Ministerpräsident Milbradt übergibt Sächsische Verdienstorden an 14 Persönlichkeiten
23.06.2003, 14:30 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Am kommenden Montag, den 23. Juni, wird Ministerpräsident Georg Milbradt 14 Bürger, die sich in überdurchschnittlichem Maße in oder für Sachsen engagiert haben, mit dem Sächsischen Verdienstorden auszeichnen. Die Feierstunde findet ab 16 Uhr im Gobelinsaal der Gemäldegalerie Alte Meister (Semperflügel des Dresdner Zwinger) statt. Der Sächsische Verdienstorden ist die höchste sächsische Auszeichnung und wurde seit seiner Stiftung im Herbst 1996 bisher 90 mal überreicht. Nachfolgend sind die Ordenskandidaten sowie die wesentlichen Gründe der jeweiligen Ehrung aufgeführt:
Frau Ursula Hartmann
Frau Hartmann ist es nach der Wende durch harte Arbeit, durch Weitblick und bewusste Inkaufnahme des unternehmerischen Risikos gelungen, den notwendigen strukturellen Wandel in ihrem Familienunternehmen zu vollziehen, um unter marktwirtschaftlichen Bedingungen bestehen zu können. Durch die Umstellung der Produktion von der reinen Blechverarbeitung auf Präzisionsteile für Sondermaschinen schaffte sie den Sprung in die Zulieferbranche für die Automobilindustrie. Mit der Zertifizierung des Unternehmens im Jahr 1998 wurde die Qualitäts- und Präzisionsarbeit anerkannt. Dank ihres überdurchschnittlich großen Engagements, Ihrer Zielstrebigkeit und Ihres Innovationspotenzials hat sie sich gegen etablierte Konkurrenz durchgesetzt. Trotz ihrer hohen Arbeitsbelastung ist Frau Hartmann auch ehrenamtlich tätig. Sie engagiert sich unter anderem sehr aktiv im Vorstand des Vereins von Unternehmerfrauen im Handwerk.
Herr Wolfgang Wübbens
Großes bürgerschaftliches Engagement für den Erhalt der Kirche St. Nicolai, des Jahrhunderte alten Mittelpunktes der Stadt Pulsnitz, markiert den Verdienst von Herrn Wolfgang Wübbens. Gerade im ländlichen Raum sind Kirchen auch heute noch Mitte und Ausgangspunkt geistlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens. Kirchenbauten sind das sichtbare Symbol, gebauter Ausdruck des gemeindlichen Geschehens und Lebens. Durch die Gründung der "Margarethe Wübbens, geborene von Helldorff-Stiftung" im Jahr 1994 hat Herr Wübbens das Engagement seiner Frau in ihrer alten Heimat in besonderer Weise fortgesetzt. 1945 hatte die Familie von Helldorff, der seine Gattin entstammte, ihren Besitz in Pulsnitz, Rammenau und Nebra durch Enteignung verloren. Dennoch setzte sich Margarethe Wübbens in alter Verbundenheit nach der Wende 1989 für das Wohl der Kirchengemeinde in Pulsnitz ein. Über die im Gedenken an seine Frau gegründete Stiftung stellte Wolfgang Wübbens in den Jahren 1995 bis 1998 über eine halbe Million Euro für die Restaurierung und Sanierung der St. Nicolai Kirche in Pulsnitz bereit. Sein Engagement ist ein Beispiel privaten Mäzenatentums zur Erhaltung von Baudenkmälern.
Herr Prof. Dr. Werner von Wyszecki
Unmittelbar nach der Wende hat sich Professor von Wyszecki als der letzte noch lebende Schüler von Heinrich von Tessenow, dem Schöpfer der Architektur des Festspielhauses Hellerau, mit großem persönlichen Einsatz um die Rettung dieses einmaligen Architekturerbes bemüht. Das gemeinsame Wissen um den Architekten Tessenow brachten er und seine Mitstreiter in die denkmalpflegerische Sanierung ein. Bei den Bau- und Architekturwettbewerben der Wüstenrot-Stiftung für die Gesamtplanung des Festspielhausgeländes hat Werner von Wyszecki als Beirat und Mitglied verschiedener Jurys eine prägende Rolle gespielt. Zusammen mit dem Vorstand des Deutschen Werkbundes hat von Wyszecki im Jahr 2000 den Grundstein für ein Heinrich-Tessenow-Institut gelegt. Dieses widmet sich der fachlichen Weiterbildung junger Architekten und fühlt sich dem ästhetischen Erbe Tessenows verpflichtet. Außerdem konnte zur Belebung des Gesamtkomplexes Festspielhaus Hellerau in Zusammenarbeit mit der Kulturstiftung Sachsen der Sächsische Werkbund in Hellerau angesiedelt werden.
