträge, ist ebenfalls durch ihn angestoßen und verantwortet worden.
Herr Prof. Dr. Ing. E. h. mult. Folker Weißgerber, Wolfsburg
Als Mitglied der Führungsgremien der Marke Volkswagen und der Volkswagen AG sowie als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Volkswagen Sachsen GmbH zeichnet Prof. Dr. Folker Weißgerber verantwortlich für die Produktionsstandorte Chemnitz, Mosel, Zwickau und Dresden sowie für das Gemeinschaftsunternehmen mit Siemens in Stollberg und die mit diesen Standorten verbundenen Arbeitsplätze. Zudem geht auf Weißgerber auch die Gläserne Manufaktur in Dresden zurück, die nicht nur auf einem völlig neuen Markenkonzept basiert, sondern darüber hinaus ein sowohl architektonischer wie auch touristischer Anziehungspunkt ist. Prof. Dr. Folker Weißgerber hat somit entscheidenden Anteil daran, dass Sachsen wieder an die alten Glanzzeiten seines Automobilbaus anknüpfen konnte. Weißgerbers Wirken beschränkt sich jedoch nicht nur auf Volkswagen. Er knüpft die Verbindung zwischen Forschung und Industrie z. B. durch seinen Vorsitz im Kuratorium des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen- und Umformtechnik. Seine Erfahrungen aus dem Automobilbau vermittelt er zudem als Honorarprofessor für „Fertigungsstrategien im Automobilbau“ den Studenten der TU Chemnitz.
Herr Dr. h.c. Harald Eggers, München
Als Geschäftsführer der damaligen Siemens Microelectronic Center Technologies, heute Infineon, zeichnete Harald Eggers verantwortlich für den raschen Aufbau des Halbleiterwerkes Dresden. Damit wurde der Grundstein für die Entwicklung Dresdens zum High-Tech- und Mikroelektronik-Standort gelegt. Für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Sachsens war dies neben dem Automobilbau der zweite wichtige Motor von nicht hoch genug zu schätzender Bedeutung. Mit außergewöhnlichem Engagement setzt sich Eggers vor allem durch Aufträge an sächsische Hochschulen für die Forschung in Sachsen ein. Die Einrichtung des Stiftungslehrstuhls für Physik an der Technischen Universität Dresden geht auf seine Initiative zurück. Des gleichen erfreuen sich Berufsschulen und Gymnasien dank seiner Spende einer modernen Ausstattung mit Computer-Lehrmitteln. Das Schülerrechenzentrum in Dresden hätte ohne diese großzügige Hilfe nicht eingerichtet werden können.
Herr Michael Müller, Coswig
Ergriffen von der Not rumänischer Waisenkinder, begeisterte Michael Müller den ökumenischen Arbeitskreis für Gerechtigkeit, Umwelt und Frieden in Coswig, Hilfen für die Kinder zu organisieren. Bereits im Juni 1990 kam es zum ersten Hilfstransport für zwei Kinderheime. 1991 gründete Müller den Verein „Partnerschaften mit Osteuropa e. V.“ über den er die Unterstützung auf Krankenhäuser und ein Altenheim ausdehnte. Dies erfolgte in einer Zeit, als viele Menschen noch sozial, wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich in einer Umbruchphase standen, die alle Kraft erforderte. Die Menschen zu sozialem Engagement zu begeistern, bedurfte großer Überzeugungskraft. Durch Müllers Hilfe und Engagement wurde nicht nur Bausubstanz und Einrichtungen saniert, erneuert oder ergänzt. Spenden in Form von Medikamenten und Medizingeräten behoben des weiteren manche Notsituation, retten Menschenleben oder brachten schnelle Genesung. Durch sein unermüdliches Handeln für Menschen in bitterster Not, das seiner christlichen Grundhaltung verpflichtet ist, hat Michael Müller in Rumänien tätige Mitmenschlichkeit geübt und Sachsen zu Ansehen verholfen.