Sachsen und Thüringen beraten gemeinsame Projekte

13.09.2011, 13:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Dresden/Radebeul (13. September 2011) – Die Kabinette von Sachsen und Thüringen haben bei ihrer gemeinsamen Sitzung am Dienstag über Zukunftsprojekte der beiden Freistaaten gesprochen. Unter der Leitung von Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht und Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich wurde der Ausbau der erfolgreichen Kooperation zwischen beiden Freistaaten beschlossen. Die Sitzung in Radebeul auf Schloss Wackerbarth stand unter dem Blickwinkel der demografischen Entwicklung, die beide Länder gleichermaßen trifft.

Mit der engeren Zusammenarbeit will man die Herausforderungen sinkender Bevölkerungszahlen gemeinsam anpacken. Gerade landeseigene Infrastrukturen werden künftig weniger ausgelastet sein. Zusammenarbeit bedeutet daher mehr Effektivität und nicht zuletzt geteilte Kosten.

Einig waren sich beide Kabinette, auch zukünftig keine neuen Schulden mehr aufzunehmen. Gerade angesichts sinkender Transferzahlungen infolge des Auslaufens von Solidarpaktmitteln des Bundes, rückläufiger EU-Mittel und der demografischen Entwicklung ist dies alternativlos. Nur ohne Neuverschuldung können Stabilität und Innovationsfähigkeit von Thüringen und Sachsen gesichert und künftige Generationen vor weiteren Belastungen bewahrt werden. Beide Länder sind sich einig, dass die Aufnahme neuer Schulden die Probleme nur in die Zukunft verschieben würde.

„Wir wollen die Region Mitteldeutschland gemeinsam stärken, damit sie sich positiv entwickelt“, erklärte Ministerpräsident Tillich. „Wir bringen dort gemeinsame Projekte auf den Weg, wo es sich für beide Freistaaten lohnt. Die Kooperation bei der Ausbildung von Lehrkräften in sonderpädagogischen Fachrichtungen ist da ein sehr gutes Beispiel.“

Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht verwies außerdem auf die Europäische Union, die Treffen wie heute wichtig macht. „Alle Entwicklungen auf EU-Ebene müssen letztlich in den Regionen getragen und vermittelt werden. Viele Entscheidungen für die Region fallen in Brüssel, etwa in Fragen der Energieversorgung oder Infrastruktur“, erklärte sie.

„Die Regionen professionalisieren sich im Wettbewerb zueinander, aber auch in der Vertretung gemeinsamer Interessen. Um so wichtiger ist es, die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn in der Region Mitteldeutschland zu stärken, gemeinsame Interessen zu erkennen und im ständigen Austausch zu sein“, stellte die Ministerpräsidentin heraus.

Beide Regierungen waren sich bei der Sitzung einig, dass man den erfolgreichen Aufbau in Ostdeutschland fortsetzen und das hier bereits Erreichte sichern will. Mit Blick auf die neue EU-Förderperiode ab 2014 ist es ein zentrales Anliegen beider Länder, weiterhin umfassend von der Europäischen Union gefördert zu werden. Die beiden Staatsregierungen beschlossen daher, sich gemeinsam dafür einzusetzen, dass Regionen, die derzeit zwar noch die EU-Höchstförderung erhalten, deren Bruttoinlandsprodukt den dafür maßgeblichen Schwellenwert aber mittlerweile übersteigt, in der neuen Förderperiode eine Übergangsförderung erhalten. Lieberknecht und Tillich begrüßten, dass die Europäische Kommission eine solche Förderung in Aussicht gestellt hat. Sie waren sich zudem einig, dass auch die Förderbedingungen stimmen müssten und den Regionen ausreichenden Gestaltungsspielraum überlassen werden müsse.