Herr Prof. Dr. Dr. h.c. Cotta
Professor Cotta gehört zu den angesehensten Ordinarien für Orthopädie in Deutschland. Bereits zu DDR-Zeiten hat er als Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg Kontakte zur Orthopädie an der Medizinischen Akademie Dresden aufgenommen. Dabei pflegte er auch die Wurzeln seiner berühmten Dresdner Familie Cotta. Professor Cotta hat sich in einem nicht ungefährlichen Einsatz für den Austausch wissenschaftlicher Ideen und Erfahrungen über die Grenzen in Deutschland hinweg eingesetzt. Um den kontrollierten Postweg zu umgehen, wurden wissenschaftliche Arbeiten in Budapest ausgetauscht. Unmittelbar nach der Grenzöffnung reiste er sofort nach Dresden, um den bestehenden Kontakt für eine zielgerichtete Hilfe und Unterstützung in Form von Fachliteratur und Ausbildungsförderung sowie kostenfreien Hospitationen zu nutzen. Um darüber hinaus einen ständigen wissenschaftlichen und klinischen Gedanken- und Erfahrungsaustausch zu ermöglichen, initiierte er Symposien und Workshops. Diese kamen insbesondere mittelbar auch den Patienten zu Gute.
Herr Dr. Frank Niethammer
Mit dem Namen Niethammer ist die Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der strukturschwachen Region Kriebstein verbunden. Er trat als Bieter bei der Reprivatisierung der Papierfabrik Kriebstein auf, die sich bis 1945 im Besitz seiner Familie befand, und erhielt den Zuschlag. Aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit musste die Belegschaft zurückgeführt werden. Durch die Ausgliederung von Teilbereichen konnten Drittfirmen ansässig werden, die einen Teil der Belegschaft weiter beschäftigten. Nach der erfolgreichen Umstrukturierung und Neuetablierung am Markt gehört das Unternehmen mit rund 220 Arbeits- und 12 Ausbildungsplätzen zu den größten Arbeitgebern der Region. Ohne Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen erhalten zu haben, wurden aufwändige Investitionen vorgenommen. Damit ist Herr Dr. Niethammer in einer für den Papiermarkt schwierigen Zeit ein sehr hohes eigenes Risiko eingegangen. Darüber hinaus ist Dr. Niethammer ehrenamtlich in branchenspezifischen Vereinigungen tätig, Ehrenpräsident der IHK Frankfurt am Main und war als Mitglied in die "Unabhängige Kommission Zuwanderung" des Bundesinnenministeriums berufen worden.
Herr Reinhart Wege
Herr Reinhart Wege erhält den Verdienstorden des Freistaates Sachsen für seine herausragenden Verdienste für die sächsische Landwirtschaft. Wege stand als Prokurist der CMA, Centrale Marketing Gesellschaft für Agrarprodukte, den ostdeutschen Bundesländern und insbesondere dem Freistaat Sachsen von Beginn an mit Rat und Tat zur Seite. Auf unkomplizierte und kollegiale Art hat er gemeinsam mit dem sächsischen Landwirtschaftsministerium zahlreiche Maßnahmen der Absatzförderung für sächsische Produkte unterstützt und begleitet. Ihm verdankt die Landwirtschaft zahlreiche und wertvolle Hinweise für die strategische Ausrichtung des sächsischen Gemeinschaftsmarketing. Dass das CMA-Gütezeichen als Grundlage für das sächsische Qualitäts- und Herkunftszeichen für Agrarprodukte "Spezialitäten aus Sachsen" genutzt werden und somit das sächsische Zeichen auf einem gut funktionierenden Kontrollsystem aufbauen konnte, hat er ebenso vermittelt wie das Qualitätsprogramm "Sachsens Ährenwort", das als erstes Verbundprojekt dieser Art im Getreidebereich das CMA-Prüfsiegel erhalten konnte.
Herr Dr. Christian Rocktaeschel
Seit 1992 ist Dr. Rocktaeschel für die Fluorchemie Dohna GmbH als Geschäftsführer tätig. Das seit 1903 bestehende Werk stand 1992 vor erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Zu diesem Zeitpunkt wurde er um Unterstützung bei der Problemlösung gebeten. Als gebürtiger Dresdner sah er sich verpflichtet, die damaligen 50 Arbeitsplätze zu erhalten. Herrn Dr. Rocktaeschel ist es gelungen, den Bestand des Werkes zu sichern und das Unternehmen am Markt zu etablieren. Dank seiner früheren Geschäftsbeziehungen gelang ihm der Abschluss langfristiger Lieferverträge mit namhaften internationalen Firmen der Chemieindustrie. Die ursprünglich 50 Arbeitsplätze konnten auf 70 zuzüglich 5 Ausbildungsplätze erhöht werden. Das Werk ist kurz nach Inbetriebnahme der modernsten elektronischen Betriebssteuerung in Sachsen durch die verheerende Flutkatastrophe im August 2002 sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Eine von ihm veranlasste vorausschauende Risikoabsicherung vermied während des Produktionsausfalls Kurzarbeit oder Entlassungen. Sein schnelles Reagieren führte zur Produktionsverlagerung in andere Betriebe, sodass die Lieferverträge eingehalten werden konnten.
Herr Prof. Jürgen Hering
Professor Hering erhält den Orden in Anerkennung seiner herausragenden Verdienste um die Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek. Kern seines erfolgreichen Schaffens war die Errichtung des zentralen Bibliotheksgebäudes in Dresden. Es musste den modernsten Erfordernissen der Unterbringung und Präsentation der Bestände, der Nutzung sowie der Information und Kommunikation genügen. Zugleich ging es darum, die sehr umfangreichen, an 35 Standorten dezentral aufgestellten Bestände zusammenzuführen. Professor Hering hat das Baugeschehen in allen Bereichen mit außerordentlich hoher Einsatzbereitschaft und hohem fachlichen Niveau begleitet. Gleichzeitig gelang die vollständige Integration der bis 1995 eigenständigen Sächsischen Landesbibliothek und der Universitätsbibliothek.. Entgegen aller im Vorfeld geführten Diskussionen hat sich dieses in Deutschland neuartige Integrationsmodell bewährt. Dies ist auch seiner persönlichen Autorität zu verdanken.
Herr Dr. Jan Boetius
In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Krankenversicherungs AG (DKV) hat Dr. Boetius das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden mit einem Betrag in Höhe von fünf Millionen DM unterstützt. Die DKV ist der Hauptsponsor des Deutschen Hygiene-Museums. Sein Engagement ermöglichte dem Museum eine Steigerung der Qualität der Museumsarbeit im Hinblick auf beachtete Sonderausstellungen, Fachtagungen, die Verleihung eines Medienpreises sowie Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen. Die durch das Sponsoring mögliche ambitionierte Museumsarbeit wurde Deutschland weit wahrgenommen und somit auch zu einem Markenzeichen der Landeshauptstadt Dresden. Statistisch sichtbar werden die Erfolge unter anderem an dem seit 1997 zu verzeichnenden Besucheranstieg. Um den Bestand des Deutschen Hygiene-Museums zu sichern, ist vom Land und der Stadt Dresden im Jahre 1999 eine Stiftungslösung auf den Weg gebracht worden. Zu ihrer Realisierung fehlten jedoch die notwendigen Mittel. Herr Boetius sicherte diese zu und ermöglichten somit die Gründung der Stiftung.
Herr Siegfried Hanisch
Herrn Hanischs verdienstvolles Wirken ist bestimmt durch sein großes Engagement, gehörlose Menschen in die Gesellschaft zu integrieren und dieses Bemühen durch Kommunikation zwischen gesunden und behinderten Menschen im Sinne von "unbehindert miteinander leben" auszubauen. Seit über 45 Jahren ist er in Görlitz ehrenamtlich als Mitglied des Behindertenverbandes, Vorsitzender des Gehörlosenverbandes und als Lehrer für die Gebärdensprache tätig. Herr Hanisch gehört über die Stadtgrenzen hinaus zu den herausragenden Akteuren in der Behindertenarbeit. In dem 1996 eröffneten Begegnungs- und Kommunikationszentrum in Görlitz steht er nicht nur für praktische Dinge wie Dolmetscherleistungen oder Beschaffung von technischem Gerät sondern den Menschen auch beratend und ermutigend zur Seite. Hanisch bahnte zudem grenzüberschreitende Kontakte nach Tschechien, Polen und in die Ukraine an. Um gehörlosen und gesunden Menschen ganz konkret die Kommunikation miteinander zu erleichtern, unterrichtet er an der Volkshochschule in Görlitz und an der Fachhochschule Zittau/Görlitz in der Gebärdensprache.