Eine engere Zusammenarbeit wird es bei sonderpädagogisch ausgebildeten Lehrkräften geben. Sie werden in Zukunft eine gute Anstellungsperspektive in Sachsen und Thüringen haben. Bereits seit 1996 werden in Sachsen berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahmen in sonderpädagogischen Fachrichtungen im Rahmen einer wissenschaftlichen Ausbildung an der Universität Leipzig durchgeführt. Seit 2007 wurden Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Sachsen und Thüringen auf diesem Gebiet vereinbart. Ab Wintersemester 2008/2009 nutzen Lehrkräfte aus Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen gemeinsam das Weiterbildungsangebot an der Universität Leipzig. Diese länderübergreifende Zusammenarbeit soll nun vertieft werden. Ziel ist es, das Ausbildungsniveau von Lehrkräften in sonderpädagogischen Fachrichtungen perspektivisch in allen drei Bundesländern zu sichern.

Ein weiteres konkretes Projekt betrifft die neue Justizvollzugsanstalt von Sachsen und Thüringen. Sie soll insgesamt 940 Haftplätze bekommen, davon 900 Haftplätze im geschlossenen und 40 Haftplätze im offenen Vollzug. Sie wird sowohl Gefangene aus Südwestsachsen als auch aus Ostthüringen aufnehmen. Es wird angestrebt, die JVA im Jahr 2017 in Betrieb zu nehmen. Der genaue Standort wird noch bestimmt.

Konsens herrschte zudem darüber, dass wirtschaftliches Verwaltungshandeln auch im IT-Bereich wichtig ist. Aus diesem Grund ist eine Kooperation der Steuerrechenzentren von Thüringen und Sachsen beabsichtigt, um so Synergieeffekte zu erzielen. Angestrebt wird beispielsweise die Berechnung thüringischer Steuerbescheide im sächsischen Steuerrechenzentrum. Die technische Machbarkeit wurde bereits nachgewiesen, nun muss die Wirtschaftlichkeit umfassend untersucht werden.

Seit 2004 arbeiten Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt bei der Untersuchung von Lebensmitteln, Kosmetika und Bedarfsgegenständen zusammen. Seit 2009 gibt es eine Intensivierung auch im Bereich der veterinärmedizinischen Diagnostik. Diese Zusammenarbeit soll nun intensiviert werden. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Sachsen erarbeitet dazu Vorschläge. Auf der Kabinettssitzung wurde über einen Vorschlag diskutiert, dazu einen Staatsvertrag zu schließen. Sachsen steht diesem Vorschlag positiv gegenüber und wird die Bearbeitung in dieser Richtung vorantreiben.

Thüringen und Sachsen bilden ferner eine Arbeitsgruppe, in der sie sich über die Möglichkeiten und Modellprojekte für einen nachhaltigen Flächenverbrauch verständigen. Beide Regierungen wollen die seit Jahren in beiden Freistaaten weitgehend ungebremste Inanspruchnahme vor allem landwirtschaftlicher Flächen für Siedlung und Verkehr, aber auch für naturschutzfachliche Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen eindämmen. Schwerpunkte sind hier die Bereiche Brachflächenrevitalisierung, die Nutzung von Brachflächen für die Erzeugung erneuerbarer Energien und nicht mehr benötigte Flächen der Deutschen Bahn.

Die Landesregierungen Thüringens und Sachsens würdigten außerdem die Fortschritte bei der Vorbereitung des Reformationsjubiläums Luther 2017 und unterstrichen deren Bedeutung für beide Freistaaten. Als Kernregion der Reformation stehen die mitteldeutschen Bundesländer in besonderer Verantwortung bei der Vorbereitung des Reformationsjubiläums. Deshalb soll die bisherige Zusammenarbeit in den kommenden Jahren gemeinsam mit Sachsen-Anhalt und weiteren Ländern, beispielsweise Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz, verstärkt werden. Dazu zählen insbesondere der Ausbau und die Zusammenführung des Mitteldeutschen Lutherweges, in Verbindung mit dem Wirtschaft, Staat und Kirchen verbindenden Projekt „Kultur am Lutherweg“.


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