Herr Prof. Dr. Helmut Köser
Professor Helmut Köser erhält den Verdienstorden für seine großen Verdienste um die deutsch-tschechische Verständigung. Er ist Initiator und Stifter der Brücke/Most Stiftung mit dem Stiftungszweck eines Zentrums für deutsch-tschechische Begegnungen. Die Gründung der Stiftung im Jahr 1997 fiel in eine Zeit, als die Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien durch die Auseinandersetzungen über die Formulierungen der Gemeinsamen Erklärung geprägt und damit zusätzlich belastet waren. Köser hat einen beträchtlichen Teil seines Familienvermögens zur Verfügung gestellt und zu keiner Zeit die Beteiligung des Staates zur Voraussetzung seines persönlichen Engagements gemacht. Konkret sind hier das Studienhaus und weitere Gebäude in Dresden-Blasewitz zu nennen, die er aus privaten Mitteln zur Verfügung gestellt hat, zu nennen. Die Stiftung ist auch ein Institut zur Begleitung der Beitrittspartnerschaft zwischen der EU und unserem Nachbarland durch eigene, von Sachsen ausgehende Initiativen.
Herr Werner Adloff
Als Präsident der Leipziger Niederlassung der Deutschen Telekom AG hat Herr Adloff in beispielhafter Weise den Auf- und Ausbau der Infrastruktur im Telekommunikations-bereich im gesamten Freistaat seit 1990 maßgeblich befördert. Damit entstand eines der modernsten Telekommunikationsnetze in der Welt, was nicht nur zur schnellen Verdreifachung der Festnetzanschlüsse in Sachsen sondern auch zu weiteren neuartigen und leistungsfähigen IuK-Technologien in unterschiedlichen Anwendungsbereichen führte. Der von Herrn Adloff beförderte und verantwortete rasche Aufbau der äußerst leistungsfähigen Infrastruktur war eine der wesentlichen Voraussetzungen für die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen durch die Ansiedlung moderner, zukunftsfähiger Industrien. Herr Adloff unterstützte zudem die Gründung und die Arbeit der Fachhochschule Leipzig der Deutschen Telekom AG.
Herr Prof. Dr. Reinhard Erfurth
Professor Reinhard Erfurth hat sich seitder ersten Stunde des wiedervereinigten Deutschlands mit großem Engagement für den Berufsstand der Ingenieure eingebracht. Mit seinem Namen und seiner Kompetenz verbindet sich die Entstehung der Ingenieurkammer Sachsen Als Präsident hat Professor Erfurth diese Kammer über acht Jahre repräsentiert und in der Bundesingenieurkammer mit viel Einsatz vertreten. Seit jeher setzte er sich über seine berufliche und ehrenamtliche Tätigkeit für den Ingenieurnachwuchs und dessen Ausbildung in Sachsen ein. Im Jahr 2000 wurde er auf Grund hoher fachlicher Qualifikation zum Professor für Industriebau und Baumanagement an die Technische Universität Chemnitz berufen. Als Honorarprofessor gelingt es Ihm, den Studenten das erforderliche komplexe Denken, Planen sowie Leiten und Vernetzen vieler Spezialgebiete nahe zu bringen.
Pfarrer Arnold Liebers
Dass sich der ländliche Raum nach der Wiedervereinigung trotz seiner tief greifenden Probleme zu einem lebenswerten Bereich entwickelt hat, ist maßgeblich das Verdienst von Pfarrer Liebers. Er hat zehn Jahre als Erster Vorsitzender das Sächsische Landeskuratorium Ländlicher Raum e.V. geleitet, die tief greifenden Umstrukturierungsprozesse mit gestaltet und diese trotz einer sehr problematischen Ausgangslage zu einem sehr guten Ergebnis gebracht. Pfarrer Liebers stülpte dem ländlichen Raum keine Konzepte über, sondern gab Denkanstöße, aus denen sich prozesshaft die Konzepte entwickelten. Er brachte teils gegenläufig wirkende Interessen zusammen und entwickelten ein integriertes Gesamtkonzept für die Entwicklung der Lebensbedingungen. Die Bandbreite der Mitwirkenden führte zu einer hohen Akzeptanz der Maßnahmen durch die Menschen, an die sie sich richteten. Ein Schwerpunkt war der gerechte Interessenausgleich insbesondere bei den alles belastenden Eigentumsfragen.